Jürgen Wachter, FDP - Foto: W. Götz
Landshut – gw (22.03.2021) Für Jürgen Wachter war es sozusagen das erste Mal. Das erste Mal bei den Vorberatungen zum Haushalt vor zwei Wochen dabei zu sein. Und wie es beim ersten Mal so ist, „malt man sich das erste Mal in seiner Phantasie in buntesten Farben aus“, gab er unumwunden zu. „Und wie beim ersten Mal, war dann doch alles ziemlich schnell vorbei.“ Und dabei ging es für Wachter „nicht um...
… das Thema, wie wir das wenige Geld am sinnvollsten einsetzen, sondern es ging im Wesentlichen darum, wofür wir Geld, das wir gar nicht haben und Schulden, die uns niemand genehmigen wird, ausgeben wollen.“
Doch Jürgen Wachter vertritt für die FDP die Ansicht, dass man nicht noch mehr Schulden machen,darf als man zurückzahlen kann und dass bei nahezu Null Zinsen alles kein Problem sei. „Wer so denkt, löst keine finanziellen Probleme. Er schenkt sie nur seinen Kindern.“ Keineswegs dürfe man das „Geschwätz“ der Aufsichtsbehörde ignorieren, die dazu mahnt die Finanzen nicht nur im Auge sondern auch im Griff zu behalten.
Den Vorschlag, einen Teil des Messegeländes zu verkaufen, um das Stadttheater zu finanzieren, erteilt Jürgen Wachter eine klare Absage. Denn damit zerstören wir unser Messegelände. Lakonisch regte Wachter den Gedanken an, man könne ja auch darüber nachdenken, das Areal am Bernolochnerkomplex zu verkaufen. Damit könne man eventuell an anderer Stelle ein neues Theater finanzieren. Vielleicht auf dem Gelände der Messe?
Nachdem die staatlichen Ausgleichszahlungen im vergangenen Jahr hereinsprudelten, meinen Optimisten, wir bekommens auch in diesem Jahr. Und Pessimisten meinen, man gewinnt nicht zweimal hintereinander im Lotto.
Da hält sich Jürgen Wachter lieber an die Realisten in der Kämmerei, die sagen, lasst uns erst mal mit dem vorhandenen Geld arbeiten und wenn doch noch mehr dazukommt, dann sehen wir weiter.
Als Realist sieht Jürgen Wachter mit seiner Kollegin Kirstin Sauter, dass die 45 Millionen Euro Schulden, die für die Schulneubauten aufgenommen werden, kein Geschenk sind, sondern in der langfristigen Planung zurückgezahlt werden müssen. Zudem gibt es im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, Kinderbetreuung, Wohnungsbau und für das Klinikum zusätzlichen Investitionsbedarf.
Was die Bundesmillion für das Stadttheater anbelangt, hat Jürgen Wachter eine eigene Interpretation: „Eine Million bei geschätzten Kosten von 80 Millionen. Sorry, aber das ist höchstens ein starkes Signal, dass wir ihnen wurscht sind. Selbst wenn wir die Fördersumme auf rund 50 Millionen ansetzen, sind das gerade mal zwei Prozent. Da bekommt man von jedem Handwerker mehr Skonto.“
Jürgen Wachters Zusammenfassung zum Theaterprojekt: Wenn man das Investitionsvolumen mit den geschätzten Steuereinnahmen in Relation setzt, braucht man eigentlich über solche Dinge wie ein Stadttheater - zumindest momentan nicht - nachdenken.
Doch der Optimist Wachter sieht noch eine weitere Variante: Der Freistaat erstattet auch 2021 sämtliche Gewerbesteuerausfälle und legt großzügig nochmals ein oder zwei Millionen oben drauf, so dass die Stadt über 20 bis 25 Millionen an Mehreinnahmen verfügt, was macht dann Sinn? „Ein neues Theater oder eine Westtangente?“
Jürgen Wachter hadert auch mit einer anderen Sache: Mit der Sache der staatlichen Förderungen. Für Schulen beträgt der Satz 50 bis 60 Prozent, für einen Theaterneubau liegt er bei 75 Prozent. Besser wäre es für die Stadt anders herum, das würde deutlich mehr Luft für andere Investitionen verschaffen.
Düster sieht Wachter die Zukunft, wenn er sieht, was alles auf 2025 und später verschoben wird (In Klammern der jeweilige Eigenanteil der Stadt): Sanierung St. Wolfgang (4 Mio.), Sanierung und Erweiterung Grundschule Karl Heiß (2,5 Mio.), Sanierung Grundschule Nikola (2,5 Mio.), Generalsanierung der FOS (7 Mio.), Sanierung Maschinenbauschule (2,5 Mio.), Sanierung Rathaus I (17 Mio.), Sanierung städtischer Wohnanlagen (5 Mio.). Die Liste könnte Jürgen Wachter noch um ÖPNV und Radwege ergänzen und noch lange weiterführen.
Daher plädiert der FDP-Mann für eine ganz klare Reihenfolge: 1. Bildung, 2. Infrastruktur, 3. Nice to have. „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Wir sind nicht gegen ein neues Theater. Wir sind nicht gegen die Westtangente. Wir sind nur gegen wirtschaftlichen Selbstmord."
Die FDP kündigte an, dem Haushaltsplan zuzustimmen.
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