Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Herr Rampf,
Sie werden im Wochenblatt (Ausgabe vom 27.1.2016) mit der Aussage zitiert: "ich bin stinksauer auf die hiesigen Landtags- und Bundestagsabgeordneten, denn die sind doch eigentlich zuständig für das Problem." - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, es ist mir absolut ein Rätsel, wie Sie auf diese wahrheitswidrige Behauptung kommen, wenn Sie damit das Problem fehlender Unterstützung für die Kommunen ansprechen. Bündnis 90/Die Grünen haben sich immer wieder und mit vielen Anträgen im Bundestag für die Unterstützung der Kommunen in der Wohnraumfrage eingesetzt. Insbesondere bei den Programmen für die Ausweitung von sozialem Wohnungsbau.
Und dies in der Regel im engen Schulterschluss mit den kommunalen Spitzenverbänden. Die CSU als Regierungspartei hat diese Anträge regelmäßig zurückgewiesen.
Wahrheitswidrig ist auch, Grüne und ich persönlich seien verantwortlich für die vollkommen unzureichende Art, mit der bisher Asylanträge behandelt wurden und die zu der skandalös hohen Zahl an offenen Asylantragsfällen geführt haben. Die viel zu geringe Personalausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist klares Regierungsversagen, nicht zuletzt eingestanden durch den Wechsel an der Spitze der BAMF. Ich bedauere außerordentlich, dass durch Ihre Aussagen, genauso wie durch die Fahrt von Landrat Dreier mit der pauschalen Anschuldigung an die "Berliner Politiker", der Eindruck entsteht, dass im Bund die Kommunen keinerlei Unterstützung bekommen. Denn wir stimmen bei der Frage, wie die Kommunen unterstützt werden können, nicht nur in den Zielen, sondern oft auch in den erforderlichen Maßnahmen überein.
Wenn Sie allerdings meinen, dass ich persönlich für die Anzahl an Flüchtlingen "zuständig" bin - und das suggerieren Ihre Einlassungen - dann liegen wir in der Bewertung der aktuellen, sehr schwierigen Lage meilenweit auseinander. Dies gilt ganz besonders, wenn Sie kritisieren, dass ich mich an die Verpflichtung zur Hilfe für Verfolgte im Grundgesetz mit dem Grundrecht auf Asyl, an die EU-Konvention für Menschenrechte und an das Völkerrecht gebunden fühle. Sie werden mich nicht von meinen ethischen Werten und Überzeugungen abbringen können.
Umso mehr bin ich erstaunt, wie wenig sich Mitglieder von Parteien, die sich als "christlich" bezeichnen, an christliche Werte gebunden fühlen. Ihre Forderung "Die Grenzen dicht machen", sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verurteile ich scharf. Mit der Forderung nach Zurückweisung von Flüchtlingen ("Obergrenze") rufen Sie offen zum Bruch der Verfassung und des Völkerrechts auf. Und stellen damit darüber hinaus eine Forderung auf, die Deutschland eine der Grundlagen seines wirtschaftlichen Erfolgs und damit Wohlstands entziehen würde. Die Wirtschaft spricht da eine ganz andere Sprache. Die Wirtschaft fordert offene Grenzen. Und Sie machen sich mit der Forderung nach einer Schließung der Grenzen die undifferenzierte Sprache des Stammtisches zu eigen.
Wir als Verantwortliche müssen gerade in diesen schwierigen Zeiten den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder erklären, dass es keine einfache und schnelle Lösung geben wird. Das ist auch meine zentrale Kritik an der Bustour von Landrat Peter Dreier.
Nein, es wird darauf ankommen, an den vielen Baustellen zu arbeiten: die Ursachen für Flucht zu bekämpfen, den Flüchtlingen ein Leben in den Unterkünften nahe ihren Heimatländern - also in der Türkei, im Libanon, in Jordanien - zu ermöglichen, und für Flüchtlinge in Deutschland eine schnelle Integration zu organisieren. Die Stadt Landshut hat u.a. mit der Schaffung eines runden Tisches beispielgebend reagiert. Da müssen wir anknüpfen und weitermachen! Und natürlich ist das Ziel, die Anzahl der Flüchtlinge zu verringern - aber nicht unter Missachtung von Grundrechten sondern unter Wahrung eines rechtsstaatlichen Rahmens - bei aller Flexibilität, die wir in Abwägung der manchmal konkurrierenden Ziele auch in Hinblick auf die Abläufe und Vorgehensweisen an den Tag legen wollen.
Bei der gegebenen Problematik müssen auf kommunaler Ebene mehr Flächen für sozialen Wohnraum ausgewiesen und Unterkünfte für Flüchtlinge bereitgestellt werden. Eine Knappheit an günstigem Wohnraum gab es schon, bevor eine hohe Anzahl geflüchteter Menschen nach Deutschland kam - und da kann man trefflich nach der Verantwortung fragen. Die liegt zum großen Teil in den Kommunen - und damit auch bei Ihnen als Oberbürgermeister. Gerne bin ich bereit von Ihnen zu hören, welche Vorstellungen Sie haben, wie ich Ihre Arbeit unterstützen kann. Bisher habe ich leider keine konkreten Vorschläge bekommen. Ich bin überzeugt, dass es sich um Maßnahmen handeln würde, die wir Grüne bereits seit Jahr und Tag fordern.
Mein Vorschlag zum Vorgehen: Auf unsinnige Busfahrten und andere Aktionen, die auf die anspruchsvollen, aber durchaus bekannten Herausforderungen aufmerksam machen sollen, sowie auf entsprechende Beschuldigungen verzichten und stattdessen hart an den Aufgaben arbeiten, die sich aus unseren unterschiedlichen Verantwortungen und Möglichkeiten ergeben. Genau das habe ich in meinen bisherigen Erklärungen verlangt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.