Die "Festung Europa", symbolisiert am Stadtportal der Rochuskapelle.
Landshut -pm (26.08.2020) Seit Anfang des Jahres arbeitet der Künstler Peter Weismann in der Landshuter Rochuskapelle an der Installation "Festung Europa", einem Teilstück des Gesamtprojekts "Mare Nostrum". Als Anklage und zur Erinnerung an alle auf ihrer Flucht nach Europa Umgekommene graviert der Künstler für jeden dieser toten Menschen einen Kieselstein aus der Isar mit deren Namen oder einem NN (no name) für die, von denen nicht einmal der Name bekannt ist.
Aus diesen Steinen entstand in der Rochuskapelle eine Mauer. Diese Installation hat jetzt im August den geschützten Raum der Kapelle verlassen, und wird im öffentlichen Raum Landshuts sichtbar. "Festung Europa" ist Teil des Kunstwochenendes in Landshut vom 4. bis 6. September 2020.
Die Installation "Festung Europa" ist den Menschen gewidmet, die auf ihrer Flucht vor Krieg, Hunger und Verfolgung nach Europa umkamen. Mehr als 35.000 Frauen, Kinder und Männer sind dokumentiert – und täglich werden es mehr.
Eine Mauer aus den gravierten Steinen verbarrikadiert das Stadtportal der Rochus-Kapelle. Die Steine machen die abstrakte, unfassbare Zahl der Toten sinnlich begreifbar und symbolisieren die Abschottung und den hohen Preis der "Festung Europa". Ergänzt wird die Installation durch weitere Skulpturen, die die Besucher zur Isar führen – eine Treibholzfigur lehnt an einer Mauer, ein weißer, schief stehender Stuhl, ein weißes Paar Schuhe, eine weißer Koffer, ein weißer Mantel stehen als Ensemble unter einer Straßenlaterne im Hof – lesbar vielleicht als Metapher für Menschen auf der Flucht, denen der Stuhl vor die Haustür Europas gestellt wurde, oder vielleicht als Hommage an die Obdachlosen, die sich auf dem Platz häufig aufhalten? Vor der Kapelle ein weißes Buchregal mit dem Titel: „Bibliothek der gestorbenen Träume“, am Orbankai ein weißes Floß, das halb in der Erde versinkt. Zeichen, Metaphern, die Fragen stellen und Assoziationen wecken, die dem Betrachter überlassen sind.
Die Installation in Landshut ist nach München die zweite Station des Gesamtprojekts "Mare Nostrum". Mit den Steinen aller Installationen, die im Laufe der Zeit in den Städten und Gemeinden entlang der Isar entstehen werden, will der Künstler dann von der Quelle bis zur Mündung der Isar einen Traumpfad des Verbundenseins markieren.
Weismann will mit seinen Installationen zu "Mare Nostrum" Menschen berühren und im positiven Sinne verstören. Sein großräumig und langfristig angelegtes Projekt wird u. a. von Kardinal Reinhard Marx, von Heinrich Bedford-Strohm, dem Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, und dem Erzpriester der Griechisch-Orthodoxen Kirche, Apostolos Malamoussis, ideell unterstützt.
Peter Weismann wird ab dem 29. August wieder vor der Rochus-Kapelle Steine gravieren und freut sich über Interesse, Kontakt und den Dialog mit Besucher*innen.