Dr. Stefan Müller-Kroehling will die rasante Entwicklung der Stadt wieder unter Kontrolle bringen. Fotos: W. Götz
Landshut – gw (02.03.2020) Seit dem gewonnenen Volksbegehren zur Artenvielfalt, sieht sich die ÖDP selbstbewusst im Auftrieb. Beim politischen Aschermittwoch in der Gaststätte des ETSV 09 ging es um Landwirtschaft, Klimaschutz und Vorschläge für eine nachhaltige Zukunft. Oberbürgermeisterkandidat Dr. Stefan Müller-Kroehling nutze das Podium, um für die Zukunft der Stadt Landshut zu werben.
„Willkommen in der Boomstadt Landshut, Deutschlands Wachstums-Hauptstadt", begrüßte Dr. Müller-Kroehling die 160 Gäste. Landshut, im Dunstkreis des Flughafens, im Hinterland des hochsubventionierten Flughafens gelegen, wird als Investitionsobjekt interessant. Doch durch die Investoren wird „Öl in das Feuer der Bauspekulation gegossen“.
Wenn Landshut so weiter wächst, warnte Dr. Müller-Kroehling, gibt es spätestens in 100 Jahren keine landwirtschaftlichen Flächen mehr. „Doch die Landwirte brauchen unversiegelte Flächen als Erzeuger regionaler Nahrungsmittel.“ „Wir brauchen laut Naturschutzgesetz 30 Prozent Bio-Anbau aber aktuell vertreiben wir die Bio-Bauern.“
Das Problem der Stadt „heißt Wachstum“ und genau dieses Wachstum ist ein „Draufzahlergeschäft“. Während drei Schulneubauten zweistellige Millionenbeträge kosten, schaut das Stadttheater in die Röhre. Das Geld dazu fehlt. Politische Mitbewerber, so Dr. Müller-Kroehling, fordern, es trotzdem zu bauen. „Sollen wir uns das Geld dafür drucken lassen?“ „Realitätsfernes Alles-Fordern, ist nicht die Politik der ÖDP:“ Um das Stadttheater zu finanzieren sollen besser die Wachstumskosten gesenkt werden.
Die ÖDP im Aufwind. Das war beim guten Besuch des politischen Aschermittwochs sichtbar.
Anstatt eine teure Westumgehung zu bauen, soll besser mit den Förderungen vom Bund in Landshut wieder eine Trambahn auf die Schienen kommen. So, wie es auch Regensburg macht. Das dämmt den Ziel-Quell-Verkehr ein. Dr. Müller-Kroehling stellte die Frage: „Wer baut in Zeiten der Verkehrswende noch Straßen?“ Viel schlimmer noch, im Landshuter Westen, gleich neben der Autobahn, soll eine Tankstelle direkt neben das Wasserschutzgebiet gesetzt werden und geplanter Wohnbau bedroht die Bio-Gärtnerei in Siebensee.
In der Ochsenau befindet sich wertvollster Kalkmagerrasen, noch nie gedüngt oder mit Gülle bespritzt. „Und da soll gebaut werden?“ Für Dr. Stefan Müller-Kroehling verstößt das gegen das Naturschutzgesetz des Bundes und des Landes. Anstatt in der Ochsenau zu bauen, stehen 430 Hektar nicht geschützte Fläche zur Verfügung.
„Der Betongoldrausch hat Landshut erfasst“, stellt Dr. Müller-Kroehling fest, doch sei es wichtig den Miet- und Bodenspekulationen Einhalt zu gebieten, denn gerade das untere Einkommenssegment ist vom Wohnungsmarkt am stärksten betroffen. „Die AfD bekämpfen wir am besten, wenn wir ihnen nicht dieses Thema überlassen.“
Als Oberbürgermeister möchte Dr. Stefan Müller-Kroehling für eine nachhaltige Stadtentwicklung eintreten, Natur- und Umweltschutz achten und Nachverdichtung mit Augenmaß. Für ihn als Oberbürgermeister, ist der Bürger nicht der Feind sondern ein Souverän. Er möchte zusammen mit den Bürgern und dem Stadtrat die Entwicklung der Stadt wieder unter Kontrolle bringen. Denn die Stadt gehört letztendlich ihren Bürgern.
„Die ÖDP wächst und das Wachstum geht weiter“, freute sich ÖDP-Bundesvorsitzender Christoph Raab. Seine Wertschätzung galt den Landwirten und ihrem Dilemma zu Weltmarktpreisen zu produzieren, aber zu Konditionen hier vor Ort. „Das hat sie an die Wand gestellt.“ „Sie haben aus Boden und Tieren immer mehr herausgekitzelt“, aber das lässt sich nicht mehr weiter steigern. „Ich könnte mich auskotzen über die Situation vor der wir stehen“, so Christoph Raab, wir blicken in eine Sackgasse.
„Was uns vereint ist, wir können so nicht weitermachen“, sprach Josef Schmidt, Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL). Auch er hat das Volksbegehren zum Artenschutz unterstützt, obwohl dies der Landwirtschaft viel abverlangt. Aber es braucht nicht nur mehr Grünstreifen in der Landwirtschaft sondern eine neue Verteilung der EU-Milliarden für die Landwirtschaft, nämlich nicht für die Großbetriebe, sondern für die, die die Landwirtschaft und Landschaft Wert schätzen.
Hohenthann nannte Schmidt ein „Stickstoffparadies“. Die Überdüngung komme vor allem aus der Falschberatung von Landwirten und verursache viel zu hohe Kosten.
Wenn die EU-Politik für die Landwirte passt, will Josef Schmidt mit seinem alten Schlüter bei Schlepperdemos mitfahren.
„Es ist nervig die ganzen Schlepperdemos zu sehen“, so Josef Schmidt. „Wo fahren sie denn hin?“ Für ihn ist klar: „Die Bauern sollen sich nicht alles gefallen lassen, sondern ihren Hintern hoch bekommen, dass es zu einer Änderung der Agrarpolitik kommt. Er möchte eine Europapolitik, die hilft, die Veränderung zu finanzieren, anstatt Großbetriebe zu finanzieren. „Wenn das auf den Plakaten der Schlepperdemos draufsteht, dann werde ich auch meinen alten Schlüter waschen und mitfahren.“
Und Josef Schmidt gab noch einen Tipp mit: „Mit der Bürokratie wird die Scheiße auch nicht besser.“
Als ÖPD wollen wir uns nicht auf die großen Lösungen aus Berlin warten, versprach Bezirksrat Urban Mangold. „Auch nicht beim Autoschwangeren Andi Scheuer, die Verkehrswende anzupacken.“ „Die Schwarz-roten fahren den Karren an die Wand, denn es denken schon mehr Leute ökologischer als in der CSU und der SPD.“ Während in Australien der Wald brennt und bei uns der Sturm wütet, startet die CSU eine online-Kampagne gegen das Tempolimit, kritisierte Urban Mangold. „Bei denen ist etwas nicht locker“. Daher haben die Bürger die Wahl zwischen denen, die nicht locker lassen und denen, bei denen etwas nicht locker ist.“
„Wir haben als ÖDP einen Lauf.“ 25 Prozent mehr Mitglieder verzeichnet die Partei seit „Rettet die Bienen“, rechnete Landesvorsitzender Klaus Mrasek vor. Doch er warnte auch: Am 29. Juli wird Weltschöpfungstag sein. Die Bevölkerung braucht bald einen zweiten Planeten.
Für Bayern eine Nachhaltigkeitsstrategie einhalten: Klaus Mrasek
Wir haben mit dem Volksbegehren nicht die Landwirte angegriffen, sondern die Fakten auf den Tisch gelegt, stellte Landesvorsitzende Agnes Becker klar. Für sie stellt das Artensterben ein noch größeres Problem als der Klimawandel dar. Sogar in der sibirischen Tundra sind unsere Pestizide noch nachweisbar.
„Dass wir Bauernbashing betrieben haben, ist so falsch, als würde man dem Fließbandmitarbeiter bei VW-Mitarbeiter vorwerfen, dass er Betrugssoftware eingesetzt hat, verglich Agnes Becker die Situation. Für sie muss Schluss sein mit einer landwirtschaftlichen Förderung „Wer viel besitzt, bekommt viel.“ Es muss an das gekoppelt sein, was er macht.
Kritik übte Agnes Becker an der CSU, die den Bauern immer erzählt hat, „wenn du nicht wächst, dann musst du weichen. Das hat dazu geführt, dass Bayern in den letzten fünf Jahren 5.000 Höfe verloren hat.“ Schlimmer noch: „Die große Politik der EU, die die beschissenen Regeln macht,schickt die Landwirtschaft in den Ruin.“
Die ÖDP zieht den Stachel, um große Hintern zu bewegen: Agnes Becker
„Wir wollen uns nicht mehr auf die Aussagen der Staatsregierung verlassen“, so Agnes Becker. Denn vieles aus dem Bürgerbegehren sei bei der Gesetzesverabschiedung unter den Tisch gefallen. So fallen 85 Prozent der Streuobstwiesen nicht mehr unter Biotopschutz.
Agnes Becker freut sich über die Friday for Future-Aktivisten, die sich für einen gerechten Planeten einsetzen. „Sie sind da, lasse nicht locker und das ist gut so. Alles Wichtige in der Gesellschaft wird von unten angestoßen.“ Oder wie es Agnes Becker zusammen fasste: „Viele kleine Bienen können einen großen Hintern bewegen. Stachel raus und los!“