Eine von vier Kameras (rot eingekreist), die alles aufzeichnete direkt über den Köpfen der Diskussionsteilnehmer auf der Bühne. Von links Sebastian Geiger (Landshuter Zeitung), Moderator Richard Wilder, die Grüne Stadträtin Sigi Hagl, und der Stadtrat der Jungen Liste, Thomas Haslinger.
Das Thema bei der gestrigen Podiumsdiskussion „Sicherheit versus Freiheit?", zu der die Initiative „Awesome Collective" (zu Deutsch soviel wie „Ehrfurcht gebietende Gruppe") in's Kleine Theater einlud, bot Interessantes. Die Fronten zwischen den Diskutanten, der Grünen Stadträtin Sigi Hagl, und dem Stadtrat der Jungen Liste, Thomas Haslinger, waren schnell erkennbar, während der Dritte in der Runde, Sebastian Geiger, Redakteur der Landshuter Zeitung für digitale Welten und Lokales, sich geradlinig, unpolemisch und faktisch gab. Fast blamiert hatte sich zum Ende der Veranstaltung Moderator Richard Wilder. Oder waren letztendlich alle nur Statisten für ein völlig anderes Drehbuch?
Vom Awesome Collective war bisher in Landshut nicht all zuviel zu hören. Google gibt preis, dass das Kollektiv aus „Toxic Culture" hervor ging, das 2006 versuchte, ein/e leerstehende/s Gasthaus/Pension in der Seligenthalerstraße in ein selbstverwaltetes Wohn- und Kulturzentrum zu verwandeln, aber daran finanziell scheiterte.
Nun zur eigentlichen Diskussion: Haslinger, der klar stellte, nicht als CSUler zu sprechen, sondern als Bürger, gestand dann doch irgendwann ein, durch und durch ein CSUler zu sein. Meist begann er seine Antworten gegenüber Sigi Hagl mit: „Ich gebe ihnen völlig Recht, aber....", während Sigi Hagl Haslingers Worte meist mit Kopfschütteln und einem milden Lächeln quittierte. Moderator Richard Wilder beschränkte sich darauf, die Veranstaltung nicht wirklich zu leiten, sondern den Teilnehmern das Mikrofon weiter zu reichen.
„Freiheit, Sicherheit, Überwachung" hießen die Schlagworte. Haslinger findet zum Beispiel die Drohnendebatte für scheinheilig, weil es doch letztendlich egal sei, ob ein Kampfpilot tötet oder eine Drohne und eine Drohne als technisches Hilfsmittel Soldaten schützen kann. Sigi Hagl nannte es eine Straftat, wenn durch die NSA E-Mails gelesen werden, weil dies das Briefgeheimnis verletzt und meinte, wir müssen mal sammeln, was es an Überwachung schon gibt. Hier gab ihr Haslinger durchaus mal wieder völlig Recht: „Das geht in eine Richtung, die mir nicht gefällt, aber... eine Demokratie muss das selbst regeln."
LZ-Redakteur Sebastian Geiger wirkte kompetent und in seinen Aussagen neutral, Moderator Richard Wilder ließ die Diskussion laufen, wie sie lief, während bei Sigi Hagl und Thomas Haslinger kontroverse Debatten vorprogrammiert waren.
Dann ging es noch um das Vermummungsverbot, das Haslinger einfordert und malte das Bild von Berufsdemonstranten an die geistige Wand. Gleichzeitig verteidigte er die Videoüberwachung bei Demonstrationen durch die Polizei, damit diese den Nachweis führen kann, wer zuerst zugeschlagen hat. Lächelnd und kopfschüttelnd antwortete Sigi Hagl, dass eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten bei Demonstrationseinsätzen notwendig ist, um Prügelpolizisten zu entlarven.
Kurz zusammen gefasst: Grüne und Konservative Gedankenansätze prallten aneinander.
Wie üblich bei solchen Veranstaltungen, durfte sich zum Ende hin auch das Publikum zu Wort melden und plötzlich wurde es interessant!
Auf die Frage der Landshuter Rundschau an den Moderator Richard Wilder, weshalb bei einer Diskussion zum Thema „Überwachung" insgesamt vier Kameras permanent das Geschehen im Raum audiovisuell aufzeichnen, ob die Anwesenden darüber informiert wurden, ob deren Einverständnis vorliegt und was mit dem Filmmaterial geschieht, gab dieser wohl die größtmöglichst dümmste Antwort: „Das sind doch alles nur Placebos, bis auf die Kamera vorne links".
Nachgefragt: „Was ist mit der Kamera vorne rechts? Die läuft doch die ganze Zeit!", Antwort vom Kameramann höchstpersönlich „Ich bin doch nur Plastik", was eine weitere Nachfrage aus dem Auditorium nach sich zog: „Wie bitte?" Antwort: „Ja, ich bin nur Plastik."
Die freiwillig zugegebene "Nicht-Placebo-Kamera" links von der Bühne. Ein weiterer Kameramann filmte recht von der Bühne, eine dritte Kamera stand ganz hinten im Raum und die vierte filmte (Bild ganz oben) über den Köpfen der Teilnehmer das Geschehen.
Nachgefragt: „Was geschieht mit diesem Filmmaterial?" Antwort: „Wir machen da einen Video-Clip daraus."
Nachgefragt: „Wo wird dieser Clip veröffentlicht?" Ausweichende Antwort: „Im Internet."
Nachgefragt: „Wo im Internet?" Antwort: „Auf unserer Internetplattform, Awesome Collective mit com hintendran."
Nachgegoogelt: Hinter Awesome Collective, speziell Richard Wilder, verbirgt sich eine wohl sehr engagierte, junge Landshuter Crew, die mit wirklich gut gemachten, eher schon professionell gedrehten Filmen auf sich aufmerksam macht. Derzeit arbeiten die Filmemacher rund um Produzent Richard Wilder an dem Streifen „Lebenswert – Ein Kurzfilmprojekt" der den Zuschauer in das erschreckende Zukunftsbild einer von Überwachung und Kontrolle geprägten Gesellschaft versetzen will.
Mal sehen, vielleicht sehen sich die Diskutanten und Zuhörer schon bald auf der großen Leinwand wieder. Der Film soll im Herbst noch Premiere haben, oder Richard Wilder arbeitet schon an einem neuem Projekt, zu dem er Material sammelt. Wir warten gespannt auf die Premiere.
Mehr dazu auf www.lebenswert-film.laspire.de
Einen Vorab-Trailer gibt es auf youtube zu sehen: www.youtube.com/watch?v=EMt3RosFM14