Im Sommersemester 2015 veranstaltet die Studierendengruppe (in)visible borders in Kooperation mit dem Institut für interdisziplinäres Lernen eine Ringvorlesung mit dem Titel "Flucht und Gesellschaft" an der Hochschule Landshut. Insgesamt wird es 8 Vorträge geben. Am Mittwoch, 01. April, wird die erste Veranstaltung stattfinden.
Frau Anetta Kahane (Foto) von der Amadeu Antonio Stiftung referiert zum Thema: „Refugees Welcome - Wie gemeinsam Willkommenskultur gestaltet werden kann".
Die zweite Veranstaltungen folgt am Mittwoch, 08. April. Dr. Stefan Dünnwald (Foto) spricht zum Thema: „Europäische Flüchtlingspolitik nach Lampedusa"
Anetta Kahane ist Vorsitzende des Vorstands der Amadeu Antonio Stiftung. Sie ist aufgewachsen in Ost-Berlin und arbeitete als Lateinamerikawissenschaftlerin in der DDR. Als erste und einzige Ausländerbeauftragte des Magistrats von Ost-Berlin warnte sie eindrücklich vor den Gefahren des Rechtsextremismus. 1991 gründete sie die RAA e.V. für die neuen Bundesländer (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie). Als Geschäftsführerin engagierte sie sich hier u.a. für Demokratisierungsprozesse an Schulen und interkulturelle Pädagogik. 1998 gründet Anetta Kahane die Amadeu Antonio Stiftung, deren Kuratoriumsvorsitzende sie war. Seit 2003 ist sie hauptamtliche Vorsitzende der Stiftung. Im Sommer 2002 wurde Anetta Kahane mit dem Moses- Mendelssohn-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet.
Geflüchtete in Deutschland erleben alltäglichen Rassismus und gesellschaftliche Ausgrenzung. Der beste Schutz gegen rassistische Übergriffe und Isolation sind Willkommensinitiativen, die Flüchtlinge im Alltag unterstützen. Möglichkeiten des zivilgesellschaftlichen Handelns für eine gelungene Willkommenskultur beschreibt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, in ihrem Vortrag.
Stephan Dünnwald: „Europäische Flüchtlingspolitik nach Lampedusa" - Der Tod hunderter Flüchtlinge vor der italienischen Insel Lampedusa im Oktober 2013 ist eine der Zäsuren in der Flüchtlingspolitik Europas. Viele Politiker zeigten sich geschockt und beteuerten, Lampedusa dürfe sich nicht wiederholen. Heute wissen wir es besser. Der Vortrag greift einige wesentliche Aspekte des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) auf, das Dublin Verfahren, die Frage einer Teilung der Verantwortung für Flüchtlinge, und den Widerspruch zwischen Flüchtlingsschutz und Grenzsicherung. - Dr. Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat und Labor für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung an der Uni Göttingen.
Zum Thema:
Die Auflösung von Grenzen in einer globalisierten Welt ist eine Illusion, die sich als obsolet erweist, sobald man sie vor dem Hintergrund der politischen Umgangspraxen mit geflüchteten Menschen und der entsprechenden politischen wie gesellschaftlichen Diskussion über Migration betrachtet. Vorteile entstehen lediglich für den von globalen Konzernen betriebenen kapitalistischen Warenverkehr, wie für Angehörige privilegierter Staaten. Das Versprechen einer weltweiten Nivellierung des Wohlstands, wird durch die schonungslose Realität anwachsender kriegerischer Konflikte negiert. Die vollendete Negation emanzipatorischer Entwicklung findet in den grenzenlosen Kämpfen fundamentalistischer Gruppierungen und mörderischer Racket-Herrschaften auf tragische Weise zu sich selbst.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Verwerfungen in den arabischen und afrikanischen Staaten, lässt sich Migration immer weniger steuern. Dennoch versuchen die westlichen Staaten, vor Krieg und Terror geflüchteten Menschen, weiterhin in alt bekannter Manier mit Ausgrenzung und Ausschluss zu begegnen. In der medialen wie politischen Vermittlung dieser Bewegungen sind dabei vermehrt kulturalistische Ressentiments zu finden, die in unverholen rassistischen Szenarien vor Überfremdung warnen, migrationsgesellschaftliche Realität ausblendend.
Im Rahmen der Ringvorlesung, die in Kooperation der Studierendengruppe (in)visible borders mit der Fakultät Soziale Arbeit entstand, soll es darum gehen durch Vorträge eine Plattform für eine kritische Auseinandersetzung mit ideologisch aufgeladenen Praktiken gesellschaftlicher Exklusion zuschaffen.