Den Ersten Weltkrieg 1914, das Ende der Monarchie 1918, den Weg zur Weimarer Republik bis 1933, die nationalsozialistische Diktatur und den Wiederaufbau Deutschlands, deren Städte nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 größtenteils in Trümmern lagen und die Bevölkerung unter großem Hunger litt: Die Liste der einschneidenden politischen Ereignisse lässt sich noch beliebig fortführen – Karolina Schmid, die 1912 geboren wurde und am vergangenen Freitag ihren 103. Geburtstag feierte, hat sie alle hautnah miterlebt – die Urkatastrophen des 20. Jahrhunderts, deren bloße Vorstellung einen schaudern lässt.
Trotz allem: Ihre Lebensfreude, die sie bis ins hohe Alter von 103 Jahren ausstrahlt, und ihre positive Einstellung hat sie sich stets beibehalten. Das beeindruckte vor allem auch Oberbürgermeister Hans Rampf, der die Jubilarin im Seniorenheim St. Jodok Stift in der Freyung mit einem Besuch und einem Präsent überraschte. Dort hingezogen ist sie erst vor zwei Wochen, bis dahin lebte Karolina Schmid in ihrer Wohnung im Landshuter Westen und führte ihren Haushalt komplett eigenständig.
Ausschlaggebend für ihren Umzug war eine Lungenentzündung, von der sich die 103-Jährige aber mittlerweile wieder vollständig erholt hat. Den Oberbürgermeister empfing die sehr adrett gekleidete Jubilarin überaus herzlich. Der Weg vom Zimmer zum liebevoll dekorierten Speisesaal war für die körperlich vitale 103-Jährige kein Problem. Dort angekommen sagte sie mit einem Lächeln: „Jetzt trinken wir erstmal einen Sekt." Gleichzeitig kümmerte sie sich rührig um ihre Gäste und achtete darauf, dass auch jeder etwas zum Trinken erhält.
Dass der Oberbürgermeister ihr persönlich zum Geburtstag gratuliert, freue sie ganz besonders, wie sie sagte, zumal die vielbelesene Jubilarin das politische Geschehen in Landshut bis heute mitverfolgt und über alle Aktivitäten bestens im Bilde ist. Geistig fit hält sich Karolina Schmid zudem mit regelmäßigen Gedächtnistrainings – bis ins hohe Alter von 100 Jahren hat sie sogar am Englisch-Sprachkurs teilgenommen, wie ihr Sohn Bernhard und Schwiegertochter Susanne informierten.
Neben dem Sprachenlernen und der Lyrik gehört auch das Kegeln zu Karolina Schmids Hobbys; großen Wert legt sie zudem auf gutes Essen. Nach Landshut kam sie 1936 im Alter von 24 Jahren. Ihr Mann, den sie mit 20 Jahren heiratete, war Oberstleutnant und Ritterkreuzträger. Während des Zweiten Weltkrieges geriet der Soldat in russische Gefangenschaft und kehrte erst 1950 nach sechs Jahren wieder zurück. Das sei eine sehr schlimme Zeit gewesen, sagte die damals zweifache Mutter, die als Sekretärin in einer Papierfabrik tätig war und bereits früh lernen musste, auf sich alleine gestellt zu sein. Sie habe zwar viel mitgemacht, doch sie sei hart im Nehmen. Zudem, so die 103-Jährige, stamme sie aus einer Soldatenfamilie. „Ich bin es gewohnt zu kuschen", scherzte sie und erinnerte sich mit einem Lächeln im Gesicht an die Worte ihres Mannes: Er meinte immer, ich hätte einen guten Soldaten abgegeben.
Ihre positive Einstellung zum Leben spiegelte sich immer wieder in ihren Aussagen wieder. Besonders hob sie die schönen Zeiten hervor, wie die gemeinsamen Reisen nach China, Indien, Mexiko, Italien oder Amerika. Schwiegertochter Erika Nardon-Schmid, die aus Italien zum Geburtstag angereist war, ergänzte: Sogar in Russland seien die beiden gewesen, um dort den Ehering wiederzufinden, den Karolinas Mann während seiner Gefangenschaft aus Angst vor Ausbeuterei an einem Ort vergraben hatte. Mit 80 Jahren verstarb ihr Mann krankheitsbedingt. „Wenn man so alt wird, muss man sehr viel Bitteres mitmachen", sagte die 103-Jährige und sprach auch über ein weiteres schlimmes Schicksal, das sie vor zwei Jahren erleiden musste, den Tod ihres zweiten Sohnes Werner, der in München als Rechtsanwalt tätig war und im Alter von 71 Jahren verstarb. „
Sie als Bürgerin unserer Stadt beheimatet zu wissen, macht mich sehr stolz", so der Oberbürgermeister, der Karolina Schmid als eine sehr starke Frau und eine beeindruckende Persönlichkeit würdigte, die trotz schwieriger Zeiten ihren Lebensmut nie verloren und stets nach vorne geblickt hat. Dies bestätigte auch ihr Sohn Bernhard und seine Frau Susanne, die in Landshut leben und Karolina Schmid gemeinsam mit der ganzen Familie, zu der auch ein Enkel und drei Urenkel zählen, liebevoll umsorgen: Der Zusammenhalt der Familie sei für sie immer Mittelpunkt gestanden.
Auf die Frage nach einem Rezept für ihr langes Leben, antwortete sie bescheiden: „Nicht so empfindlich sein und in Maßen genießen." Im Großen und Ganzen sei sie sehr froh darüber, dass sie das Glück hatte, den Großteil ihres Lebens gesund sein zu dürfen."
Im Bild oben: Karolina Schmid (Mitte) feierte im Kreise ihrer Familie und Freunde mit Sohn Bernhard (Dritter von links) und den beiden Schwiegertöchtern Susanne Schmid (Zweite von links) und Erika Nardon-Schmid (rechts) ihren 103. Geburtstag, zu dem ihr auch Oberbürgermeister Hans Rampf (Zweiter von rechts) und der Heimleiter des St. Jodok Stift, Stephan Bitzinger (links), herzlich gratulierten.
Foto Stadt Lndshut