Die Diskussion fand vor rund 60 Zuhörer im Deutsch-Russischen Begegnungshaus statt. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (24.02.2020) Schon Mitte Februar fand im Nachbarschaftstreff „DOM“ eine Podiumsdiskussion mit den sieben OB-Kandidaten statt. Sabine Buchta und Justin Imeri stellten die Fragen im Deutsch-Russischen Begegnungshaus an der Stadtgrenze zu Altdorf. Die Antworten lagen zwischen sozialer Kompetenz und law-and-order-Politik. Auch eine Zusammenarbeit mit der AfD wurde hinterfragt.
Altersarmut frühzeitig entgegenwirken: Sigi Hagl (Grüne)
Eine Gefahr zur Altersarmut sieht Stefan Hemmann (Linke/mut-Partei) durchaus gegeben, vor allem durch die immer stärker wachsenden Mietpreise und das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen. Hier nimmt er die Kommune in die Pflicht, für bezahlbare Wohnungen und eine soziale Grundversorgung zu sorgen. Jede fünfte Frau ist in Bayern von Armut bedroht und dem muss früher entgegengewirkt werden, so Sigi Hagl (Grüne). Probleme sieht sie in Teilzeit- und Minijobs mit ihrer vergleichsweise geringen Bezahlung. Die Auswirkung spürt man auch in Landshut an den Tafeln.
Damit auch Senioren in Landshut aktiv bleiben können, wurde im Stadtrat beschlossen, einen Bewegungsparcours einzurichten, erinnerte Dr. Thomas Haslinger (CSU). Dr. Stefan Müller-Kroehling (ÖDP) wünscht sich dazu Mehrgenerationenhäuser, bessere dezentrale Einkaufsmöglichkeiten, Treffpunkte für Senioren und ein Haus der Vereine. Patricia Steinberger (SPD) differenziert hier nach Senioren die mehr oder weniger mobil sind. Erstere haben es leichter, an Sport und kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. Für zweitere solle die Stadt für bessere Angebote sorgen, damit sie auch im Alter an der Gesellschaft teilnehmen können.
Barrierefreies Wohnen für Senioren: Alexander Putz (FDP)
Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) verwies auf die demografische Entwicklung und die wachsende Alterspyramide. Er will besonders an die Senioren mit Defiziten denken. Dazu braucht es barrierefreies Wohnen und ausreichend Plätze in den Altenheimen und in der Kurzzeitpflege. Auch Tilman von Kuepach (LM) sieht die Zukunft in Mehrgenerationenhäusern. Alt und jung zusammen zu bringen sorgt für eine schöne städtische Gesellschaft.
In Sachen Freizeit und Jugend sieht Tilman von Kuepach viele Angebote in Vereinen und sozialen Einrichtungen, wie Rettungsdiensten. Aber die Jugend solle auch Angebote fordern, wie seinerzeit mit dem Skaterpark. Das Sportkonzept hat sich in der Stadt für die Jugend bewährt, so Alexander Putz. Durch die neuen Schulen werden neue Kapazitäten für sportliche Betätigung hinzukommen. Insgesamt sollte man auch nach Bedürfnissen suchen, die bis jetzt für die Jugend noch nicht abgedeckt sind.
Pro Wahlalter ab 16: Patricia Steinberger (SPD)
Das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, begrüßt Patricia Steinberger: „Das sollten wir unserer Jugend zutrauen.“ Auch der ÖDP-Kandidat spricht sich dafür aus, Jugendliche an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Dr. Stefan Müller-Kroehling blickt dabei auch auf das Engagement der Friday-for-future-Bewegung. „Wann betrachten wir einen Menschen als volljährig?“, hinterfragte Dr. Thomas Haslinger das Thema. Wer wählen darf, soll nicht nur alle Rechte haben sondern auch zu allen Pflichten stehen.
Auch Sigi Hagl spricht sich für ein Wahlalter ab 16 aus, was allerdings durch CSU, FDP und AfD blockiert wird. In der Jugendarbeit solle Landshut mit dezentralen Jugendtreffs in der Stadtteilen „noch nachlegen“, etwa mit mehr Angeboten in der Alten Kaserne für wirklich Junge. Und für die Jugend sei es unerlässlich, die Nachtbusse endlich besser zu takten. Für Stefan Hemmann sind vor allem Aufenthaltsräume ohne Konsumzwang wichtig und Solidarität mit wirtschaftlich Schwächeren. Alle Jugendlichen sollen miteinander voneinander profitieren. Daher sei es wichtig alle Jugendliche mit und ohne Migration zusammen zu bringen.
Der Schlüssel zur Integration liegt in der Deutschen Sprache: Tilman von Kuepach (LM)
Gerade Vereine sollten Bürger mit Migration stärker bei sich mitnehmen, so Patricia Steinberger. Der SPD war es auch wichtig, dass in der Nikolaschule endlich ein Frühstücksangebot für sozial schwächere Kinder gibt. Dr. Thomas Haslinger will in erster Linie die fördern, die dabei auch wirklich mitmachen wollen. Dabei muss ihnen auch gesagt werden, dass es Grundregeln in unserer Gesellschaft gibt und sie sollen sich dabei auch selbst mit einbringen.
Tilman von Kuepach staunt über die CSU, die sagt, Deutschland ist kein Einwanderungsland: „Das ist der größte Unsinn der je gesprochen wurde.“ Landshut hat einen Ausländeranteil von 18,2 Prozent und wenig Ärger damit. Der Schlüssel zur Integration liegt für ihn im Erlernen der Deutschen Sprache. Alexander Putz lobte unter Beifall die „Top-Arbeit“ die in den Schulen mit hohem Ausländeranteil durch die Lehrer geleistet wird und verwies auf das Amt für Integration und Migration, das unter seiner Amtszeit gegründet wurde. Wichtig sei es in der Stadt den sozialen Frieden zu wahren.
Die Wolfgangssiedlung nicht als Brennpunkt sehen: Dr. Thomas Haslinger (CSU)
Stefan Hemmann sieht durchaus Verbesserungsbedarf in der Stadt, was Alltagsrassismus anbelangt. So haben es Ausländer schwieriger eine Wohnung zu finden. Dem will Sigi Hagl mit Wohnungslotsen entgegenwirken. So möchte auch eine Antidiskriminierungsstelle im Rathaus einrichten.
Dass die Wolfgangssiedlung immer wieder als „sozialer Brennpunkt“ der Stadt beschrieben wird, ärgert Dr. Thomas Haslinger, der selbst dort aufwuchs. Er sieht hier wegen der Nähe zum Bahnhof ein sehr gutes Potential zum wohnen. Gerade die Grundstücke um das „DOM“ und den ehemaligen Supermarkt dürfen nicht höchst bietend verscherbelt werden, warnt Dr. Stefan Müller-Kroehling. Er sieht für die Wolfgangssiedlung mehr Potential für einen besseren ÖPNV und Haltepunkten für eine Landshuter Trambahn.
ÖPNV in der Wolfgangssiedlung stärken: Dr. Stefan Müller-Kroehling (ÖDP)
Tilman von Kuepach fordert für die Zukunft der Stadt eine organische Entwicklung, dazu muss aber endlich eine ganzheitliche Stadtplanung für Landshut geschaffen, in die die Bürger einbezogen werden.
Aus dem Publikum wurde gefragt, wie sich die Migration im Stadtrat wieder spiegelt. Für Alexander Putz sind alle Migranten gefordert sich politisch einzubringen. Denn der Stadtrat bildet die Stadtgesellschaft ab. „Wir können hier nur Angebote machen“, antwortete Dr. Thomas Haslinger, „aber letztendlich entscheidet der Wähler über die Zusammensetzung des Stadtrats.
Und wie wollen sie mit der AfD zusammenarbeiten, war eine weitere Erkundigung aus dem Publikum. Dass auf der AfD-Liste nur 15 Kandidaten gelistet sind, sieht Tilman von Kuepach rechtlich problematisch. „Das ist keine vernünftige Liste.“ Auch das Wahlprogramm der AfD hat für ihn wenig Potential. Aber insgesamt müsse man der AfD das Wasser abgraben. Stefan Hemmann will jedenfalls im Stadtrat nicht die kleinste Unterstützung für eine radikale Partei wie die AfD leisten.
Keine Unterstützung für eine radikale Partei: Stefan Hemmann (Linke/mut-Partei)
Sigi Hagl möchte im künftigen Stadtrat mit allen Demokraten überparteilich zusammen arbeiten, aber nicht mit Radikalen. Mann müsse abwarten, mit wie vielen Mandaten die AfD in den Stadtrat einzieht, so Dr. Thomas Haslinger. Mit ein oder zwei? Dann wären sie in keinen Ausschüssen dabei. Mit einer Diskussion mit der AfD will er kein Problem haben, denn dann werden wir sehen, dass sie keine Inhalte haben.
Die bestehenden Parteien hätten bessere Angebote machen sollen, die Wähler von der AfD wieder zurück zu holen, meinte Patricia Steinberger. Im Stadtrat werde man sie bloßstellen, denn hier geht es um Lösungen statt Parolen.
Dr. Stefan Müller-Kroehling erinnerte daran, dass die AfD ursprünglich aus anderen Gründen entstanden ist als jenen, die derzeit die politische Agenda bestimmen. Er kann sich keine Zusammenarbeit vorstellen, solange diese Partei Nazis in ihren Reihen duldet. Alexander Putz wünscht sich der AfD viel weniger Aufmerksamkeit zu geben und im Stadtrat geht es ihm um Sachthemen.