Landshut - pm (12.06.2022) Ende des Jahres 2021 erhielt der Fussballverein Sierra Leone FC den niederbayerischen Integrationspreis. Kurz danach wurde bekannt, dass fast alle Spieler von Abschiebung bedroht sind. Nicht nur den Spielern erging es so, sondern allen Sierra Leonischen Menschen in Bayern mit einer Duldung - Viele von ihnen schon seit 5 Jahren hier, im ständigen Kampf doch noch eine Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis zu bekommen.
Daraufhin startete das Protestcamp in München, welches seit über einem halben Jahr besteht. Auch in Landshut gab es seit dem zwei Demonstrationen. Eine noch in 2021 und eine zweite im Februar diesen Jahres. Von beginn an war eine der Hauptpunkte der Proteste die Praxis der intransparenten Botschaftsanhörung und den daraus folgenden Konsequenzen.
Diese persönlichen Anhörungen dienen dazu, durch Befragungen über Sprachkenntnisse, Aussprache, Dialekt und über Kenntnisse von Traditionen herauszufinden, ob die Personen aus Sierra Leone stammen. Werden den Vorgeladenen von der Delegation Reisedokumente ausgestellt oder wird ihnen unterstellt, aus einem anderen Land zu kommen, besteht die Gefahr einer baldigen Vollziehung der Abschiebung. Verweigern die betroffenen Personen, bei der Anhörung zu erscheinen, droht ihnen eine Zwangsvorführung durch die Polizei. Die Anhörungen werden gegen den Willen der Betroffenen durchgeführt, wodurch ein enormer psychischer Druck auf die ohnehin schon häufig traumatisierten Menschen ausgeübt wird.
Die unmittelbare Bedrohung einer Abschiebung wächst jeden Tag. Auch die Sierra Leonischen Mitbürger und Mitbürgerinnen aus Landshut kämpfen mit Sozialmittel-Kürzungen und einen Berg an bürokratischen Irrwegen. Diesen Problemen stehen sie oft allein gegenüber, da die Unterstützungsstrukturen in Landshut vollkommen ausgelastet sind und das auch nicht erst seit dem fliehende aus der Ukraine kommen. Die tägliche Angst der Menschen aus Sierra Leone, dass sie abgeschoben werden, ist ihre ständige Begleiterin.
Aus diesem Grund protestieren die "Seebrücke Landshut" und der "Sierra Leone Nationals Union e.V." in Landshut gegen die Abschiebung der Menschen nach Sierra Leone und in andere unsichere Herkunftsländer. Gemeinsam kämpfen sie gegen die fragwürdige Aufenthaltspolitik der bayerischen Staatsregierung. Denn die Botschaftsanhörungen sind Teil einer besonders eingeschränkten Asylpolitik des Freistaats.
Asylsuchende unterliegen in Deutschland der Mitwirkungspflicht zur Identitätsfeststellung (§ 15 Absatz 2 Nummer 4f. Asylgesetz). Wird dieser Pflicht aus Sicht der zuständigen Ausländerbehörde nicht genügend nachgekommen, hat die Ausländerbehörde verschiedene Sanktionsmöglichkeiten: Verweigerung der Arbeitserlaubnis, Kürzung von Leistungen bis hin zur Strafanzeige. Den Bayerischen Ausländerbehörden reichen vorgelegte Geburtsurkunden oft nicht aus, um der Mitwirkungspflicht Genüge zu tun. Viele Geflüchtete verlieren aufgrund der Sanktionen ihre Arbeitsstelle und erhalten nur noch Sachleistungen oder Gutscheine. Sie fordern sichere Flucht- und Migrationswege und ein Bleiberecht für alle Geflüchteten, wie ein Ausbildungs- und Beschäftigungsrecht.
Die Demonstration findet am Samstag, 18. Juni um 12 Uhr vor der Alten Kaserne (Niedermayerstraße 85, Landshut) statt und zieht von dort aus in die Innenstadt. Eine Abschlusskundgebung ist dann in der Landshuter Innenstadt ab ca. 15 Uhr geplant.