Welche Folgen hat die industrielle Landwirtschaft für Landwirte und Verbraucher? Zu dieser Thematik sprachen kürzlich auf Einladung der Grünen in Hohenthann (3.850 Einwohner - ca. 60.000 Mastschweine - Anm. d. Red.) Adi Sprinkart, Biobauer und agrarpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion in Bayern und Dr. Rupert Ebner, Tierarzt und ehemals Vizepräsident der bayerischen Tierärztekammer. „Für holländische und dänische Tiermäster ist Deutschland ein gelobtes Land. Denn hier gelten geringere Standards bei Umweltschutz, Tierschutz und Lohnniveau", sagte Sprinkart.
Die Deutschen erregen bei den europäischen Nachbarn Ärgernis, da sie durch Lohndumping in den Schlachthöfen und geringe Umwelt- und Tierschutzauflagen die Märkte in den Nachbarländern kaputt machen.
Sogar Gülle aus Holland und Belgien
Als Folge werden Tiere aus Holland und Belgien in Deutschland geschlachtet und Gülle aus diesen Ländern wird in Deutschland ausgebracht, weil es hier keine so strengen Auflagen gibt. Holländische Betreiber bauen in Ostdeutschland riesige Mastbetriebe auf. So sind in Sachsen-Anhalt und Thüringen bereits über 50 Prozent der Tiermastanlagen in holländischem Besitz. Deutschland ist inzwischen zum drittgrößten Schweinefleischproduzenten der Welt aufgestiegen. Der Schweinefleischexport aus Deutschland hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als verdreifacht - auf rund 1,6 Millionen Tonnen.
In den großen Schlachthöfen Niedersachsens arbeiten Menschen aus Osteuropa unter menschenunwürdigen Bedingungen im Akkord. Da für diese Arbeiter kein Mindestlohn greift, können die deutschen Schlachtbetriebe so günstige Preise anbieten, dass es zu großen Tiertransporten aus Holland, Belgien und Dänemark kommt.
In Ostdeutschland schon Mastställe für 30.000 Schweine
Für die heimischen Bauern wirkt sich die industrielle Landwirtschaft negativ aus, denn so werden die Preise ruiniert und nur wenige Großbetriebe überleben. „Derzeit werden in Bayern Ställe für 3.000 Schweine gebaut, in Ostdeutschland sind es gleichzeitig schon 30.000. „Diese Konkurrenz um das billigste Fleisch können unsere Bauern nicht lange aushalten", davon ist Rosi Steinberger, Vorsitzende der Grünen in Niederbayern überzeugt.
Das billige Fleisch hat einen hohen Preis. Häufig ist Fleisch aus industrieller Haltung mit Antibiotika belastet. „Antibiotika sind das Schmiermittel in der Tiermast", berichtete der Tierarzt Rupert Ebner. Hohe Bestandsgrößen, ungeeignete Haltungsbedingungen und hygienische Mängel führen zum systematischen Verabreichen von Antibiotika. Untersuchungen hätten ergeben, dass 100 Prozent der Kälber, über 90 Prozent der Hähnchen und über 60 Prozent der Schweine mit Antibiotika behandelt werden.
Der großflächige Einsatz von Antibiotika führt zur verstärkten Resistenzbildung bei Bakterien. Die so genannten multiresistenten Keime (MRSA) führen zu etwa 6.000 Todesfällen im Jahr, mit einer hohen Dunkelziffer. „Die Hauptursache für die Vermehrung der MRSA ist derzeit noch die Humanmedizin, aber die Tiermedizin holt gewaltig auf", so Ebner, der die MRSA als „Fukushima der Landwirtschaft bezeichnete.
Alarmstufre 1 für unser Grundwasser
Auch die Auswirkungen auf das Grundwasser sind immens. Konrad Haberberger, agrarpolitischer Sprecher der Grünen, hatte zu Beginn auf die Nitratbelastung im nördlichen Landkreis Landshut hingewiesen. Zu diesem Thema steuerte Sprinkart ein Zitat eines Wissenschaftlers aus Weihenstephan bei: „Die Düngemittelverordnung ermöglicht eine Menge an Wirtschaftsdünger, die mit der guten fachlichen Praxis nicht mehr übereinstimmt." Dieser Ansicht waren auch viele Zuhörer aus Hohenthann, die endlich ein Eingreifen der Politik forderten, damit die zunehmende Verschmutzung des Grundwassers endlich Konsequenzen hat.
Die industrielle Landwirtschaft ist auch ein Thema bei der Bezirksklausur der Grünen in Niederbayern an diesem Wochenende in Bayerisch Eisenstein.