Die Landshuter Sportwelt hat plötzlich ein brisantes Thema. Die 151 Jahre alte Turngemeinde Landshut, Niederbayerns größter Sportverein, vergibt jedes Jahr den Karl-Herzer-Gedächtnispreis. Doch jetzt wird eben dieser Herzer, ehemals langjähriger Vereinsvorsitzender als Mitglied der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) geoutet. Schon am 1. Dezember 1931 sei Herzer in die Nazi-Partei eingetreten. Später sei er zusammen mit sechs Blutordensträgern Landshuter NSDAP-Stadtrat geworden. Die entsprechenden Dokumente liegen im Staatsarchiv der Burg Trausnitz. Karl Herzer ist 1983 gestorben. Noch unter OB Josef Deimer ist im Stadtrat ein Versuch gescheitert, im Stadtteil Auloh eine Straße nach Karl Herzer zu benennen.
Dazu schrieb am Mittwoch (25.01.) die TGL-Vorsitzende in der Homepage des Vereins:
Die 1. Vorsitzende der Turngemeinde Landshut, Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, teilt mit, dass sich der in Gründung befindliche Verein "Initiative Stolpersteine Landshut - Gegen das Vergessen", namentlich die Herren Konrad Haberberger, Franz Gervasoni, Dieter Schenk und Konrad Beischl, an den Vorstand der Turngemeinde Landshut gewandt hat (bereits am 16.12.2011 - Anm. der Red.). Hintergrund ist, dass die TGL seit den 1960er Jahren in Anbetracht der außerordentlichen Verdienste um den Turnsport in Landshut den Karl-Herzer-Gedächtnispreis vergibt. Die Initiatoren sagen, dass Karl Herzer als damaliges Mitglied der NSDAP kein Vorbild sei.
Der Turngemeinde ist bekannt, dass Karl Herzer nach dem Zweiten Weltkrieg von der Spruchkammer Landshut als "Mitläufer" eingestuft wurde, er wurde nicht eingesperrt und hatte ein Bußgeld zu entrichten.
In enger Abstimmung mit dem Enkelkind von Karl Herzer, Stefan Herzer, und seiner Familie hat der Vorstand der Turngemeinde, deren 1. Vorsitzende eine rund 500 Seiten umfassende Arbeit über die Anfänge der NSDAP in Niederbayern und Landshut verfasst und die als u.a. Historikerin großes Interesse an einer sach- und personengerechten Aufklärung ohne Ideologie hat, Kontakt mit dem renommierten Münchner Institut für Zeitgeschichte aufgenommen. Über die Ergebnisse wird die TGL gemeinsam mit der Familie Stefan Herzer umgehend berichten und in der Mitgliederversammlung des Vereins das weitere Vorgehen beschließen.