Nürnberg - pm (17.01.2022) In einem Bündnis nie dagewesener Breite appellieren die Verbände des Bäder-, Sauna- und Kurwesens an die Bundesregierung und die Länderregierungen. Sie fordern Unterstützung für die in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohten Unternehmen ihrer Branche durch die derzeit geltenden Ramenbedingungen.
Herrn Bundeskanzler
Olaf Scholz
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin 17.01.2022
Betr.: Wirtschaftliche Notlage der öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen aufgrund der pandemiebedingten Restriktionen
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Olaf Scholz,
die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfordert Einschränkungen der Kontaktmöglichkeiten, solange nicht eine ausreichend hohe Impfquote für die sogenannte „Herdenimmunität“ sorgt. Wir haben daher Verständnis für die Maßnahmen der Bundesregierung und der Länderregierungen. Allerdings bringen sie unsere Betriebe in existentielle Nöte.
Das Instrumentarium der verordneten Kontaktbeschränkungen, von dem unsere öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen betroffen sind, reicht von der Anwendung der „2G“ bzw. der „2G+“-Regelung, verbunden mit einer Limitierung der Gästezahlen (z.B. max. 25% des Potentials), und der Untersagung von wirtschaftlich unentbehrlichen Dienstleistungsangeboten bis hin zu Teilschließungen und vollständigen Schließungen. Dabei haben sich unsere Anlagen als sichere Orte erwiesen, was durch diverse Studien (u.a. des Umweltbundesamtes und des Deutschen Instituts für Gesundheitsforschung) belegt ist.
Wir wollen unsere Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen auch unter schwierigen Bedingungen offenhalten, da sie einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge und Infektionsvorbeugung leisten – als Orte der Prophylaxe und Therapie, aber auch der sportlichen Aktivität, der Erholung und des familiären Miteinanders. Dies ist unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ohne erhebliche Umsatzeinbußen in Kauf zu nehmen, die bei fortlaufend hohen Kosten einen wirtschaftlichen Betrieb verhindern. Die derzeitigen Hilfsprogramme reichen nicht aus, das entstehende Defizit zu decken. Zudem greift die Überbrückungshilfe III+ nur für einen Teil der öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen, obwohl diese unabhängig davon, ob sie privatwirtschaftlich oder von der öffentlichen Hand betrieben werden, von den geltenden Restriktionen gleichermaßen betroffen sind.
Anträge auf Kurzarbeitergeld werden derzeit von der Agentur für Arbeit mit dem Hinweis abgelehnt, dass keine generelle Schließung der Einrichtungen verordnet wurde. Dass die angeordneten Limitierungen der Gästezahlen dem gleichkommt und ein Vollbetrieb unter diesen Konditionen für viele Anlagen wirtschaftlich nicht darstellbar ist, wird von der Agentur für Arbeit ignoriert.
Wir wenden uns daher an Sie als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, an die Bundesregierung und an die Regierungen der Länder mit der eindringlichen Bitte um eine wirkungsvollere Unterstützung der öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen, damit diese ihren Betrieb unter Pandemiebedingungen aufrechterhalten und dauerhaft sichern und drohende Insolvenzen abwenden können.
Konkret fordern wir:
▪ Anstelle der Überbrückungshilfe III+ müssen direkte Hilfszahlungen in den von den Restriktionen betroffenen Zeiträumen auf Basis eines Vergleichs mit den Durchschnittserlösen aus den entsprechenden Monaten der Jahre 2017 bis 2019 erfolgen. Dies gilt für die öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kur- einrichtungen (unabhängig von ihrer Betreiberform) und für abhängige Zuliefer- und Dienstleistungsbetriebe.
▪ Kurzarbeitergeld muss zügig und unbürokratisch gewährt werden, solange die Restriktionen einen Vollastbetrieb verhindern und Einrichtungen daher aus wirtschaftlichen Gründen den Betrieb einschränken oder einstellen müssen.
▪ Wir brauchen mehr Planungssicherheit durch bundesweit einheitliche Grundlagen für die verordneten Einschränkungen des Betriebs und längerfristige Ankündigungen von bevorstehenden Änderungen der geltenden Verordnungen. Es darf nicht sein, dass die einzelnen Bundesländer völlig unterschiedliche Maßnahmenpakete bei einer vergleichbaren pandemischen Lage anordnen. Es muss zudem regelmäßig geprüft werden, ob die bestehenden Restriktionen noch angemessen sind oder wieder gelockert werden können.
▪ Lange Betriebsschließungen und Unsicherheit in der Branche haben bereits zu einer massiven Abwanderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt. Der akute Arbeitskräftemangel in unserer Branche kann nur dadurch beseitigt werden, dass der berufliche Einstieg erleichtert wird. Dies gilt auch für die internationale Rekrutierung von Personal, die derzeit durch hohe bürokratische Hürden bei der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis behindert wird.
▪ Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten sind in vielen öffentlichen Bädern, Saunaanlagen und Kurbetrieben dringend notwendige Maßnahmen zur Sanierung und Modernisierung zurückgestellt worden. Wir brauchen daher wirkungsvolle Programme zur Investitionsförderung, um den immer größer werdenden Sanierungsstau abzubauen.
Die öffentlichen Bäder, Saunaanlagen und Kureinrichtungen erleben derzeit den zweiten harten Winter, der geprägt ist von Existenzängsten und extremen Einschränkungen im Betrieb. Bitte geben Sie gemeinsam mit der Bundesregierung und den Regierungen der Länder unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und nicht zuletzt auch unseren Gästen in den für Public Health und Sport so wichtigen Einrichtungen durch Erfüllung unserer Forderungen wieder eine Perspektive!
Mit vorzüglicher Hochachtung
Bäderallianz Deutschland
Prof. Dr. Christian Kuhn, Sprecher
Deutsche Gesellschaft für das Badewesen e.V.
Dr. h.c. Fritz Schramma, Präsident
Deutscher Heilbäderverband e.V.
Brigitte Goertz-Meissner, Präsidentin
Deutscher Saunabund e.V.
Prof. Dr. Carsten Sonnenberg, Präsident
European Waterpark Association e.V.
Dr. Klaus Batz, Geschäftsführer
IAB Internationale Akademie für Bäder-, Sport- und Freizeitbauten e.V.
Dipl.-Ing. Jürgen Kannewischer, Präsident
IAKS International Association for Sports and Leisure Facilities Deutschland e.V.
Prof. Dr. Robin Kähler, Vorsitzender
Arbeitsgemeinschaft Bäder Bayern
Michaela Franke, Vorsitzende
Arbeitsgemeinschaft öffentliche Bäder Baden-Württemberg e.V.
Necdet Mantar, Vorsitzender
Arbeitskreis Thüringer Bäder
Martin Fromm, Sprecher
Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern
Ulrich Langer, Präsident
Bayerischer Heilbäderverband e.V.
Peter Berek, 1. Vorsitzender
Gesundheits- und Kurorteverband Brandenburg e.V.
Ernst Volkhardt, Vorsitzender
Hessischer Heilbäderverband e.V.
Michael Köhler, Vorsitzender
Nordrhein-Westfälischer Heilbäderverband e.V.
Hans-Joachim Bädorf, Geschäftsführer
Sächsischer Heilbäderverband e.V.
Prof. Dr. Karl-Ludwig Resch, Präsident
Thüringer Heilbäderverband e.V.
Matthias Strejc, Präsident
Tourismus- und Heilbäderverband Rheinland-Pfalz e.V. Sektion Heilbäder und Kurorte in
Rheinland-Pfalz und im Saarland
Guido Orthen, Vorsitzender
Verband Deutscher Kneippheilbäder und Kneippkurorte
Achim Bädorf, Vorsitzender