Chefarzt Dr. Ingo Bauerfeind sprach über Neues und Wichtiges in der Behandlung von Brustkrebs. Foto: Klinikum Landshut
Landshut – pm (14.10.2019) Die Chancen Brustkrebs zu heilen, nehmen rasant zu. Welche neuen Erkenntnisse gibt es? Wie komme ich mit den Nebenwirkungen von Chemotherapie und Co. zurecht? Und was kann ein Tätowierer für Erkrankte tun? Diese und viele weitere Fragen wurden am Donnerstag beim zwölften Brustkrebs-Patientinnentag im Klinikum Landshut beantwortet.
„Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs“: Das hat Dr. Ingo Bauerfeind, Chefarzt der Frauenklinik und Leiter des Brustkrebszentrums am Klinikum, am Donnerstagabend betont. „Es gibt mehrere unterschiedliche Typen“, so Bauerfeind beim Brustkrebs-Patientinnentag. Noch sind nicht alle Arten und ihre Entstehung restlos entschlüsselt. Und doch können er und sein Team den betroffenen Frauen (und Männern) immer vielseitigere und zielgerichtetere Therapien anbieten. „Die Entscheidung, welche Behandlung für welche Frau die beste ist, wird für uns Ärzte aber auch immer schwieriger.“ Er stellte in seinem Vortrag aktuelle Studien und neue Erkenntnisse vor. „Bei allen Erfolgen in der Behandlung von Brustkrebs: Früherkennung ist noch immer das Beste. Nehmen Sie diese Möglichkeiten wahr“, so sein Appell zum Schluss.
„Nehmen Sie die Nebenwirkungen Ihrer Therapie nicht stillschweigend hin“, war am Donnerstag die Bitte von Sibyll Michaelsen, Fachschwester für Onkologie und Breast Care Nurse am Klinikum. Denn auch vermeintlich banale Beschwerden wie leichtes Fieber oder blaue Flecken können ernste Reaktionen des Körpers sein. Sie hatte auch viele praktische Tipps für die Frauen dabei: „Benutzen Sie keine elektrische Zahnbürste, sondern eine weiche, normale Bürste. Die Schleimhäute sind sehr empfindlich.“ Zitrone und Ginger Ale würden sich im Geschmack oft nicht verändern, anders als viele Lebensmittel. Zusätzliche Vitaminpillen empfehlen sie und auch die Ärzte nicht, da hier die Gefahr von Wechselwirkungen mit Medikamenten besteht. Tägliche Bewegung sei gut für Vitalität, Muskelkraft und um auf andere Gedanken zu kommen. „Und wenn es nur zehn Minuten pro Tag ums Haus sind.“
Einen sehr persönlichen Bericht gab am Donnerstag Claudia Tillmann, Patientin im Klinikum. Die Diagnose Brustkrebs habe ihr damals den Boden unter den Füßen weggerissen. Doch schnell sei sie zur „Aktivistin“ gegen den Krebs geworden. „Der Krebs kann versuchen mich aufzufuttern, aber meinen Stolz kriegt er nicht. Attacke nach vorne“, erzählte Tillmann. Sie habe mit Perücken, falschen Wimpern und vielen verschiedenen Tüchern gearbeitet. „Ich wollte nicht, dass man mir die Krankheit ansieht. Und ich wollte nicht zuhause sitzen und über meine Krankheit grübeln.“ Sie appellierte an die Frauen, sich nicht zu verkriechen und weiter am Leben teilzunehmen. Ein weiterer Tipp: „Legen Sie sich einen Ordner an für alle Diagnosen, Arztberichte usw. Die Administration ist nicht zu unterschätzen und Sie können dem Stress während der Chemotherapie vorbeugen.“
Renate Haidinger, 1. Vorsitzende von Brustkrebs Deutschland e.V., stellte in ihrem Vortrag viele Fragen an die Anwesenden. Sie war vor rund 20 Jahren selbst an Brustkrebs erkrankt und berät Betroffene seit 18 Jahren. Am Klinikum bietet sie jeden dritten Mittwoch im Monat die Sprechstunde „Betroffene beraten Betroffene“ mit anschließender Selbsthilfegruppe an. Beim Brustkrebspatientinnentag widmete sich Haidinger dem Thema
„Sexualität nach Brustkrebs“. „Partnerschaft, Nähe, Zärtlichkeit und Sexualität sind oft neu zu definieren“, sagte Haidinger. Jede Frau nehme ihre Erkrankung, die Behandlung und auch ihren Körper danach anders wahr. In der Partnerschaft liege der Schlüssel in einer offenen Kommunikation: „Gerade in dieser Zeit beginnt oft eine gewisse Sprachlosigkeit in einer Partnerschaft. Wenn möglich ist es sehr hilfreich, bereits in dieser Zeit über Bedürfnisse, Wünsche und auch vielleicht Grenzen zu sprechen.“ Für die Zeit nach der Therapie empfahl Sie: „Finden Sie erst allein und dann langsam gemeinsam wieder Vertrauen zu Ihrem Körper.“
„Lymphödeme kann man sehr gut behandeln, wenn man rechtzeitig reagiert“, war das Fazit des Vortrags von Christina Jakob-Ertel, Physiotherapeutin mit Lymphologischer Schwerpunktpraxis / Praxis für Psychotherapie in Wolfratshausen. Wenn eine Schwellung beispielsweise an den Armen oder Beinen auftritt, sollte die Entstauung sofort eingeleitet werden. Das bedeutet täglich: manuelle Lymphdrainage, Hauptpflege, Kompression mit Bandagen und Bewegung. Bei der Lymphdrainage werde die angestaute Flüssigkeit nicht nur in „freie Gebiete“ verschoben. Auch gesunde Gebiete werden schon vorbehandelt. Vermeiden könne man Ödeme u.a., indem man Abschnürungen, Verletzungen und Verletzungen vermeidet und nicht an Gewicht zunimmt.
Über den Kompressionsverband bei Lymphödem sprach im Anschluss Rosemarie Reindl-Erhard vom Sanitätshaus Zimmermann in Landshut. Durch die Kompression erhöht sich der Druck im Gewebe – Flüssigkeit und Eiweiß können abfließen und das Lymphödem bildet sich zurück. Bei einem Kompressionsverband am Arm ist der Druck am Handgelenk immer am größten, nach oben hin nimmt er ab. Dafür stehen unterschiedliche Bein- oder Armstrümpfe zur Verfügung, mit großen oder kleinen Maschen oder größerem oder niedrigeren Druck.
Was kann ein Tätowierer für Brustkrebs-Erkrankte tun? Diese Frage beantwortet zum Schluss des Patientinnentages Andy Engel aus Marktsteft. Er ist seit 25 Jahren als Tätowierer und seit über zehn Jahren in der medizinischen Brustwarzenrekonstruktionen tätig. Mussten eine oder beide Brustwarzen operativ entfernt werden, können diese dreidimensional und möglichst lebensecht auf die Brust tätowiert werden. „Es handelt sich hier um eine rein optische Täuschung“, so Engel. Größe, Form und Farbe orientieren sich entweder an der noch vorhandenen Brustwarze oder können aus einer Datenbank ausgesucht werden. Engel arbeitet eng mit Kliniken, Ärzten und Krankenkassen zusammen, meist wird die Tätowierung auch von den Kassen übernommen.