Bayern - pm (26.10.2021) Als Abgeordneter, der mit viel Leidenschaft seine Arbeit macht, kann ich es nicht unwidersprochen lassen, wenn in der Öffentlichkeit durch die Initiative "Landtag abberufen" ein derart schräges Bild unseres Parlaments gezeichnet wird, so der Grüne Abgeordnete Toni Schuberl.
Es ist seit eineinhalb Jahren wohl kein Tag vergangen, an dem ich mich nicht mit dem Thema Corona befasst habe. Wir haben in unserer grünen Landtagsfraktion mit hochrangigen Expertinnen und Experten diskutiert, darunter waren Virologen, Psychologen und Intensivmediziner. Ein Kollege von mir, Andreas Krahl, -übrigens ein gebürtiger Freyunger-, war vor seinem Einzug in den Landtag Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin. Während der zweiten Welle ist er auf eine Intensivstation zurückgegangen, um dort beim größten Ansturm auszuhelfen. Er weiß, wie es auf den Intensivstationen zuging. Unsere gesundheitspolitische Sprecherin Christina Haubrich ist Krankenschwester und Heilpraktikerin. Wir hatten täglich Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern aus allen Bereichen, von der Gastronomie über den Einzelhandel, aus dem Schul- und Kindergartenbereich bis hin zu den Arbeitern in Kurzarbeit. Ich habe unzählige Debatten mit Corona-Skeptikern geführt und mir deren Links und Youtube-Videos angesehen. Dies alles gilt wohl für die allermeisten der 205 Abgeordneten des Bayerischen Landtags, die aus allen politischen Lagern und gesellschaftlichen Schichten kommen. Auch im Landtag verging kaum eine Sitzung, weder im Plenum noch in den unterschiedlichsten Fachausschüssen, in denen nicht über Corona in den unterschiedlichsten Themenfeldern debattiert worden ist. Wir Abgeordneten wissen Bescheid und treffen unsere Entscheidungen auf einer breiten Faktengrundlage.
Und diese Fakten haben für uns als Abgeordnete der demokratischen Fraktionen klar ergeben, dass Corona eine zu große Gefahr ist, als dass man tatenlos zusehen dürfte. Uns ist aber auch klar gewesen, dass jede Maßnahme zur Rettung von Menschenleben ihrerseits wiederum große Schäden und Leid verursacht. Das ist die große und schwierige Verantwortung, die Vor- und Nachteile umfassend abzuwägen, zu beschließen, Fehler wieder zu korrigieren, auf neue Entwicklungen zu reagieren und irgendwie das Land durch die Krise zu führen.
Wir haben kritisiert, wir haben Gegenvorschläge eingebracht, wir haben aufgezeigt, wo die Maßnahmen zu krass sind und über das Ziel hinausschießen, wir haben z.B. heftig deutlich gemacht, dass das Isolieren von Alten in den Altenheimen menschenunwürdig ist, woraufhin das beendet wurde. Und wir haben die One-Man-Show Söders scharf kritisiert, die Hinterzimmer-Entscheidungen angegriffen und eine saubere gesetzliche Grundlage verlangt. Wir haben unzählige Anfragen gestellt, Pressearbeit gemacht, es wurden sogar Klagen eingereicht. Wir haben nachgeforscht, wer sich bereichert haben könnte und jetzt einen Untersuchungsausschuss einberufen. Wir haben alles getan, was eine Opposition zu tun hat. Aber wir haben nicht die Gefährlichkeit des Virus geleugnet.
Die Initiative "Landtag abberufen" hätte auch einen Gesetzentwurf durch ein Volksbegehren einreichen können, mit dem das Volk die Corona-Maßnahmen aufheben oder teilweise aufheben oder verändern oder andere Maßnahmen beschließen könnte. Das tat sie aber nicht, sie wollte stattdessen den Landtag als Ganzes abberufen ohne eigene Vorschläge. Dies ist destruktiv und diente nur der Beschädigung unsere Volksvertretung und unsere Demokratie, indem man ihr pauschal die Funktionsfähigkeit und Legitimation abspricht.
Ich bin aufgrund der Mehrheitsverhältnisse häufig nicht zufrieden mit den Beschlüssen des Landtags, aber das ist Demokratie.