Am Freitagabend konnte der Unterbezirksvorsitzende der SPD, Herbert Lohmeyer, die Bundestagsabgeordnete Rita Hagl zu einer Informationsveranstaltung über den Koalitionsvertrag begrüßen. Die Veranstaltung fand während der Mitgliederbefragung statt, um den Sozialdemokraten eine faire Abstimmung zu ermöglichen und offene Fragen zu klären.
Lohmeyer betonte in seiner Begrüßung, dass die SPD mit dieser Mitgliederbefragung über die Zustimmung zum Koalitionsvertrag so viel innerparteiliche Demokratie beweisen würde wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Der Parteivorstand entscheide nicht allein, sondern die Basis der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.
Die Bundestagsabgeordnete Rita Hagl machte in ihrem Anfangsstatement die sozialdemokratischen Züge des Koalitionsvertrages deutlich und wie entscheidend es sei, dass die Hauptforderungen der SPD wie die Umsetzung des flächendeckenden Mindestlohnes ab 2015, höhere Erwerbsminderungsrenten, die Mietpreisbremse, einen abschlagsfreien Rentenbezug mit 63 Jahren nach 45 Versicherungsjahren im Vertrag verankert sind. Auch der Einstieg in sogenannte „Mütterrente" konnte endlich gemeinsam verabredet werden. „Die große Mehrheit der älteren Mütter hat ab Mitte 2014 die höchste Rentensteigerung seit vielen Jahrzehnten zu erwarten", ergänzte Harald Unfried, Bundeswahlkreisvorsitzender. Damit werde eine seit Jahrzehnten schwelende Gerechtigkeitslücke zumindest teilweise geschlossen. Dies sei angesichts der gerade in Niederbayern besonders niedrigen Frauenrenten als großer Erfolg zu werten.
Die Anwesenden diskutierten sehr kritisch. Bemängelt wurde von den Jungen Sozialdemokraten, dass kein Richtungswechsel in der Europapolitik zum Tragen komme und auch überhaupt die junge Generation für sich aus diesem Koalitionsvertrag kaum eine Änderung bzw. Verbesserung entnehmen könne. Mehrfach kam auch die Gesundheitspolitik zur Sprache. Die Wiederherstellung der Parität bei den Krankenversicherungsbeiträgen konnte gegenüber der Union nicht durchgesetzt werden. „Alle Erhöhungen der Ausgaben bei den Krankenkassen müssen weiterhin die gesetzlich Versicherten allein tragen", betonte die stellvertretende Vorsitzende des Unterbezirkes Anja König. Positiv sei hier nur, dass die zusätzlichen Beiträge keine Pauschalen, sondern prozentual und damit einkommensabhängig seien und dass der Einzug durch die Arbeitgeber sicherzustellen sei. Allerdings würden die Ausgaben bereits im kommenden Jahr für die gesetzlichen Krankenkassen als Auswirkung der Beschlüsse aus der letzten Gesundheitsreform unter Schwarz/Gelb dramatisch ansteigen. Zusatzbeiträge seien unabwendbar, da die meisten Kassen für das kommende Jahr jetzt schon mit höheren Ausgaben als Einnahmen rechnen müssen.
Trotz der sozialen Reformen bei Löhnen und Renten stehen die Sozialdemokraten des Unterbezirks Landshut vielen Vereinbarungen kritisch gegenüber. So seien die verabredeten sozialen Wohltaten nicht nachhaltig gegenfinanziert. Die Mütterrente werde etwa de facto und systemwidrig aus der Rentenkasse bezahlt. Weil es sich um eine Maßnahme des sozialen Ausgleiches handele, müssten entweder andere Ausgaben gekürzt oder aber Steuern erhöht werden. Sobald sich die Konjunktur eintrübe, werde sich die fehlende Finanzierung bemerkbar machen. Die SPD müsse in Regierungsverantwortung darauf achten, dass die Mütterrente nicht durch unsoziale Kürzungen an anderer Stelle bezahlt werde. Der SPD-Vorschlag für einen höheren Spitzensteuersatz für sehr hohe Einkommen ab 100.000 Euro werde spätestens bei ablaufender Konjunktur wieder gefragt sein. Denn die Mehreinnahme aus dem höheren Spitzensteuersatz entsprechen von der Größenordnung her in etwa den Mehrausgaben für die Mütterrente.
Auch die Verbesserung der Pflegeleistungen soll laut Koalitionsvertrag durch Erhöhung der Beiträge finanziert werden. Die Sozialversicherungsbeiträge steigen spürbar an in den kommenden zwei Jahren und dies mache den Sozialdemokraten Sorgen, denn dies betrifft dann die breite Masse der Bevölkerung.
„Aus der Vergangenheit wissen wir, dass viele Auseinandersetzungen keineswegs entschieden, sondern nur vertagt sind", betonte Unfried am Ende der Veranstaltung. Die überwiegende Mehrheit sprach sich schließlich für den Koalitionsvertrag aus, denn es komme auch darauf an, wie man sich künftig in der Umsetzung und der Formulierung der Gesetzesvorschläge durchsetzen könne und somit die im Koalitionsvertrag verankerten Absichtserklärungen umsetzen würde.
Somit spricht sich der Unterbezirk Landshut für den Koalitionsvertrag und damit für die große Koalition aus.