Bis zum 15. April findet monatlich eine Countdown-Demo statt. Am vergangen Samstag war der Auftakt dazu. - Fotos: w. Götz
Landshut – gw (16.01.2023) Am 31. Oktober 1957 wurde mit dem Garchinger Atomei das erste Kernkraftwerk Deutschlands als Forschungsreaktor der TU München in Betrieb genommen. Am 15. April soll Schluss sein mit der kommerziellen Nutzung der Atomenergie. Dann wird auch Isar 2 vom Netz gehen. Ein breites Bündnis aus Politik und Umweltverbänden fiebern diesem Tag entgegen. Der Countdown bis zu 15. April wird mit Demos begleitet. Die erste fand am Samstag vor der Martinskirche statt.
Rund 150 Unterstützer waren bei der Kundgebung mit dabei. Viele hatten die klassischen „Atomkraft Nein Danke“-Fahnen dabei. Auch die ÖDP war optisch deutlich mit vielen Teilnehmern vor Ort. Landesvorsitzende Agnes Becker war als Hauptsprecherin des Tages angekündigt und hielt eine engagierte Rede für den Ausstieg aus der nuklearen Energieversorgung.
Nach den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima und einer langen Liste atomarer Zwischenfälle beginnen CSU, CDU, Freie Wähler, FDP und AfD wieder nach der Atomkraft zu schreien, kritisierte Agnes Becker und wollen weiterhin nach der gefährlichsten und teuersten Energie greifen, wie ein Junkie nach der Spritze. „Söder: I glaub Dei Huat brennt!“, quittierte Becker den aufflammenden Wunsch nach mehr Kernenergie.
Radioaktive Gefahren das ungelöstes Endlagerproblem, die Verhinderung von erneuerbaren Energien und Schelte an CSU/CDU/FW/FDP, AfD und Andi Scheuer - Agnes Becker brachte die Argumente für den Ausstieg auf dem Punkt.
Während Frankreich veraltete Reaktoren aus Sicherheitsgründen und Rissen in Rohrsystemen abschaltet, wurde in Deutschland auf die notwendigen Sicherheitsüberprüfungen seit 2019 verzichtet. „Während jedes Mofa, jedes Auto alle zwei Jahre zum TÜV muss, scheint das bei unseren Kernkraftwerken Wurscht zu sein.“ Aber auch die ungeklärte Entsorgung des atomaren Müll rückte Becker in den Fokus ihrer Rede: So schafft es die verantwortliche Politik nicht einmal die Zwischenlager – Industriehallen gefüllt mit Castoren – sabotagesicher zu machen. „Die Politiker schreien nach Laufzeitverlängerung, wissen nicht wohin mit dem Dreck aber produzieren fleißig neuen. Strom darf nicht auf Kosten der nächsten Generationen erzeugt werden.“
Klare Botschaft: "Söder i glaab dei Huat brennt!"
Agnes Becker stellte die Frage, „Warum müssen wir eigentlich hier sein?“ Wie wäre es gewesen, hätte sich Bayern vor 20 Jahren mit voller Kraft für den Ausbau erneuerbarer Energien entschieden? Wären dann heute Gas-, Öl- oder Kohleimporten aus Russland noch ein relevantes Thema?“ Statt dessen wird die Angst vor einem kalten Winter und Stromengpässen instrumentalisiert, eine neue atomare Agenda durchzudrücken. Daher setzt Becker auf erneuerbare Energien anstatt auf Gas aus Diktaturen.
Bayern aber hat mit der 10H-Regelung und Bürokratiemonstern den Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgreich verhindert, sprach Agnes Becker in Richtung der Münchner Staatskanzlei. Stattdessen fordert der Ministerpräsident die Atomkraft. „Alles muss ans Netz, was geht“ hieß es in einem Leitantrag der CSU im Oktober 2022.
Agnes Becker im Gespräch mit ÖDP-Stadtrat Dr. Stefan Müller Kroehling (r.). Links von ihr Bernd Wimmer von der ÖDP Kelheim. Aus dem Stadtrat waren auch Iris Haas und Hedwig Borgmann bei der Kundgebung dabei.
Auch an dem „kleinen Doktor aus Passau“, Andi Scheuer, ließ Agnes Becker kein gutes Haar. Er hat gerechnet 3+3+3! Die Lösung daraus lautet, die drei letzten AKWs weiterlaufen lassen, drei abgeschaltete wieder hoch fahren und drei neue bauen. „Dies sind die Ideologien der ewig Gestrigen, die mit ihren Hirnen an der Atomkraft kleben“, konterte Agnes Becker Scheuers Vorschlag.
Beckers Credo lautet, die Erneuerbaren auszubauen, dezentrale Energiespeicher zu fördern und vor allem Energie zu sparen. Das alles wäre schon lange vor Putins schrecklichen Krieg gegen die Ukraine notwendig gewesen. Keinesfalls darf laut Agnes Becker ein Tor aufgestoßen werden, das unverantwortliche atomare Risiko über viele Jahre zu verlängern. „Jede Kilowattstunde Atomkraft blockiert den Ausbau der Erneuerbaren Energien“, schloss Becker ihre Rede.
Robert Grashei fordert günstige Strompreise anstatt Spekulationsgewinne.
„Der Countdown läuft und ist nicht zu stoppen. Die Atomkraft muss nach dem 15. April Geschichte sein“, unterstrich Robert Grashei von der IG Metall. Auch er kritisierte die Allianz aus CSU/CDU und FDP, die an dem veralteten Prinzip festhalten wollen. „Wer keine Ideen für die Zukunft hat, muss in die Mottenkiste greifen.“ Keinesfalls dürfen neue Brennelemente besorgt werden, so Robert Grashei und erinnerte an die Gefahren der Hinterlassenschaften, die über eine Million Jahre sicher gelagert werden müssen. „Daher brauchen wir keine Politiker, die an alten Zöpfen festhalten.“ Stattdessen muss Strom nachhaltig und dezentral erzeugt werden und das zu bezahlbaren Strompreisen anstatt mit Spekulationsgewinnen.