Am Donnerstag war Donautag in Straubing. Im Rittersaal des Stadtschlosses wurden vor geladenem Publikum weitere Einzelheiten aus der 33 Millionen Euro teueren EU-Studie bekannt gegeben. Wer sich Empfehlungen oder gar klare Aussagen erwartete, ob nun bei Aicha eine Donaustaustufe entstehen soll oder nicht, wurde enttäuscht. Ganz im Gegenteil, der interessierte Zuhörer musste sich über das Vorgetragene eher mehrmals wundern und obendrein gab es für den Bund-Naturschutz-Vorsitzenden, Prof. Dr. Hubert Weiger, noch einen Rüffel vor versammelter Mannschaft.
In die Frage des Ja oder Nein zum Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen mit einer Staustufe brachte bekanntlich erst kürzlich Bayerns Umweltminister Dr. Marcel Huber neuen Schwung. Vor laufenden Kameras erklärte er überraschend, dass er kein Fan einer Staustufe mehr sei. Auch sein Vorgänger Dr. Markus Söder wechselte in seiner Amtszeit als Umweltminister schon einmal seinen Kurs und empfahl ebenfalls die Variante ohne Staustufe.
Doch Minister gehen und die Probleme bleiben die gleichen. Zumal sich Bayerns Ministerpräsident Dr. Horst Seehofer bis heute nicht klar zu dem weiteren Vorgehen geäußert hat. Das Vorpreschen von Marcel Huber brüskierte jedenfalls weite Teile der Niederbayerischen CSU. Ex-Minister Herbert Huber (wohnhaft in Reisbach) ließ daran kein gutes Haar und forderte – ebenfalls vor laufenden Kameras – die Umsetzung der Variante C 280 nach der die Donau gestaut und mit einem Schifffahrtkanal durch die Mühlhamer Schleife begradigt wird.
Wie wirkt sich der geplante Donauausbau auf die Ökologie des Flusses aus und wie ist es um die Wirtschaftlichkeit für die Schifffahrt bestellt, wenn in die Natur eingegriffen wird? Diese Fragen standen im Mittelpunkt.
Eines wurde durch die Gutachter durch die Bank bestätigt: Die Variante mit Stauwehr und Stichkanal führt wesentlich größere ökologische Schäden nach sich, als der Ausbau nach Variante A ohne Staustufe. Die Auswirkungen betreffen insbesondere den Grundwasserhaushalt, sowie die Flora und Fauna.
Fest steht, dass der Bereich um die Isarmündung ein einmaliges Naturgebiet im Europäischen Raum darstellt, so Klaus Müller Pfannenstiel, der die ökologischen Untersuchungen, Auswirkungen und Kompensationsmaßnahmen für die Varianten A und C 280. erläuterte. Um bis zu 25 bis 65 cm wird sich der Wasserstand bei der Umsetzung der Variante C 280 erhöhen, was die Weichholzauen stark beeinflussen wird. Gerade der Kiebitz hat hier sein zu Hause. Das streift sogar Europäisches Naturschutzrecht. Das heißt, für den Vogel müssen anderswo entsprechend große Ausweichgebiete geschaffen werden.
Die Aufrechterhaltung des Grundwassers soll durch sogenannte Dichtwände erreicht werden. 6,4 Kilometer solcher Wände müssten entlang der Donau bis unter das Grundwasser in's Erdreich getrieben werden und zusätzlich soll ein neuer Gewässerlauf auf der rechten Seite im Bereich der Isarmündung dafür sorgen, dass der Grundwasserspiegel nicht beeinträchtigt wird.
Die Fischökologie der Donau sei äußerst wertvoll, räumte Gutachter Kurt Seifert ein, zuständig für die Fischökologischen Untersuchungen. Sie sei sogar von nationaler und europäischer Bedeutung. Doch beide Ausbauvarianten haben darauf erhebliche Auswirkungen, so Seifert. Bei der Variante C 280 seien sie sogar noch intensiver, da durch das Stauwehr bei Aicha die Fließgeschwindigkeit der Donau enorm reduziert unmd die Durchgängigkeit des Flusses reduziert wird. Um das zu kompensieren, sollen Umgehungsgewässer gebaut werden, über die die Fische weiterhin flussauf zu ihren Laichplätzen gelangen. Die Gutachter räumten auch offen ein, dass der Donauausbau massive Eingriffe in die Natur nach sich zieht.
Seiferts weitere Aussagen zur Reduzierung der Fließgeschwindigkeit konnten manche Zuhörer nur noch Kopfschüttelnd ertragen. Der Gutachter begann das Stauwerk Aicha ,samt seinen Auswirkungen auf die Fließgeschwindigkeit mit dem historischen Flussbild der Donau zu kompensieren. Früher floss die Donau in weiten Mäandern und Verzweigungen durch ihr damals komplett natürliches Flussbett. Natürlich mit einer geringeren Fließgeschwindigkeit als heute, in einer Zeit, in der die Donau da und dort begradigt wurde. Und eben diese historische langsamere Fließgeschwindigkeit, lässt sich mit einem Stauwerk wieder herstellen, so Seifert.
Die Gutachter räumten auch offen ein, dass der Donauausbau massive Eingriffe in die Natur nach sich zieht. Zwölf Hektar Kieslaichplätze gehen bei der Variante C 280 verloren. Für den Fachmann stellt dies eine enorme Größe dar. Zur Kompensation all dieser Schäden orientieren sich die Gutachter wiederum an der historischen Donau, als sie noch mehrere Nebenarme hatte. Daher sollen sechs neue Nebenflüsse entstehen, die je nach Wasserstand mit drei bis siebzehn Kubikmeter Wasser gefüllt werden. Diese bieten neue Lebensräume und gleich die Eingriffe in den Grundwasserhaushalt aus.
Da diese Nebenflüsse frei von Schifffahrt sein werden, gelten sie als Ausgleichsmaßnahme für die Eingriffe in die Natur. Und noch mehr: Die Donau kompensiert nach einem Ausbau der Variante C 280 sich selbst. Denn die Mühlhamer Schleife bleibt dann ebenfalls Schifffahrtsfrei und wird in die Kompensationsflächen mit eingerechnet.
Diskussionsbedarf wird es beim Thema Donauausbau weiterhin en masse geben. Zum einen setzte der Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd, Detlev Alster, pünktlich den Schlussvorhang über die Veranstaltung, zum anderen blieb tatsächlich vieles unbeantwortet.
Passaus Oberbürgermeister, Jürgen Dupper (SPD), erkundigte sich, ob die Gutachter klare Aussagen und Empfehlungen in Sachen Donausausbau geben können. Detlev Aster beantwortete diese Frage höchstpersönlich: Die Studie wird keine Empfehlung geben, sie dient rein zur Informationsaufbereitung. Die Empfehlung ist dann Sache der Politik.
So auch in Sachen Wirtschaftlichkeit des Donauausbaus. 9,5 Millionen Tonnen Güter sollen dann per Schiff auf dem Wasser transportiert werden. Die Gutachter gaben der Variante C 280 daher den klaren Vorteil, da die Schiffe ganzjährig mit einem größeren Tiefgang fahren können, was heißt, dass sie stärker beladen werden können.
Ein Vertreter des Verkehrsclub Deutschland rechnete vor, dass dies gerade mal einem Aufkommen von sechs bis acht Güterzügen am Tag entspricht, bzw. die Zunahme an LKWs auf der A3 marginal sei. Doch auch hier geben die Gutachter keine Antwort. Denn eine Vergleich zwischen Wasser, Bahn- und Lkw-Transport sei nicht Inhalt der EU-Studie. Diese beschränkt sich rein auf die Donau als Transportkorridor.
Ein kleiner Schlagabtausch spielte sich am Rande der Veranstaltung ab. Als Vertreter der Medien gegen Ende der Kaffeepause den Vorsitzenden des Bund Naturschutz Prof. Dr. Hubert Weiger, um ein Interview baten. Weiger gab gerade noch sein Statement im hinteren Bereich des 400 Quadratmeter großen Rittersaals in die Kameras und Mikrofone ab, als die Veranstalter mit der Fortsetzung der Vorträge begannen. Ziemlich harsch wurde das Intermezzo zwischen der Presse und Weiger per Mikrofondurchsage unterbrochen: „Es kann ja nicht sein, dass wir hier eine 33 Millionen Studie bearbeiten und Herr Weigert gibt Interviews!"
Letztendlich bleibt alles offen und eine Sacxhe der Politik sich für oder gegen einen Donau-Ausbau mit oder ohne Staustufe zu entscheiden, wenn Mitte Dezember die komplette EU-Studie zu dem Thema veröffentlicht wird.