Seit Juli 2005 besteht die Palliativstation am Krankenhaus Landshut-Achdorf. In diesen zehn Jahren ist die Station für schwerstkranke Menschen zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Gesundheitsversorgung im Raum Landshut geworden. Aus Anlass dieses Jubiläums fanden am Krankenhaus Achdorf eine Reihe von Veranstaltungen statt, die Entwicklung, Zielsetzung und Arbeit in der Palliativmedizin thematisierten.
Im Bild oben: Die Referenten PD Dr. med. Marcus Schlemmer (li), Josef Hell(3.v.li), Dr. Nina Lubomierski (4.v.li) und Prof. Dr. Werner Schneider (2.v.re) mit dem Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin Prof. Dr. med. Martin Anetseder (4.v.re), dem Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Onkologie, Dr. med. Franz Käser (re), Landrat Peter Dreier (2.v.li) und der Vorstandsvorsitzenden der LAKUMED Kliniken, Dr. Marlis Flieser-Hartl (3.v.re)
Die Wanderausstellung „Gemeinsam gehen – Wege der Sterbebegleitung und Versorgung für Schwerstkranke und Angehörige“ ist noch bis zum 23. Juli 2015 im Foyer des Krankenhauses Landshut-Achdorf zu besichtigen. Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltungen richtete sich vergangenen Freitag das Symposium Palliativ Landshut im Hörsaal an Kollegen aus Ärzteschaft und Pflege.
Prof. Dr. med. Martin Anetseder, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin am Krankenhaus Landshut-Achdorf, bedankte sich bei der geschäftsführenden Vorstandsvorsitzenden der LAKUMED Kliniken, Dr. Marlis Flieser-Hartl. „Sie waren der wesentliche Motor, die Palliativmedizin im Landkreis aufzubauen“. Auch die Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, würdigte den Einsatz Dr. Flieser-Hartls in einer Videobotschaft und wünschte weiterhin viel Einfühlungsvermögen und menschliche Stärke. „Palliativmedizin ist gelebte Menschlichkeit. Auch schwerstkranken und sterbenden Menschen muss ein Leben in Würde bis zuletzt möglich sein“, so die Ministerin.
Landrat Peter Dreier lobte die Entscheidungsträger, vor zehn Jahren mit der Etablierung der Palliativstation eine richtungsweisende Entscheidung getroffen zu haben. „Die Palliativmedizin genießt zu Recht einen hohen Stellenwert. Ich bin stolz, dass wir hier so engagierte Mitarbeiter haben“. Dr. Marlis Flieser-Hartl berichtete schließlich über die Anfänge der Palliativ- und Hospizbewegung vor zehn Jahren, als ihr zunächst Unverständnis und auch Ablehnung für die Gründung einer Palliativstation entgegen gebracht wurden. „Die Palliativmedizin hat in zehn Jahren eine Entwicklung genommen, die man 2005 nicht erwartet hätte“, sagte Dr. Flieser-Hartl. Ansatz und Zielsetzung sei immer gewesen, Menschen im letzten Lebensabschnitt würdevolle Tage zu ermöglichen. Sie dankte den Pionieren von damals, Elke von Wedelstädt, Dr. med. Wolfgang Häring, Dr. med. Ursula Vehling-Kaiser und Prof. Dr. med. Ekkehard Sauer für ihren Einsatz, die Palliativstation am Krankenhaus Landshut-Achdorf einzurichten. „Die Sorge und die Hilfe für Menschen an ihrem Lebensende ist uns Aufgabe und Verpflichtung.“
Vortragsreihe „Lebensqualität oder Lebensverlängerung?“
Schließlich begann im voll besetzten Hörsaal die Vortragsreihe. PD Dr. med. Marcus Schlemmer, Chefarzt der Palliativstation am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder München, stellte die Frage Lebensqualität oder Lebensverlängerung in den Mittelpunkt. „Viele Menschen können wir nicht heilen, aber wir können sie durch die moderne Medizin sehr weit tragen“, sagte Schlemmer. Er riet allen Ärzten, immer wieder zu hinterfragen, ob ihre Therapie hilft oder andere Maßnahmen sinnvoller seien und auch die Nebenwirkungen und den Nutzen der ergriffenen Maßnahmen in Relation zu stellen.
Die Referenten von links: Pfarrerin Dr. Nina Lubomierski, der Anästhesist und Palliativmediziner Josef Hell von der SAPV am Inn, Mühldorf und der Chefarzt der Palliativstation am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder München, PD Dr. med. Marcus Schlemmer beleuchteten die Frage „Lebensqualität oder Lebensverlängerung“ aus ethischer, schmerztherapeutischer und onkologischer Sicht
Josef Hell, Anästhesist und Palliativmediziner der Speziellen Ambulanten Palliativversorgung SAPV am Inn, Mühldorf, appellierte ebenfalls an die Ärzte, regelmäßig genau hinzusehen und nachzudenken. „Wir brauchen wieder einen menschlichen Gegenpart in der Medizin“. Pfarrerin Dr. Nina Lubomierski, die im Dekanat Landshut mit dem Schwerpunkt Altersheimseelsorge tätig ist, forderte, die Palliativmedizin finanziell besser auszustatten und in einem zweiten Schritt die Palliativmedizin und deren drängendste Fragen in die Ausbildung der Ärzte stärker zu integrieren.
Mit Spannung hatten die Besucher im vollbesetzten Hörsaal den Vortrag „Das Ende der Unsterblichkeit – Leben, Altern, Sterben in der heutigen Gesellschaft“ von Prof. Dr. Werner Schneider von der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg erwartet. „Sterben wird zunehmend riskanter“, sagte Schneider und zählte Ungleichheitsfaktoren wie Einkommen, Bildung, Beruf und Prestige auf, die das Sterben beeinflussten. Er formulierte die provokante These, das Lebensende werde in unserer Zeit zunehmend als Projekt gesehen, das mit der entsprechenden Vorsorge selbstbestimmt gestaltet werden müsse.
Palliativtag für die Öffentlichkeit
Beim Palliativtag am Samstag im Foyer des Krankenhauses Landshut-Achdorf konnte sich die interessierte Öffentlichkeit informieren: Ausstellungsstände des Sozialdienstes, der Kunst-, Mal-, Aroma- und Musiktherapie, des Hospizes Vilsbiburg und der Hospizvereine Landshut und Vilsbiburg, der Brückenpflege und der Speziellen Ambulanten Palliativpflege Adiuvantes SAPV sowie der Hämatologisch-Onkologischen Praxis Dr. Ursula Vehling-Kaiser veranschaulichten die Arbeit der Kooperationspartner der Palliativstation.
Über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht referierten der Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin am Krankenhaus Vilsbiburg, Dr. med. Raimund Busley und Juristin Rosemarie Binder.
Unter dem Motto „Wer trägt den Mantel“ stellte Dr. med. Ursula Vehling-Kaiser die Versorgungskonzepte in der Palliativmedizin vor und berichtete über herausragende Projekte wie den Papstbesuch einer Gruppe Palliativpatienten im Herbst vergangenen Jahres oder die Betreuung und Begleitung von Kindern von Krebspatienten in der Adiuvantia Kinderfee.
Oberarzt Wolfgang Sandtner, ärztlicher Leiter der Palliativstation am Krankenhaus Landshut-Achdorf, berichtete schließlich darüber, was die Palliativmedizin für den Patienten heute tun kann. Ziel sei, Lebensqualität und –dauer zu verbessern, sagte Sandtner und stellte die sechs „S“-Aspekte vor, mit denen die Palliativmedizin arbeitet, somatisch-körperliche mit Schmerz- (Analgesie) und Sympthomtherapie, seelisch-emotionale, soziale und spirituelle Therapie. Abschließend wurde den Besuchern durch das Team der Palliativstation ermöglicht, die Räumlichkeiten und Ausstattung der Abteilung kennenzulernen.
An den Ausstellungsständen der Kooperationspartner der Palliativstation konnten sich die Besucher beim öffentlichen Palliativtag im Foyer des Krankenhauses Landshut-Achdorf informieren