"Die Europawahl eignet sich nicht für eine Denkzettelwahl, dafür ist sie zu wichtig", mahnte der Spitzenkandidat der niederbayerischen FDP, der Eggenfeldner Siegfried H. Seidl, bei einer Wahlveranstaltung der FDP Landshut im Augustiner Bräu, bei der auch Landesvorstandsmitglied Nicole Bauer aus Velden zu Gast war.
Bei allen Diskussionen über Wirtschafts- und Finanzfragen und bei aller berechtigten Kritik über Ausuferungen der EU-Bürokratie, dürften wir den Grundgedanken nicht aus den Augen verlieren, erläuterte Seidl. "Europa ist ein großartiges Projekt, das für Frieden, Freiheit und Wohlstand steht. Dennoch sind viele Menschen unzufrieden mit der Europäischen Union", meinte Seidl und lieferte auch die Begründung dafür. Viele Mängel und Probleme seien dadurch entstanden, dass Europa noch lange nicht fertig ist, denn das Jahrhundertprojekt Europa stehe auf halbem Wege. Seidl fand dafür eine griffige Metapher: "Wenn man versucht einen Fluss zu überschwimmen und kommt in der Mitte an, steht man vor der Entscheidung: Schwimmt man zügig weiter, oder kehrt man um?" Die denkbar schlechteste Lösung wäre es seiner Meinung nach auf der Stelle zu verharren, denn dann treibt man stromabwärts, oder ertrinkt im schlimmsten Fall.
Die Politik in Brüssel und Straßburg muss laut Seidl unbedingt transparenter werden. "Die Menschen lehnen Dinge ab, die sie nicht verstehen". In dem Zusammenhang kritisierte er die CSU, deren Wahlwerbung auf dem Slogan beruht: "Wählen Sie Bayern." Information über politische Entscheidungsprozesse findet dabei kaum statt. Andere Mitbewerber hingegen setzen vor allem auf das Schüren von Ängsten. Die Liberalen setzen auf sachliche Information und Aufklärung, denn als überzeugte Europapartei ist die FDP in der Pflicht, Antworten zu geben und Lösungen zu bieten.
Als wichtigste Ziele der Liberalen für die nächste Legislaturperiode des Europaparlaments nannte Seidl das Hinwirken auf eine Neujustierung europäischer Zuständigkeiten. So wäre aus seiner Sicht "Mehr Europa" in Fragen der Energiepolitik oder der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wünschenswert, hingegen sollte sich die EU aus vielen Bereichen zurückziehen, die auch national geregelt werden können.
Der Landshuter FDP-Kreisvorsitzende Alexander Putz leitete die anschließende Diskussionsrunde, zu der die Gäste zahlreiche kritische Nachfragen und Anmerkungen beisteuerten. Ein Teilnehmer äußerte seine Sorge, dass die Verschiedenheit der nationalen europäischen Kulturen durch ein zu viel an Harmonisierung unter die Räder kommen könnte. Andere Diskussionsbeiträge betrafen die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik und die aktuelle Krisensituation in der Ukraine. Landesvorstandsmitglied Nicole Bauer bedauerte das aktuell vorhandene geringe Interesse der Bevölkerung an den Europawahlen. "Die Politik ist in der Pflicht, die Menschen wieder mehr für Europa zu begeistern", meinte sie und verwies auf den Wahlslogan auf einem der FDP-Plakate "Offene Grenzen – Offene Herzen".