Karlheinz Unfried, Vorsitzender des Ortsvereins ver.di, Absender des Offenen Briefs an Oberbürgermeister Alexander Putz. - Foto: W. Götz
Landshut - pm (27.08.2019) Die Gewerkschaft ver.di hatte bei ihrer gestrigen Pressekonferenz im Gasthaus "Zur Insel" ihren Unmut über die schleppende Umsetzung des Bürgerentscheids „Städtische Wohnungsbaugesellschaft“ geäußert und einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Alexander Putz mit sechs Forderungen geschrieben. Hier der Text des Briefes im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Putz,
im Rahmen der Studie „Wohnraumbedarf in Deutschland und den regionalen Wohnungsmärkten“ vom 31.05.2017 der Prognos AG wurden die Wohnungsmärkte in Deutschland untersucht. Für die Stadt Landshut wurde festgestellt, dass ein sehr angespannter Wohnungsmarkt vorhanden ist. Diese Aussage ist auch nicht weiter verwunderlich, da sich die Einwohnerzahl in der Stadt von 62.735 im Jahr 2009 auf 72.390 im Jahr 2018 erhöht hat. Für die Zeit bis 2030 wird ein weiterer Bevölkerungszuwachs von über 5 % prognostiziert. Der Wohnungsmarkt in Landshut hat mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Im Zeitraum 2009 bis 2018 wurde nach der amtlichen Statistik ein Zuwachs von 4370 Wohnungen erzielt. Daten zum geförderten Wohnbau in Landshut waren leider nicht öffentlich zugänglich. Die Defizitsituation bei den Wohnungen hat auch auf die Mieten in Landshut durchgeschlagen. Die durchschnittlichen Mieten sind in diesem Zeitraum zwischen 18 % und 37 % gestiegen. Vor allem für Beschäftigte mit geringen Einkommen und für Familien mit Kindern ist die Wohnraumsituation in Landshut damit äußerst problematisch.
Aus diesem Grund hat der Verdi-Ortsverein Landshut auch den Bürgerentscheid zur Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft unterstützt. Mit 19.092 Ja-Stimmen wurde der Bürgerentscheid am 14.10.2018 angenommen. Das ist eine Mehrheit von 66 % der abgegebenen gültigen Stimmen. 40 % der Wahlberechtigen in Landshut haben für die Errichtung einer Wohnungsbaugesellschaft gestimmt.
Seit dem Bürgerentscheid sind nun 10 Monate vergangen. Die Landshuter Bürger haben ein Recht darauf, dass die Stadt Landshut zeitnah Anstrengungen zur Umsetzung der Zielsetzungen des Bürgerentscheides unternimmt. Ziel des Bürgerentscheides war, dass durch eine funktionierende Wohnbaugesellschaft der Stadt Landshut ein spürbarer Beitrag zur Verbesserung der Situation auf dem Wohnungsmarkt erbracht wird.
Nach Art 106 der Bayer. Verfassung hat jeder Bewohner in Bayern einen Anspruch auf eine Wohnung. Es ist auch die Aufgabe der bayer. Kommunen, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Als Verdi Ortsverein fordern wir deshalb folgende Maßnahmen für den kommunalen Wohnungsbau für den Bereich der Stadt Landshut:
a) Stärkung öffentlicher und gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen
Der Verdi-Ortsverein Landshut spricht sich für die Stärkung öffentlicher und gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen aus. Eine wichtige Rolle spielt hierbei aus unserer Sicht auch die neue Landshuter Stadtbau GmbH & Co. KG. Bei künftigen Projekten des Wohnungsbaus sind vorrangig öffentliche und gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere auch bei der Übertragung oder dem Verkauf von städtischen Grundstücken und Immobilien.
b) Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden
Der Verdi-Ortsverein spricht sich für eine Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit bei der Schaffung von Wohnraum sowie bei der Ausweisung eines bedarfsgerechten öffentlichen Personennahverkehrs aus.
c) Aktive Maßnahmen zur Verhinderung von Leerständen
Durch ein entsprechendes Leerstandsmanagement muss sichergestellt werden, dass Wohnraum zeitnah wieder seiner Bestimmung zugeführt wird. Insbesondere auch in Altbauten ist unter Beachtung der Vorschriften des Denkmalschutzes Wohnraum zu erhalten und zu schaffen. Grund- und Immobilieneigentum ist so zu verwenden, dass es auch dem Wohle der Allgemeinheit dient. Sofern dies nicht verwirklicht wird, sind die Möglichkeiten des Art. 14 Abs. 3 Grundgesetz zu prüfen.
Ein mögliches Mittel ist auch der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung gem. Artikel 2 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG)
d) Flächen- und ressourcensparender Bau unter Beachtung der Ziele des Klimaschutzes
Bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum ist darauf zu achten, dass eine nachhaltige Entwicklung der Stadt Landshut nicht gefährdet wird. Es sind deshalb alle Maßnahmen eines flächen- und ressourcensparenden Baus zu berücksichtigen. Insbesondere ist auch beim Neubau oder der Sanierung von Gewerbeimmobilien (z.B. Supermärkte) zu prüfen, ob durch eine mehrgeschossige Bauweise Wohnraum geschaffen werden kann. Gleichzeitig ist zu prüfen, ob bei den Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (insbesondere bei einer guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr) Potential für Flächeneinsparungen vorhanden ist. Zu Lasten des Klimaschutzes bzw. der Verminderung des Verbrauchs von fossilen Energieträgern dürfen keine Einsparungen vorgenommen werden.
e) Sofortprogramm für den Bau von gefördertem Wohnraum (sozialer Wohnungsbau)
Mit einem Sofortprogramm für den Bau von gefördertem Wohnraum sind bis 2024 mindestens 1000 neue Wohnungen zu schaffen. Hier sehen wir als Verdi-Ortsverein den Aufgabenschwerpunkt für die Landshuter Wohnungsbaugesellschaft (Landshuter Stadtbau GmbH & Co.KG).
f) Regelmäßige Information der Bürger über die Lage am Wohnungsmarkt
Leider sind zu den Entwicklungen am Wohnungsmarkt in Landshut nur wenige Informationen der Stadt Landshut vorhanden. Die Stadt Landshut sollte deshalb jährlich in einem Bericht zur Lage am Wohnungsmarkt darüber berichten:
- wie sich die allgemeine Entwicklung am Wohnungsmarkt in Landshut darstellt (Zu- und Abgang von Wohnungen, Bestand)
- wie sich die Entwicklung bei den geförderten Wohnungen in Landshut darstellt (Zu- und Abgang von Wohnungen, Bestand)
- welche Entwicklungen bei den Mieten feststellbar sind
- welche Aktivitäten bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft im abgelaufenen Jahr zu verzeichnen waren.
Wir freuen uns über eine Antwort, welche Anstrengung von Ihrer Seite zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum unternommen werden. Weiter bitten wir um eine Stellungnahme zu den von uns vorgetragenen Forderungen.
Mit freundlichen Grüßen
Karlheinz Unfried
Vorsitzender des Ortsvereins ver.di