In einem recht kritischen Offenen Brief wendet sich Stadtrat Lothar Reichwein an Oberbürgermeister Hans Rampf. Es geht um die Hilfeleistungen der Einsatzkräfte beim Hochwasser in Mitterwöhr. Reichwein war dort nachweislich umfangreich, vielfältig und sehr persönlich im Einsatz. Er fordert jetzt sogar einen Untersuchungsausschuss bezüglich des „gefährlichen" Abwasserkanals und der mangelhaften Einsatzkoordination der Integrierten Leitstelle Landshut (ILS). Da müsse "alles auf den Prüfstand und dann sofort verbessert werden".
Reichwein: "Jeder Stadtrat, der dies nicht unterstützt, verweigert den optimalen Schutz für unsere Bürger."
Er, Reichwein, lasse sich "lieber Platzverweis geben, bevor ich Kaffeeholer werde". - "Das kann Du auch schreiben", so der Stadtrat an die Rundschau-Redaktion.
OB Rampf hat am Dienstag (11.6., 16 Uhr) im Werksenat eine Sonderplenarsitzung des Stadtrats für September zum Hochwasser bzw. zu den Einsätzen der Hiflsorganisationen vor allem im Bereich Mitterwöhr angekündigt. Jeder sollte ein Mail an die Stadt schicken, wenn er dazu Lob, Kritik, Verbesserungsvorschläge usw. zu berichten habe.
Hier der Offene Reichwein-Brief an OB Rampf im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
vorsorglich von zu erwarteten Vorwürfen der ILS (Integrierten Leitstelle Landshut - Tel. 112) und zum Anstoßen der Aufarbeitung der Geschehnisse im Stadtteil Mitterwöhr möchte ich folgende Erklärung abgegeben:
Es ist richtig,
- dass ich, durch die Radiomeldungen alarmiert, am Montag, 3.Juni, nach Mitterwöhr in das Stadtviertel gefahren bin und mit vielen Betroffenen gesprochen habe.
- dass ich dann ca. 1 Stunde nach Ihrem Montag-Ortsbesuch, Sie telefonisch erreichen wollte und über Herrn Link und per Email energisch verlangt habe, den Katastrophenalarm nach Bedrängen und Bitten der betroffenen Bürger und auch der Helfer auszulösen. Nach 60 Mminuten war es dann soweit und es war für viele der erste Schritt einer erkennbaren Hilfe.
- Es ist richtig, dass ich am Dienstag nach den verzweifelten Bitten der Anlieger eine große Pumpe zum Absagen des Straßenwassers, dass unaufhörlich aus den Kanälen kam, auf „eigene Faust" angefordert und am Überlauf bei der Adenauerbrücke montieren ließ. Von da ab, wurde der Wasserstand in der Breslauerstraße geringer. Am nächsten Tag waren zum Glück eine weitere große KKI Pumpe und FW Pumpen vor Ort. Eigentlich hätte man die unteren Kanalschächte provisorisch verschließen müssen. Aber es war kein Ansprechpartner vor Ort.
- Es ist richtig, dass ich das Wasserwirtschaftsamt angerufen und gebeten habe, nach Uferabbruch südöstlich dieses zu besichtigen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Diese waren umgehend vor Ort und auch, wie alle angrenzenden Hausbesitzer, sehr beunruhigt über diesen ersten „Isarübergriff".
- Es ist richtig, dass ich unser Tiefbauamt aufgefordert habe, dass Sie mit Unterlagen des Kanalnetzes in die untere Breslauerstraße kommt. Diese Mitarbeiter kamen unverzüglich und konnten hier die ausströmenden Kanalwasser feststellen. Hier lief das Wasser bereits über die Parkplatzschwelle in den Auenwald.
- Es ist richtig, dass eines meiner Fahrzeuge für die betroffenen Anwohner eine begrenzte Anzahl von Sandsäcken von der Hauptfeuerwache sowie meine eigene Tauchpumpe und ein Stromaggregat holten. Viele Bürger waren nicht in der Lage, das selbst zu tun, was alle Anwesenden sehr ärgerte: Ein Traktor mit Anhänger, beladen mit hunderten von notwendigen Sandsäcken, fuhr in die untere Breslauerstraße ein, drehte am unteren Parkplatz um und fuhr ohne Anzuhalten und Nachzufragen wieder zur Konrad-Adenauerstraße zurück?!
- Es ist richtig, dass ich vom „Krisenmanagement" der ILS am Montag und Dienstag als Zeitzeuge zu keiner Phase überzeugt war. Allein die telefonische Weitervermittlung von Zuständigkeiten, die ich am Dienstag in meinem Fraktionsbüro erlebte, war schon sehr bedenklich.
- Es ist auch richtig, dass ich bei den anwesenden Helfern immer wieder um Maßnahmenentscheidungen und Lösungen Ihrer Vorgesetzten nachfragte. Diese traf ich dann später an, wenn der Oberbürgermeister zur Ortsbesichtigung erwartet wurde. Leider waren Sie einem „nur" Stadtrat gegenüber nicht sehr auskunftswillig. Nicht einmal Ihren Namen wollten Sie sagen?!
Doch allen ehrenamtlichen Helfern, die vor Ort waren, muss und will ich größtes Lob und Anerkennung aussprechen.
Sie haben getan, was menschenmöglich war oder von der ILS bzw. Vorgesetzen bewilligt wurde.
Wäre ich am Montag bei der notwendigen Abschaltung des Stromnetzes und dem mir berichteten vorzeitigen Wegfahren der 3 bis 4 Notstromanhänger bereits vor Ort gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich noch etwas mehr in die Organisation der ILS zum Wohle der betroffenen und hilflosen Bürger eingemischt. Diese wurden nach vielen Berichten mit Ihren Elektropumpen und ohne Stromversorgung unerwartet im Stich gelassen. Hierbei entstand der größte Schaden durch viele, viele kaputte Heizungsanlagen und Kellereinrichtungen. Andere, die bereits Notstromaggregate hatten oder rechtzeitig im Baumarkt noch kaufen konnten, haben dies nachweislich verhindert.
Abschließend ist für alle jetzt wichtig, dass diese Ereignisse und Entwicklungen sowie der von den Anwohnern als das verantwortlich gemachte neue Abwasser mit Überlaufbecken umgehend geprüft und ausreichend für weitere Hochwasser verbessert werden. Bezüglich meines „Einmischens" würde ich es als Bürger und Stadtrat von Landshut jederzeit wieder so machen. Bitte geben Sie das Ihrer ILS zur Kenntnisnahme weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Reichwein, Stadtrat