Cem Özdemir, der gebürtige Schwabe in Bayern auf der Landshuter Bühne beim Frühschoppen des Starbierfestes. - Fotos: Thomas Beißner
Landshut – gw (12.04.2019) Die politisch zweitstärkste Kraft in Bayern, die Grünen, luden am vergangenen Sonntag zum Politischen Frühschoppen im Starkbierzeit der Familie Widmann im Industriegebiet ein. Dazu benötigt es wortstarke Redner auf der Bühne: Die grüne Oberbürgermeisterkandidatin Sigi Hagl und den Bundespolitiker Cem Özdemir. Während der beiden Reden füllte sich das Zelt immer mehr von rund 350 auf über 750 Besucher.
Landshut – gw (12.04.2019) Die politisch zweitstärkste Kraft in Bayern, die Grünen, luden am vergangenen Sonntag zum Politischen Frühschoppen im Starkbierzeit der Familie Widmann im Industriegebiet ein. Dazu benötigt es wortstarke Redner auf der Bühne: Die grüne Oberbürgermeisterkandidatin Sigi Hagl und den Bundespolitiker Cem Özdemir. Während der beiden Reden füllte sich das Zelt immer mehr von rund 350 auf über 750 Besucher.
Bayerische Pose mit Maßkrug und Sigi Hagl im Dirndl.
Aus ihrem Dirndl heraus beäugte Sigi Hagl die Herren im Anzug, die im Rathaus das Sagen haben, Ganz gleich, ob als Oberbürgermeister oder in der Verwaltung und bekräftigte ihre Ansicht, dass es endlich Zeit für eine Frau wird. Denn als Oberbürgermeisterin will sie der schnell wachsenden Stadt ein vielfältiges Programm mit ökologischen und sozialen Ideen verpassen, bei dem Klimaschutz an erster Stelle steht.
Allen die sagen, dass Klimaschutz unseren Wohlstand gefährdet, antwortet Hagl: „Ohne Klimaschutz ist unser Wohlstand in Gefahr“. Für sie beginnt Klimaschutz vor der Haustür mit Grünflächen anstatt versiegelten Steinwüsten, um „den Kindern keine überhitzte Stadt zu hinterlassen.“ So lässt es Hagl auch nicht gelten, friday for future-kids als „Heuchler“ zu bezeichnen. „Wir sollen froh sein, dass die jungen Leute auf die Straße gehen.“
„Wer heute behauptet, Landshut sei eine Autostadt, ist in den 70ern hängen geblieben“, sprach Sigi Hagl in Richtung des CSU-OB-Kandidaten Dr. Thomas Haslinger. „Landshut Plätze wären viel schöner, wären sie keine Parkplätze.“ Daher will Hagl öffentliche Mobilität anbieten, um aufs Auto zu verzichten. Die Bürger sind diesbezüglich besser, als die Rathauspolitik und haben per Bürgerentscheid für „Busse Baby“ gestimmt. Ein Unding für Hagl, „30er-Zonen vor Schulen zeitlich zu beschränken, als gäbe es ein Recht auf Raserei.“
OB-Kandidatin Sigi Hagl stellt Klimaschutz und Landshuter Themen in den Mittelpunkt ihrer Rede.
„Wo und wie wir wohnen“, nannte Hagl „eine zutiefst soziale Frage“, um abermals den Verkauf städtischen Tafelsilbers zu kritisieren, auf dem soziales Wohnen verwirklicht werden könnte. Für sie ist es „rückwärts gewandt, städtischen Boden als reine Handelsware anzusehen.
So zählt es auch zu den grünen Zielen, „den Stadtpark zu einem Stadtpark zu machen“, um mit einer grünen Lunge einen Mehrwert für Landshut zu erzielen. Insgesamt will sie auch die Bürger der Stadt in künftige Entscheidungen stärker einbeziehen, denn „Demokratie lebt vom Mitgestalten.“
„Wenn der Vorsitzende des Verkehrsausschuss im Bundestag zu uns kommt, dann funktioniert auch die Bundesbahn“, begrüßte der Moderator des Frühschoppens, Kreisvorsitzender Gerd Steinberger, Cem Özdemir, dem er Qualitäten wie stur, eigensinnig und selbstbewusst zuschreibt.
Auch mal "Schaum vor dem Mund haben" - das gehört bei bayrischen Bierzeltreden dazu.
Özdemir lobt zu Beginn seiner Rede die liberale Demokratie des Landes, in der die Polizei „Veranstaltungen wie diese schützt und wir müssen etwas machen, dass es so bleibt“. Denn den Gegnern der Demokratie und die, die die Verbrechen des Dritten Reichs in Frage stellen, dürfen keine Oberhand gewinnen.
Sigi Hagls Worte aufgreifend, äußerte Cem Özdemir die Vermutung, dass ihr Gegenkandidat bei Tiefensee, Dobrindt und Scheuer in die Lehre gegangen sei und verglich Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt mit den zehn biblischen Plagen. So hat er es geschafft, ein komplettes Ministerium mit der PKW-Maut lahmzulegen.
Auch der amtierende Verkehrsminister Andreas Scheuer bekam sein Fett ab wegen der Verschleppung des Abgasskandals und nannte Scheuers Politik den größten Feind der Bahn. Um 18 % steigen die staatlichen Ausgaben für die Straße, die der Bahn nur um 5 %, zudem sind nur 51 % der Schienenwege elektrifiziert.
Özdemirs Kritik galt vor allem und im besonderen der deutschen Verkehrspolitik.
Özdemir setzte nach: „Scheuer hört gerne Märchen von 107 Lungenärzten, Ärzten ohne Grenzwerte und Ärzte ohne Rechenkenntnisse.“ Dabei sollte der Zorn denen gehören, die betrogen und manipuliert haben, denn dadurch wird der Standort Deutschland gefährdet. Für Özdemir steht fest, dass Hardwarenachrüstungen nach dem Verursacherprinzip durchgeführt und bezahlt werden müssen.
Klare Worte fand Özdemir gegenüber der AfD: „Wer Verbrechen des Dritten Reiches verharmlost, kann dieses Land nicht repräsentieren.“ „Die wollen Europa kaputt machen, das werden wir nicht zulassen!“ Sein Respekt galt allen Menschen in der Türkei, die sich vor der Wahl durch Erdogan nicht einschüchtern ließen und ließ dem türkischen Präsidenten wissen: „Geben Sie Gedankenfreiheit!“ In Richtung Großbritannien formulierte er: Der Brexit zeigt, wie blöde es ist, Populisten zu folgen“
Auch zu den aktuellen Freitagsdemonstrationen der Schüler äußerte sich Cem Özdemir: „Ich bin mächtig stolz auf meine Tochter die dort mitdemonstriert“, denn sehr viele Menschen haben Angst vor dem Klimawandel und fügte mit Blick auf den Verkehrsminister schmunzelnd an: „Bei immer höheren Temperaturen kann es passieren, dass sich einer das Hirn verbrennt.“
Zollte seinen Respekt den "Fridays for future"-Demonstranten: Cem Özdemir
Eine ganze Reihe grüner Ehrengäste waren beim politischen Frühschoppen mit vertreten. Darunter MdB Erhard Grundl, MdL Rosi Steinberger und MdL Toni Schuberl, Landesvorsitzender Eike Hallitzky, Bezirksrat Markus Scheuermann, Bürgermeister Dr. Thomas Keyßner, die Stadträte Hedwig Borgmann und Prof. Dr. Frank Palme, Ex-Stadtrat Martin Metzger, die Kreisvorsitzende Elke Rümmelein sowie Gastgeberin und Festwirtin MdL und Stadträtin Jutta Widmann.