Aus dem US-Bundesstaat Illinois stammt sie, in Puerto Rico hat sie letztes Jahr gespielt, und wäre es nach ihren Eltern gegangen, hätte es Michelle Bartsch heuer im Sommer womöglich nach Österreich verschlagen. Denn die 23-jährige Außenangreiferin war bereit für einen Wechsel nach Europa – und in Dornbirn hat ihre Familie ein Haus. Es wurde aber dann Vilsbiburg, wohin Michelle wechselte. Und damit ist sie ganz zufrieden: „Das Team ist okay, die Liga hier hat eine gute Qualität" – und Dornbirn ist auch nur zweieinhalb Autostunden entfernt. Abgesehen davon hat Michelle Bartsch auch zu Deutschland einen persönlichen Bezug.
Denn ihre Großeltern haben hier gelebt. Doch der Familiengeschichte und auch den Besuchen in Dornbirn zum Trotz: Michelle sprach bis vor kurzem praktisch kein Wort Deutsch; in Vilsbiburg hat sie nun aber mit einigen Teamkolleginnen mit dem Sprachunterricht angefangen.
Ihren frisch angetrauten Mann Corbin hat Michelle nach Niederbayern mitgebracht, und auch wenn die Floskel vom Hochzeitstag, den man sein Leben lang nicht mehr vergessen wird, natürlich enorm überstrapaziert ist: Auf die Bartschs trifft dieser Spruch ganz sicher zu.
Denn als sie sich im Juni auf einem Weingut in Illinois das Ja-Wort geben wollten, setzte während der Zeremonie plötzlich sintflutartiger Regen ein und drohte das Zelt mit den 200 Gästen regelrecht wegzuspülen. Mut und Tapferkeit waren gefragt (und zwar schon vor Beginn der Ehe): Als die Wassermassen das Zelt fluteten, flüchteten Braut und Bräutigam auf einen Stuhl, um noch schnell das Ja-Wort über die Bühne zu bringen. Es gelang mit knapper Not, und der Rest der Feierlichkeiten wurde in ein benachbartes Gebäude verlegt.
Den Volleyballsport kennt Michelle aus verschiedenen Perspektiven. Sie hat auch schon als Trainerin eines Männerteams gearbeitet. In dieser Zeit hat die Neu-Vilsbiburgerin „tonnenweise Videos" mit schnellen, athletischen Sequenzen vom Männervolleyball gesichtet. Als sie danach wieder bei den Frauen war, sei ihr das eigene Niveau anfangs fast peinlich gewesen, erzählt Michelle Bartsch. Aber sie hat dann versucht, von ihrer Beschäftigung mit den Männern sportlich zu profitieren, „denn von der guten Technik der Jungs kann man auch als Frau eine Menge lernen".
Mit ihrem Gardemaß von 1,90 Meter hat die Rote Raben-Außenangreiferin jedenfalls das Potential, die Bundesliga-Konkurrenz massiv zu beeindrucken. Ziemlich groß sind in der Heimatstadt von Michelle Bartsch übrigens nicht nur volleyballspielende Frauen. In Collinsville steht – und das ist kein Witz – die größte Ketchup-Flasche der Welt. Gut 50 Meter ist sie hoch, hat eine eigene Homepage und einen offiziellen Fanclub.
Text/Bild. Rote Raben