Niederbayern - pm (17.10.2018) Wird es eine Bilderbuchlandschaft sein oder eine Landschaft voller Lagerhallen, in der wir künftig leben werden? Das entscheidet sich auch mit einem Weiterbau der B15 neu, so sehen es jedenfalls die Mitglieder des Vereins zum Stopp der B15 neu. Nach monatelangen Anfragen bei bayrischen Ministerien und beim neuen Ministerpräsidenten hat der Verein nun endlich die Zusage für ein Gespräch erhalten. Nach der Landtagswahl, im November.
"Bayern ist das bevorzugte Urlaubsland vieler Deutscher und es ist Sehnsuchtsort von Menschen aus der ganzen Welt", sagt ein Vereinsmitglied. "Und ich vermute stark, dass die Besucher sich nicht die Gewerbegebiete ansehen wollen, sondern unsere schöne Natur und die von Generationen und in Jahrhunderten gepflegte Kulturlandschaft." Der Verein zum Stopp der B15 neu setzt sich seit 1974 ein für den Erhalt der bayerischen Heimat, der Landwirte und ihrer Höfe, er kämpft gegen den Bau der "gelben Autobahn", wie man die geplante vierspurige Bundesstraße dort auch nennt.
Fragt man die Landesregierung, dann herrschen in Bayern paradiesische Zustände: Bayern ist wirtschaftlich stark, es beherbergt einige von Deutschlands erfolgreichsten Automobilfirmen und wird seit 1958 fast ständig mit absoluter CSU-Mehrheit regiert.
Die andere Wirklichkeit
Aber es gibt auch eine andere Wirklichkeit: Von allen Bundesländern ist der Flächenfraß in Bayern am größten. Jeden Tag verschwinden hier knapp 10 Hektar Ackerland, das entspricht der Größe des halben Chiemsees. Und wofür? Die Gewerbeflächen, welche bayerische Gemeinden ausgewiesen haben, übersteigen den Bedarf der Investoren und Firmen bei weitem. Eine BR-Recherche aus den Daten der bayerischen Industrie- und Handelskammern (IHK) ergab: Die derzeit vorhandenen Flächen reichen für weitere zehn Jahre. Die Unternehmer in Stadt und Land zeigen sich mit ihrer wirtschaftlichen Situation oft zufrieden, so eine IHK-Standortumfrage aus dem Landkreis Rosenheim, allerdings bewerten sie den Zugang zum Schienen- und Güterverkehr als negativ. Und noch ein Trend: Der Anteil der Pkw-Besitzer unter den 18- bis 25-Jährigen ist zwischen 2011 und 2016 von knapp 56 auf rund 40 Prozent gesunken, so belegen es Daten des Statistischen Bundesamtes.
Unbeeindruckt vom Bürgerprotest
Wenn Zehntausende Bürgerinnen und Bürger aus dem ganzen Land sich zu einer Kundgebung nach München aufmachen, um für eine lebenswerte Zukunft zu demonstrieren, dann kommentiert man das aus der Staatskanzlei so: "Bayern hat aber 13 Millionen Einwohner." -- Wenn 6000 Berufstätige und Rentner, Alte und Junge aus drei Landkreisen mit einer Postkarte ans Bayerische Verkehrsministerium gegen die Zerstörung ihrer Umwelt durch die B15 neu Stellung beziehen, dann ist das für ein oberbayerisches Regierungsmitglied "ja nur eine Art Serienbrief".
Unbeeindruckt setzt die Regierung weiter auf Lösungen aus den 1970er Jahren und forciert den Fernstraßenneubau, anstatt für schnelles Internet für Unternehmen und Bürger auf dem Land zu sorgen. Sie lockert das Anbindegebot, so dass Gewerbegebiete nicht mehr ausschließlich in direkter Siedlungsnähe errichtet werden müssen, sondern beispielsweise auch bei Autobahnabfahrten. Sie toleriert, dass die heimische Automobilindustrie für Deutschland nicht auf neue Antriebe setzt und kluge Verkehrskonzepte entwickelt. Anders im Silicon Valley und in China: dort werden in der Zwischenzeit die Weichen für eine nachhaltige Zukunft gestellt. Ob die bisherige Politik zum Wohle des Volkes ist, das scheinen immer mehr Bürger zu bezweifeln. Gisela Floegel, Vorsitzende vom Verein zum Stopp der B15 neu, mahnt: "Wie die Auseinandersetzung um die Abholzung des Hambacher Waldes zeigt: Wenn die Politik versagt, müssen die Gerichte sprechen. Diesen Weg werden wir uns ebenfalls offenhalten.