Grabungsarbeiten auf dem Gelände des künftigen neuen Landratsamts im Süden von Essenbach: Die Ausgräber fanden vor allem Spuren einer über 3000 Jahre alten Siedlung.
Essenbach - pm (04.09.2019) Wo künftig, am Südrand von Essenbach, das neue Landratsamt Landshut in die Höhe gezogen wird, lebten schon vor Tausenden von Jahren Menschen: Das Ausgrabungsteam um den Kreisarchäologen Dr. Thomas Richter hat dort Reste von Siedlungen und Gräber vor allem aus der Epoche der Urnenfelder-Kultur (etwa 1300 bis 800 vor Christus) entdeckt.
Am Sonntag, dem Tag des offenen Denkmals, ist die Grabungsstätte von 13.30 bis 16 Uhr geöffnet, jeweils um 13.45 und 14.45 Uhr werden kurze Führungen (15 bis 20 Minuten) über die Grabungsfläche angeboten.
Die fruchtbaren Fluren auf dem Gebiet des Markts Essenbach haben schon die Linienband-Keramiker angelockt, die ersten Bauern Mitteleuropas – vor fast 7500 Jahren. Auf den Lössböden erblühte all die Jahrtausende danach eine Kultur um die andere. Seit Jahrzehnten haben Archäologen großartige Funde in Essenbach gemacht – rund 300 Fundstellen sind auf dem Gebiet der Marktgemeinde bekannt.
3000 Jahre alte Siedlung
Aus allen Epochen der Vorgeschichte bis zu den Bajuwaren im frühen Mittelalter sind zum Teil herausragende Funde gemacht worden, von denen – als Repliken – viele im Archäologischen Museum im Heimathaus von Essenbach zu sehen sind. Darunter finden sich zwei Schüsseln mit den Namen der ältesten bekannten Gemeindebürger – „Attius und Clementtianus, festgehalten auf zwei KeramikSchalen aus einem rund 1800 Jahre alten römischen Landgut („villa rustica“).
Es ist daher kein Wunder, dass das jetzige Grabungsteam auf dem rund sechs Hektar großen Areal des neuen Landratsamts fündig geworden ist: Die Ausgräber sind auf Überreste einer rund 3000 Jahre alten Siedlung, auf Gräber, einen Brunnen und unter anderem auch auf eine Vasenkopfnadel aus Bronze gestoßen.
Solche Ziernadeln waren am Ende der Bronzezeit in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz in Mode, sie dienten zum Verschließen von Überhängen und Kleidern und gehörten gewissermaßen zur Feiertagstracht.
Aus der Zeit der Urnenfelder-Kultur ist im Baugebiet Blumenäcker im Sommer 2011 von dem Team einer Ausgrabungsfirma ein Fund von europaweiter Bedeutung gemacht worden: das Wagen-Grab eines Fürsten, reich ausgestattet mit Beigaben wie einem Goldring, einem wertvollen, bronzenen Vollgriffschwert und zahlreichen Keramikgefäßen mit Speis und Trank für den Weg ins Jenseits. Der Bestattete zählte zu den Mächtigen seiner Zeit. Hätte er in Griechenland gelebt, hätte er an der Tafel von legendären Königen wie Agamemnon oder Menelaos gesessen.
Handelsweg der Bronzezeit
Der Archäologe Dr. Robert Graf hat das 60 Zentimeter lange Bronze-Schwert vor zwei Jahren originalgetreu nachgegossen – und in einem Experiment im Essenbacher Museum nachgewiesen, dass es vor 3200 Jahre rituell gebogen und unbrauchbar gemacht worden war, bevor es seinem vormaligen Besitzer ins Grab gelegt wurde. Der Urnenfelderzeit-Fürst von Essenbach beherrschte wohl ein Teilstück einer der großen Kupfer-Handelsrouten quer durch Europa, eine Etappe zwischen den Alpenraum mit seinen reichen Kupferlagerstätten und Böhmen.
Dieser Handelsroute, die Richtung Norden über Geiselhöring und die Cham-Further Senke weiterführte, ist die aus Landshut stammende Archäologin Dr. Angelika Hofmann seit Jahren auf der Spur. Hofmann arbeitet und forscht inzwischen am Germanischen Nationalmuseum (Nürnberg). Die einzigartigen Funde aus dem Essenbacher Fürstengrab werden derzeit unter ihrer Ägide in Nürnberg restauriert und untersucht.