Berlin – pm (04.09.2018) Die Große Koalition hat angekündigt, eine Altersvorsorgepflicht für Selbständige einführen zu wollen. Mehrere Selbständigen-Verbände haben nun ein gemeinsames Forderungspapier zur Altersvorsorge für Selbständige veröffentlicht. Die Verbände sprechen sich für ein breites Spektrum an zusätzlichen Möglichkeiten zur Altersvorsorge, sogenannte „Opt-Outs“, aus und fordern eine flexible Lösung, um einkommensstärkere und einkommensschwächere Jahre ausgleichen zu können.
Bisher gestalten Selbständige ihre Altersvorsorge eigenverantwortlich. Während Angestellte in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind und für Beamte die Pensionsregelung gilt, sorgen Unternehmerinnen und Unternehmer privat vor. Das Spektrum der Anlageformen reicht dabei von Immobilien über Wertpapierfonds bis zu Versicherungen. Diese Vielfalt der Vorsorgemöglichkeiten möchten die Selbständigen-Verbände auch im Rahmen einer Altersvorsorgepflicht erhalten.
„Eine Altersvorsorgepflicht für Selbständige ist nur dann hinnehmbar, wenn die Wahlfreiheit der Selbständigen, wie sie für ihr Alter vorsorgen, möglichst groß bleibt. Es ist beispielsweise vollkommen üblich, dass Handwerker Immobilien kaufen, in Eigenleistung renovieren und anschließend vermieten, um damit im Alter abgesichert zu sein. Wenn das durch den Gesetzgeber nicht anerkannt würde, dann steht die Altersvorsorge von Millionen Selbständigen auf dem Spiel. Außerdem muss es eine Möglichkeit geben, einkommensschwache Jahre, beispielsweise durch Ereignisse wie die Finanzkrise 2008, in einkommensstärkeren Jahren ausgleichen zu können“, sagt Ingolf F. Brauner von der Vereinigung der Selbständigen und mittelständischen Unternehmen in Bayern e.V. „mib“, der die Arbeit der Selbständigen-Verbände koordiniert hat.
Mit dem Nachweis der ausreichenden Altersvorsorge könne auch das Dauerthema Scheinselbständigkeit gelöst werden, meint Frank Bösemüller vom BDS Deutschland e.V. „Wer für sein Alter selbst vorsorgt, kann nicht scheinselbständig sein. Das ursprüngliche Ziel des Gesetzgebers war, es durch Statusfeststellungsverfahren zu überprüfen, ob ein Selbständiger ausreichend sozial abgesichert ist. Mit dem Nachweis der Altersvorsorge und der Krankenversicherung ist dies erbracht“, so Bösemüller.
Um für die Altersvorsorge auch genug Geld übrig zu haben, plädieren die Selbständigen-Verbände für eine angemessene Vergütung und nehmen auch den Staat in die Pflicht. Hier würden die Selbständigen in Vergabeverfahren häufig in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen, um den Zuschlag zu erhalten, wodurch die Margen sehr gering seien. Bei den Heilmittelerbringern im Gesundheitswesen führten die zu geringen Vergütungssätze dazu, dass das Einkommen der selbständigen Praxisinhaber in diesem Bereich selbst bei bester Auslastung kaum ausreicht, um eine umfangreiche Altersvorsorge zu betreiben, so die Selbständigen-Verbände in ihrem Forderungspapier.
„Am Ende ist die Frage der Ausgestaltung der Altersvorsorgepflicht auch eine Frage, ob Existenzgründungen und Selbständigkeit in Deutschland weiter möglich bleiben. Eine ungeeignete Gesetzgebung würde zehntausende Arbeits- und Ausbildungsplätze kosten, weil Menschen den Schritt in die Selbständigkeit nicht mehr wagen würden. Deshalb setzen wir darauf ,im Dialog mit der Politik eine kluge Lösung zu finden“, sagt Ingolf Brauner, der Vertreter der bayerischen Mittelstands.