Landshut - pm (16.09.2019) Das Netzwerk der Interkulturellen Wochen existiert unter der Federführung des Haus International bereits seit 1986. Seither finden von Ende September bis Mitte Oktober in und um Landshut alljährlich die Interkulturellen Wochen statt. Seit ca. 15 Jahren gibt es als Ableger im Frühjahr die Internationalen Wochen gegen Rassismus unter Federführung der IGMetall.
Wir freuen uns über die seit Jahrzenten anhaltende große Beteiligung von Kommunen, Verbänden, Initiativen und Migrantenselbstorganisationen. 31 Veranstalter aus Stadt und Landkreis Landshut gestalten heuer miteinander wieder ein vielfältiges Programm. Erstmals mit dabei sind die Katholische Jugendstelle und Refugio München in Landshut. Einen optischen Eindruck von der interkulturellen Vielfalt gibt auch die Fahnenkette über die Isar am Orbankai mit Fahnen aus Ländern der Welt, aus denen Menschen nach Landshut zugezogen sind. Es sind mehr als 130!
In über dreißig Jahren ist mit dem Netzwerk interkulturelle Wochen ein wichtiges und tragfähiges soziales Netz entstanden, aus dem viele interkulturelle Initiativen hervorgegangen sind. Die Veranstalter wählen jedes Jahr ein Motto und gestalten ein zwei- dreiwöchiges Programm. Die Interkulturellen Wochen sind seit 1975 eine bundesweite Initiative – unterstützt und mitgetragen von Initiativgruppen, Gewerkschaften, Migrationsbeiräten und Integrationsbeauftragten, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Migrantenorganisationen und Kommunen an über 500 Orten in Deutschland.
Die Veranstaltungen und Aktionen der der Interkulturellen Wochen bieten wie jedes Jahr wieder ein buntes Angebot für Kinder und Erwachsene mit Konzerten, Filmen, Vorträgen, Kultur- und Begegnungsveranstaltungen und Informationsangeboten. Als Eröffnungsrednerin konnten wir Frau Gönül Yerli, die Vizedirektorin des Islamischen Forums in Penzberg gewinnen.
Zum diesjährigen Motto:
Die Flüchtlingsbewegungen der vergangenen Jahre, vor allem aber die große Zahl von Arbeitsmigranten haben dazu geführt, dass in Deutschland Menschen vieler unterschiedlicher Muttersprachen, Kulturen und Religionen zusammenleben. Dies ist eine weltweite Entwicklung, die mit der Globalisierung einhergeht. Wir leben in einem Einwanderungsland und unsere Gesellschaft hat sich größtenteils an ein interkulturell vielfältiges Zusammenleben gewöhnt. Fakt ist, dass Deutschland ohne Zuwanderung in den vergangenen Jahrzehnten nicht den heutigen Wohlstand erreicht hätte.
Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft war aber immer schon mit großen Herausforderungen verbunden – und zwar für alle Beteiligten. Darauf nimmt das bundesweite Motto Bezug und macht auf eine Dimension im Zusammenleben aufmerksam, die über Toleranz und Akzeptanz hinausgeht, nämlich "Zusammen leben, zusammen wachsen“. Wir wachsen, indem wir uns von unserem "fremden" Gegenüber eine Welt eröffnen lassen, die uns bislang unbekannt war. Der Dialog mit Angehörigen anderer Kulturen und Religionen erweitert unseren Horizont. Dabei geht es keineswegs um die Relativierung des eigenen Standpunkts, sondern um ein wertschätzendes, interessiertes Wahrnehmen des Anderen.
Dem Gegenüber mit Aufmerksamkeit und Respekt zu begegnen, trägt dazu bei, dass in unserer Gesellschaft Ignoranz, Abschottung und Hass überwunden werden. Weltweit rücken die Menschen im Zuge der Globalisierung, erhöhter Mobilität und nahezu uneingeschränkter Kommunikationsmöglichkeiten immer näher zusammen. Wir arbeiten daran, dass diese Entwicklung zu einem Wachstum in Richtung eines friedlichen Miteinanders über alle Unterschiedlichkeiten hinweg führt.
Wir als Veranstalter der Interkulturellen Wochen leisten dazu einen Beitrag, indem wir die direkte Begegnung von Menschen fördern. Das hilft, Vorurteile abzubauen und Ängsten zu begegnen. Lassen wir uns nicht anstecken von einem Klima der Angst, der Angst vor den "Anderen" und der Angst vor der Zukunft! Engagieren wir uns stattdessen für ein gutes Miteinander, gestalten wir unsere Gesellschaft mit Mut und Zuversicht!
Schwerpunkt-Themen der Interkulturellen Wochen sind heuer Asyl und Flucht, Frauen, Rassismus und erstmals auch das Thema Hate Speech. Hate speech oder hasserfüllte Äußerungen gegen Minderheiten sind aktuelle gesellschaftliche Problematiken und insbesondere im Netz allgegenwertig. Politiker, Journalisten, Migranten, Vertreter einzelner Religionen oder sozial Engagierte – kaum eine Gruppierung ist mittlerweile vor Anfeindungen im Internet sicher. Eine faire Debattenkultur fehlt dabei häufig und lassen Respekt & Anstand vermissen. Die Absender berufen sich auf die Meinungsfreiheit und nutzen das Internet mit seiner vermeintlichen Anonymität für ihre verbalen Attacken. Dabei ist Hass primär ein Gefühl und keine Meinung, auch wenn oftmals ein solcher Eindruck entstehen kann.
Da mittlerweile fast jeder von Anfeindungen im Netz betroffen sein kann, stellt sich die Frage, was mit einer Gesellschaft passiert, wenn sie dem „Hass“ nichts entgegenwirkt. Wie groß ist der Schaden für unsere Demokratie, was kann jeder Einzelne dagegen tun und wer steckt eigentlich genau hinter diesen oft anonymen Äußerungen?
Am 26.09.19 spricht der Politikwissenschaftler Florian Eisheuer von der Amadeu Antonio Stiftung im Landshuter Netzwerk über „Hate Speech“ – Hass im Netz und erläutert die negativen Aspekte digitaler Debattenkultur und ihre politischen Auswirkungen.
Am 09.10.19 wird Renate Künast im Pfarrheim St. Martin ihr Buch „Hass ist keine Meinung“ vorstellen. Die Politikerin ging in die Offensive, reiste zu den Absendern, suchte das Gespräch mit ihnen. „Hass ist keine Meinung – was die Wut in unserem Land anrichtet“ ist ein eindringlicher Debattenbeitrag.
Alle Veranstaltungen sind unter www.landshut-interkulturell.de zu finden. Mehr Info: 0871-31947480 Haus International