v. l.: MdL Toni Schuberl, MdL Rosi Steinberger und MdB Erhard Grundl
Niederbayern - pm (20.12.2022) "Wir wollen Klarheit über die rechtsextremen Strukturen in Niederbayern," sind sich die grünen Abgeordneten aus Niederbayern Rosi Steinberger, Toni Schuberl aus dem Landtag und Marlene Schönberger und Erhard Grundl aus dem Bundestag einig. Aktueller Anlass sind die Vorgänge im Reichsbürger-Milieu. Im Rahmen der bundesweiten Anti-Terror-Razzien im Zusammenhang mit rechtsradikalen Umsturzplänen kam es zu zahlreichen Verhaftungen im gesamten Bundesgebiet.
Wie bekannt wurde, führt eine entscheidende Spur nach Niederbayern, zum ehemaligen KSK-Offizier Maximilian Eder. Dessen Haus in Eppenschlag im Landkreis Freyung-Grafenau wurde durchsucht und Eder zeitgleich in Italien festgenommen.
Maximilian Eder soll laut neuesten Erkenntnissen die Führungsperson des militärischen Arms des aufgedeckten Netzwerks aus Reichsbürgern, Rechtsextremisten und Verschwörungsideologen gewesen sein.
Angesichts dieser besorgniserregenden Lage berieten die Mandatsträger*innen der niederbayerischen Grünen über notwenige Schritte auf verschiedenen politischen Ebenen. Marlene Schönberger und Erhard Grundl berichteten über aktuelle Gesetzesvorhaben auf Bundesebene. Aktuell seien mehrere Gesetzesvorhaben in der Diskussion, so etwa eine Verschärfung des Disziplinarrechts, Änderungen beim Waffenrecht sowie ein strengeres Sicherheitskonzept für den Bundestag.
"In Bezug auf den Polizeieinsatz gegen Maximilian Eder gibt es noch einige Unklarheiten", so die Landtagsabgeordneten Toni Schuberl aus Freyung-Grafenau und Rosi Steinberger aus Landshut. "Offenbar wurde einige Tage vor der Razzia durch die Landespolizei eine sog. Gefährderansprache durchgeführt. Die Polizist*innen trafen Eder zwar nicht in seinem Haus in Eppenschlag an, dieser wurde allerdings über den Einsatz informiert und konnte daher zumindest davon ausgehen, ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten zu sein. Eine schlechte Ausgangslage für eine Razzia. Deshalb haben wir Grüne eine schriftliche Anfrage an die Bayerische Staatsregierung gestellt, wie es zu dieser Panne kommen konnte." Es wird hierzu auch noch weitere Anfragen der Grünen zum Umfeld dieser Gruppe und seiner Vernetzung im Milieu von Rechten und Rechtsextremen geben.
"Vor allem müssen wir in Zukunft noch stärker auf den Schutz der Betroffenen solcher Umsturzpläne achten", forderte die Bezirksrätin Mia Goller. "Vor Ort sind oft Kommunalpolitiker*innen, Journalist*innen oder Ärzt*innen die ersten, dies aus dem Milieu der Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker bedroht werden." Langfrisitg helfe nur Prävention: "Wir müssen die Debattenkultur stärken, denn sie ist der Grundstein für eine funktionierende Demokratie. Durch mehr Politische Bildung können wir Menschen immun machen gegen Verschwörungserzählungen und menschenfeindliche Ideologien".
Dazu konnten Schönberger und Grundl gute Nachrichten aus Berlin verkünden: In dieser Woche hat das Kabinett das Demokratiefördergesetz auf den Weg gebracht. "Damit unterstützen wir Organisationen, die sich aktiv für die Stärkung unserer Demokratie einsetzen", so Schönberger.
Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Toni Schuberl, Rosi Steinberger, Cemal Bozoglu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Razzia in der Reichsbürgerbewegung - Gefährderansprache bei Oberst a.D.
Mehrere Tage vor der Razzia in der Reichsbürgerbewegung wurde bei einem Betroffenen, einem ehemaligen Oberst der Bundeswehr, im Bayerischen Wald im Landkreis Freyung-Grafenau eine Gefährderansprache durch die Landespolizei durchgeführt. Die betroffene Person ging danach davon aus, dass es zu einer Durchsuchung in seiner Wohnung kommen könnte und informierte darüber seine Nachbarin.
Wir fragen die Staatsregierung:
1.1 Wie erfolgte die Abstimmung zwischen Bundes- und bayerischer Landesebene bezüglich der Ermittlungen und Maßnahmen gegen die Reichsbürgerbewegung aufgrund Terrorverdachts (bitte konkret aufführen, welche Stelle des Bundes zu welchem Zeitpunkt welche Stelle des Freistaats über welche Maßnahmen informiert hat)?
1.2 Wie erfolgte die Abstimmung innerhalb der bayerischen staatlichen Stellen diesbezüglich (bitte konkret aufführen, welche staatlichen Stellen zu welchem Zeitpunkt welche anderen staatlichen Stellen über welche Maßnahmen informiert haben)?
2.1 Welche Stelle hat zu welchem Zeitpunkt beschlossen, eine Gefährderansprache beim im Landkreis Freyung-Grafenau wohnhaften ehemaligen Bundeswehroffizier zu halten?
2.2 Was war der konkrete Anlass dieser Gefährderansprache?
2.3 Was wurde mit dieser Gefährderansprache bezweckt?
3.1 Welche Stelle führte die Gefährderansprache zu welchem Zeitpunkt durch?
3.2 Was war der Inhalt der Ansprache?
3.3 Wie wurde die Bundesebene von dieser Gefährderansprache informiert?
4.1 Ist es üblich, kurz vor einer Razzia eine Gefährderansprache durchzuführen (bitte begründen)?
4.2 Wurden in Bayern im Jahr 2022 noch weitere Gefährderansprachen bei Personen der Reichsbürgerbewegung durchgeführt (bitte jeweils konkret anonymisiert aufschlüsseln und angeben, ob die Person auch von dieser Razzia betroffen war)?
4.3 Kann die Staatsregierung ausschließen, dass die von der Gefährderansprache betroffene Person andere Mitglieder der Reichsbürgerbewegung vor einer Durchsuchung gewarnt hat?
5. Inwieweit war der Staatsminister für Inneres, Sport und Integration in die Maßnahmen des Bundes gegen die Reichsbürgerbewegung und in die Gefährderansprache(n) des Freistaates eingebunden?