Moderator Michael Bragulla (2. v. l.) mit den OB-Kandidaten (v. li) Patricia Steinberger, Dr. Stefan Müller-Kroehling, Sigi Hagl, Tilman von Kuepach, Dr. Thomas Haslinger und Alexander Putz.
Landshut - hs (12.02.2020) Es war wohl nur ein Zufall, dass ausgerechnet jener Mann, der ab 1. Juli ganz offiziell in der Stadtverwaltung für das Stadtmarketing zuständig sein wird, am Montagabend die Podiumsdiskussion der OB-Kandidaten für die Wirtschaftsjunioren, die IHK und den Marketing Club moderieren konnte. Die Rede ist von Michael Bragulla (38), der diese Aufgabe souverän und fair im erneut gut gefüllten Salzstadel absolvierte.
Zunächst konnten sich die OB-Kandidaten persönlich kurz vorstellen. Einer fehlte, Stefan Hemmann (35, Kandidat der Linken und der mut-Partei). Er blieb im Zug auf dem Heimfahrt auf freier Strecke wegen des Orkans "Sabine" stecken.
Sigi Hagl (Die Grünen) eröffnete den Vorstellungsreigen. Sie will in Landshut "möglichst hochwertige Firmen" ansiedeln, den Fachkräftemangel energisch angehen und die "weichen Standortfaktoren" wie Bildung, Kultur, Sport, Wohnen im Blickfeld behalten.
Dr. Thomas Haslinger (CSU) meinte, dass die Stadt Landshut nur soviel Geld ausgeben könne, das sie vorher eingenommen habe. Er will für die Wirtschaft ein gutes Umfeldklima aufbauen, nicht zuletzt über die Hochschule neue Fachkräfte heranbilden und den Handel in der Innenstadt stärken. Haslinger lehnt jede Gewerbesteuererhöhung - wie von Sigi Hagl des öfteren in Debatten um den Stadttheaterneubau gefordert - strikt ab.
Tilman von Kuepach (Landshuter Mitte), Fachanwalt für Baurecht, beklagte zunächst ebenfalls den "irrsinnigen Fachkräftemangel überall". Dennoch ist er zuversichtich: "Zusammen können wir alles schaffen!" Von Kuepack verwies auch darauf, dass er ehemals Vorsitzender der MittelstandsUnion Niederbayern war.
Dr. Stefan Müller-Kroehling (ÖDP), der Forstwirtschft studiert hat, warb für eine "gemeinwohlorientierte Wirtschaft". Bei der Nachhaltigkeit könne man noch eine Schippe drauflegen, und z. B. deutlich flächensparender auch in den Gewerbeegebieten bauen, denn ansonsten habe man in hundert Jahren keinerlei landwirtschaftliche Flächen mehr. Später, bei den Rede-Duellen, überraschte der ÖDP-Kandidat mit dem Vorschlag, die Stadt sollte Altdorf, Kumhausen und Ergolding Eingemeindungsverträge anbieten, denn jetzt könnten eben diese Gemeinden noch eine Reihe von Forderungen und Wünschen für die nächsten Jahre vertraglich festschreiben, später, in 15 oder 20 Jahren, wenn eine neue staatliche Gebietsreform komme, sei das nicht mehr möglich. Das sorgte für durchaus positive Reaktionen im Publikum.
Patricia Steinberger (SPD) fühlte sich beim großen Thema Wirtschaft durchaus in ihrem Element, ist sie doch in einer Firma am Flughaben mit 1.600 Mitarbeltern für den Bereich Rechnungswesen und Controlling zuständig. Sie war ehemals Steuergehilfin, hat dann das Abitur gemacht und an der Landshuter Hochschule studiert. In Lanshut gäbe es zwar 5.600 angemeldete Firmen, doch nur 600 würden Gewerbesteuer zahlen. Ausdrücklich sprach sie sich dafür aus, die Geschäfte der Innenstadt nicht länger mit jenen in den Aussenbezirken auszuspielen. Den jetzigen Gewerbesteuerhebesatz von 420 nannte sie "gerade noch erträglich". Anmerkung der Redaktion: Theoretisch könnte eine gewählte Stadträtin bzw. ein Stadtrat mit Wirtschafts- bzw. Finanz-Sachverstand auch das Amt der Stadtkämmerei hauptberuflich übernehmen. Der jetzige Amtsleiter, Rupert Aigner, geht ja Ende September in Pension.
Alexander Putz (FDP) stellte sich als "Titelverteidiger" zuletzt vor. Er ist 57, war in Landshut 24 Jahre lang Mitinhaber eines Baubüros. Der Lanshuter Gewerbesteuerhebesatz von 420 Punkten befinde sich im Durchschnitt vergleichbarer bayerischer Städte. Nicht ohne Stolz verwies Putz auf die Ausweisung von 19 Hektar Gewerbegebiet in der Münchnerau. Davon seien 80 Prozent bereits vermarktet bzw. reserviert. Vier IT-Firmen aus Landkreisgemeinden würden in die Münchnerau umziehen. Die Ansiedlung von neuen Firmen hebe nicht zuletzt die Kaufraft der Mitarbeiter, was wiederum dem Landshuter Einzelhandel und der Gastronomie zugute komme. Namentlich lobte OB Putz den vor wenigen Monaten neu eingestellten Experten für Wirtschaftsförderung (Luger) und er sprach sich auch für ein verbessertes Stadtmarketing aus. Am Tag danach gab die Stadt ja per Pressemitteilung bekannt, dass Michael Bragulla (Moderator der Podiumsdiskussion) ab 1. Juli neuer Leiter des Bereichs Stadtmarketing in der Nachfolge von Kurt Weinzierl (geht altersbedingt in Pension) werde.
Nach den Rededuellen der OB-Kandidaten diskutierten die gut 250 Besucher noch sehr lange bei kostenfreien frischen und auch alkoholischen Getränken im Salzstadel über die Aussagen der Kandidaten und deren Wahlchancen. Es scheint,, dass alles noch längst nicht entschieden ist. Noch folgen ja weitere Podiumsdiskussionen. Es gab im übrigen so gut wie keine direkten scharfen Attacken der OB-Kandidaten untereinander. - Fotos Hermann Schnall