Landshut. Wie bereits kurz berichtet, kamen am Sonntagabend gut 200 Interessierte zum Info- und Diskussionsabend der "Landshuter Runde" mit Theater-Intendant Stefan Tilch. Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, mit Tilch auf der Bühne sitzend, war anfangs als Moderatorin sichtlich beeindruckt über die vielen Besucher, darunter die Stadträte Ute Kubatschka, Robert Gewies, Hans-Peter Summer und Kirstin Sauter. "Förderer"-Vorsitzender Dr. Ernst Pöschl war gekommen, auch die Kulturbüroleiterin im Rathaus, Uta Spies, Dr. Konrad Weckerle, Regierungsdirektor a.D. Rolf Weber und nicht zuletzt Alt-OB Josef "Dick" Deimer, bestens vorbereitet mit zahlreichen Dokumenten zum Vertrag mit der Erbengemeinschaft Bernlochnerkomplex aus dem Jahre 1991.
Theater-Intendant Stefan Tilch und Mode- ratorin Prof. Dr. G. Goderbauer-Marchner.
Nein, über dieses zuletzt Schlagzeiten produzierende Vertragswerk wollte man an diesem Sonntagabend nicht direkt debattieren. Das ist jedoch nicht ganz gelungen. Denn Regierungsdirektor a.D. Weber ließ wissen, dass er in Sachen Theater und Vertrag drei Briefe an Ministerpräsident Seehofer, an den Kultusminister und auch an den Finanzminister geschrieben habe. Alle drei hätten jeweils bereits recht freundlich geantwortet. Die Briefe habe auch OB Rampf erhalten, aber (noch) nicht die Stadträte, wie sich heraustellte.
Alt-OB Deimer ergriff erst in der zweiten Diskussionsrunde spontan das Wort nachdem eine Besucherin an die hohen Schulden der Stadt erinnert hatte. Deimer schlüsselte die Schulden auf, er erinnerte an die Tatsache, dass die Stadt noch im Besitz der Stadtwerke und des Klinikums sei. Mit der "Bayerngrund" seien zahlreiche Baugrundstücke aufgekauft worden. Diese Grundstücke könnten jetzt gewinnbringend veräußert werden. Unter dem Strich habe Landshut sogar pro Kopf um 1000 Euro weniger Schulden als vergleichsweise Straubing oder Passau. Doch die Besucher wollten an diesem Abend keine Schulden-Debatte, sondern allein über die bestmögliche Interimslösung für die Zeit der Theatersanierung debattieren. Die ehemalige Wäscherei am Klnikum kommt da wohl nicht mehr in Frage. Theater-Intendant Tilch nannnte diesen von den Stadträten Schnur, Friedrich und Reichwein vorgeschlagenen Spielstandort als ebenso wenige brauchbar wie etwa die Sparkassenarena, das Zeughaus der "Förderer" oder die verwaiste Schlachthofhalle.
Nein, das bestehende Theater müsse nicht nur komplett saniert, sondern auch deutlich erweitert werden. Allein für die Belüftung benötige man 140 Quadratmeter extra. - Ute Kubatschka und Robert Gewies erinnerten an die bestehenden Beschlüsse des Kultursenats und des Stadtrats für eine Interimsspielstätte direkt beim bestehenden Theater, in der Baulücke an der Wittstraße. Doch Ute Kubatschka nannte auch das Veto der Regierung von Niederbayern gegen die Aufnahme von Krediten für die Sanierung.
Robert Gewies (li.), hier im Gespräch mit Dr. Konrad Weckerle, ist jedoch zuversichtlich, dass die Regierung für eine "abgesteckte Interimslösung" an der Wittstraße zu gewinnen sei. Auch Kirstin Sauter machte auf die bestehende Beschlußlage aufmerksam. Doch nach dem Bekanntwerden der Verträge aus 1991 mit der Erbengemeinschaft fehle plötzlich die "Rechtssicherheit" (Gewies).
Eine Besucherin (Gabi Saller) plädierte für einen Theater-Neubau auf dem alten JVA-Gelände. Schulleiterin Ursula Weger (Gymnasium Seligenthal) warb eindringlich für den Fortbestand des Theaters, nicht zuletzt als Kultur-Partner der Schulen. Ein anderer Besucher (S. Weimar) fragte provokant, warum sich der Stadtrat von der Erbengemeinschaft "unter Druck setzen läßt". Die Stadt habe doch eigene Baugrundstücke genug. Uta Spies mahnte im Zusammenhang mit der Theatersanierung auch eine konzeptionelle, inhaltliche Neuausrichtung des Landshuter Theaters an.
Unter dem Strich stellte sich heraus, dass die Stadt derzeit bei einem "schwebend ungültigen Vertrag" mit der Erbengemeinschaft nicht auf dem Gelände des Bernlochnerkomplexes eine Interimsspielstätte bauen könne, auch wenn diese förderfähig sei. Deshalt rückte Prof. Goderbauer-Marchner als Ausweichlösung ein Theater-Zelt auf dem Messegelände in den Vordergrund. Nach den Äußerungen der übrigen anwesenden Stadträte gibt es dafür wohl eine deutliche Mehrheit im Sonderplenum am Freitag, 15. März. Die Stadt hat anscheinend entsprechende Erkundigungen eingeholt. In Erfurt soll es ein vergleichbares Theater-Zelt der Spezialfirma "Zent-Event" geben. Rudi Senff, Geschäftsführer des Landestheaters Niederbayern, sprach von einem Zelt mit 400 Sitzplätzen, das jedoch durch nicht weniger als 71 Container ergänzt werden müsse. Diese Zeltlösung - angeblich zum Aufstellungspreis von ca. 400 000 Euro und einer Jahresmiete von 300.000 Euro - soll für zwei bis vier Jahre als Interimslösung dienen. Der Theaterbetrieb könne damit fortgeführt werden, auch ohne Orchestergraben.
Nein, begeistert sind die Theatermacher um Intendant Stefan Tilch über die Zelt-Lösung nicht. Sie favorisieren nach wie vor eine Interimsspielstätte direkt beim Theater. Wenn nur nicht dieser verflixte Vertrag aus 1991 wäre. Regierungsdirektor a.D. Weber will dleshalb enen weiteren Brief an den Bayerischen Innenminister Hermann schicken, um die Rolle der Regierung von Niederbayern bei diesem Vertrag herauszufinden. Die "Hammermeldung" über den angeblich "schwebend ungültigen Vertrag", so Prof. Goderbauer-Marchner, habe die Stadt zwar in eine schwierge Lage gebracht, doch "aus der Krise können wir alle gemeinsam lernen", so die CSU-Stadträtin.
Andreas Rauhmeier warb für eine differenzierte Vorwärtsstrategie. Die Stadt sollte drei verschiedene Lösungsmodelle gleichzeitig vorbereiten, um damit gegenüber der Erbengemeinschaft besser taktieren zu können. Dass die Besucher nicht besonders gut auf den Stadtrat insgesamt zu sprechen waren - hier fiel das Schimpfwort "Palaververein" - war durchaus nicht ungewöhnlich. Doch Alt-OB Josef Deimer wollte sich vorerst nur zur Verschuldung der Stadt in seiner 35-jährigen Amtszeit äußern. Er hatte zum Vertrag von 1991 sogar viele Originalunterlagen mitgebracht. In einem "SZ"-Artikel vom 18. April 1993 werden die Planungen der Stadt im Bernlochnerkomplex neben dem Theater ausführlich beschrieben und auch die Finanzierung wird haarklein aufgelistet. Deimer wörltich: "Wir bekamen für Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen von der Regierung sogar die vorzeitige Baugenehmigung."
Theater-Intendant Stefan Tilch gab in seinem Schlußwort eine persönliche Liebeserklärung zum Landshuter Theater preis. Es sei jetzt vor allem wichtig, den gortischen Knoten zu durchbrechen. Am Montag, 18. März, wird er im Rahmen einer Pressekonferenz Stellung zur Theater-Sondersitzung vom 15. März nehmen. Die Besucher gingen nicht hoffnungslos und auch nicht enttäuscht nach Hause. Dass Alt-OB Deimer auch mit dabei war, hat beeindruckt. Auch Regierungspräsident Heinz Grunwald wollte kommen, doch er wurde durch andere Verpflichtungen kurzfristig verhindert. /hs