Die Rottaler Kreishauptstadt Pfarrkrichen (12.000 Einw.) - hier das Rathaus mit dem Wimmer-Roß-Denkmal davor - wird Europa-Hochschulstadt.
Es ist richtig, dass der Regierungsbezirk Niederbayern mit 1,2 Millionen Einwohnern im Vergleich etwa zum kleineren Nachbarbezirk Oberpfalz (1,1 Mio. Einw.) gut 10.000 Studenten weniger hat. Jetzt aber bekommt Niederbayern in der 12.000 Einwohner kleinen Kreisstadt Pfarrkirchen eine vierte Hochschule neben Deggendorf (5.500 Studenten), Straubing (500) und Landshut (4.700). Die Universität Passau hat 11.000 Studierende.
Die neue Hochschule im Rottal soll spezuiell eine "Europa-Hochschule" mit am Ende gut 2.000 Studienplätzen werden. Schon 2015 soll, so ließ es Ministerpräsident Seehofer vekünden, der Lehrbetrieb aufgenommen werden. Die neue Hochschule im Rottal wird quasi eine Außenstation der Deggendorfer Hochschule. Die lokalen und regionalen Abgeordneten aus dem Stimmkreis Landshut wurden von dieser Entwicklung völlig überrascht. Die Frage ist die, warum die neue "Europa-Hochschule" im nur 65 km entfernten Pfarrkirchen nicht an die Hochschule der Bezirkshauptstadt angegliedert wird. Die erst 1994 gegründete Hochschule in Deggendorf (33.000 Einw.) wurde ja bereits zusätzlich mit dem Prädikat Technische Hochschule angezeichnet. Deggendorf hat die schon 1978 gegründete Landshuter Hochschule an Bedeutung und bei den Studentenzahlen überflügelt.
1978 wude ja auch die Universität in Passau (50.000 Einw.) gegründet. Damals war der Landshuter Oberbürgermeister Josef Deimer (OB von 1970 bis 2004) vergeblich bemüht, die erste und einzige niederbayerische Universität in die Bezirkshauptstadt Landshut zu holen. Die üppigen Grenzland-Fördergelder für den Neubau und Ausbau der Uni in der Dreiflüssestadt Passau gaben angeblich den Ausschlag für die Stadt mit dem Bischofssitz, wo zudem mit der Passauer Neuen Presse (damals Herausgeber: Hans Kapfinger) eine sehr dynamische und kämpferische Presse am Werk war. Deimer hat noch Jahre später - 1989 im Bayerischen Senat - versucht, im Kooperation mit Ingolstadt und Kempten jeweils universitäre Einrichtungen (z.B. Ingenieurwesen, Informatik, Betriebswirtschaft) im Zuge einer gewissen Dezentralisierung der Münchner LMU auch nach Landshut zu holen. Josef "Dick" Deimer war damals immerhin auch noch zusätzlich Senator und einflußreicher Präsident des Bayerischen Städtetags. Es ist Deimer jedoch wenigstens gelungen, das Klinikum Landshut zu einem Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilian-Universität München zu machen, jene Uni, die von 1800 bis 1826 ihren Sitz in Landshut hatte.
In Pfarrkrichen sollen vor allem Studenten aus dem benachbarten Österreich, aus Tschechien und Polen studieren. 1972 wurde Pfarrkirchen erst die neue Kreisstadt des derzeit 117.350 Einwohner großen Landkreises Rottal-Inn. In der ehemaligen Kreisstadt Simbach am Inn (9.600 Einw.) ist der Grenzübergang zum österreichischen Braunau (16.300 Einwohn). Die größte Stadt des Landkreises Rottal-Inn ist jedoch Eggenfelden mit 13.200 Einwohnern. Pfarrkrichen ist vor allem durch das dortige Möbelhaus WEKO bekannt und aus Pfarrkirchen stammt der Olympiasieger von 1972 im Skeet-Schießen, Konrad Winhier. Unweit von Pfarrkirchen (Parzham) wurde der Heilige Bruder Konrad (gestorben 1894) geboren, der zeitlebens Pförtner im Altöttinger Kapuzinerkloster war.
Pferdefreunden ist Bayerns älteste Trabrennbahn in Pfarrkrichen, wo vor dem Rathaus das sog. Wimmer-Roß steht, wohl bekannt, wenngleich längst die Hochburg dieses Pferdesports in Straubing (44.000 Einw.) beheimatet ist.
Man wird sehen, ob und wie die neue vierte niederbayerische Hochschule die gesamte Hochschullandschaft in Ostbayern tangiert. Landshut erwartet zum Wintersemester (1. Oktober) erstmals über 5.000 Studenten. Erst vor wenigen Wochen hat die Hochschule Landshut mitten in der Altstadt, im ersten Stock über Brillen Fielmann, Ecke Rosengasse, neue Büro- und Vortragsräume eröffnet. Künftig will sich auch der neue Landrat Peter Dreier (48) verstärkt für die Belange der Landshuter Hochschule einbringen. Bildung ist ja ein absolutes Schwerpunktthema des am 1. August neu beim Lanratsamt installierten Büros für Regionalmanagement, das mit zwei weiblichen Fachkräften die Tätigkeit augenommen hat. /hs