Jürgen Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands
Landshut (4.03.2016) - Der Südbayerische Realschultag in Landshut (im Michel Hotel) zeigt die Vielschichtigkeit der aktuellen pädagogischen Anforderungen an die Lehrkräfte – die hohe Qualität der Realschule kann nur mit besseren Rahmenbedingungen und zusätzlichem Personal erhalten werden. Wie gehen wir mit den aktuellen pädagogischen Herausforderungen um und was muss getan werden, um die Realschulen in Bayern weiterhin fit für die Zukunft zu machen? Über diese Fragen diskutieren am heutigen Freitag über 100 Realschullehrkräfte sowie Experten aus Wissenschaft, Politik & Wirtschaft beim Südbayerischen Realschultag.
Der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) hat den Kongress heute in Landshut zum Thema „Pädagogische Herausforderungen 2016: Die Bayerische Realschule zwischen Flüchtlingsthematik, Integration und Talentförderung“ organisiert.
„Lehrkräfte kommen an ihre Belastungsgrenze“
Die Aufgaben und Anforderungen an die Realschullehrkräfte werden aktuell immer vielschichtiger, weiß der Vorsitzende des brlv, Jürgen Böhm: „Die Kollegen setzen einen neuen Lehrplan um, sie entwickeln moderne pädagogische Konzepte, stoßen Projekte an und wollen lernschwächere Schüler genauso individuell fördern wie besonders begabte. Hinzu kommt mehr und mehr die Integration von jugendlichen Flüchtlingen. Unsere Lehrkräfte sind unglaublich engagiert, aber irgendwann kommen auch sie an die Belastungsgrenze.“
brlv fordert: Eine zusätzliche Lehrkraft pro Realschule in Bayern
Es seien deutliche Investitionen ins System der Realschule nötig, so Böhm, um weiterhin ein differenziertes, qualitativ hochwertiges und zukunftsorientiertes Bildungsangebot machen zu können. In der Landshuter Resolution, die zum Abschluss der Tagung vorgestellt wird, fordert der Bayerische Realschullehrerverband eine zusätzliche Lehrkraft pro Realschule in Bayern, das bedeutet 238 Stellen insgesamt. „Durch solch eine personelle Verstärkung könnte man beispielsweise die integrierte Lehrerreserve aufstocken, kleinere Klassen bzw. Lerngruppen bilden oder den Ganztagsbetrieb in den Schulen je nach Bedarf erweitern“, erklärt der brlv-Chef. „Das erforderliche Personal wäre vorhanden. Es gibt tausende junge Realschullehrer, die auf eine Beschäftigungschance hoffen. Eine ähnlich schlechte Einstellungsquote wie im vergangenen Jahr werden wir nicht akzeptieren!“
SPRINT-Klassen ausbauen und berufliche Bildung weiter stärken
Daneben setzt sich der Verband für eine durchdachte Eingliederung von begabten Flüchtlingskindern in die Realschulen ein. Vom Integrationsmodell der SPRINT-Klassen kämen viele positive Rückmeldungen, daher werde man einen bedarfsorientierten Ausbau in ganz Bayern unterstützen, versichert Böhm und fügt hinzu: „Um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen, brauchen wir jeweils zusätzlich zwei Lehrkräfte pro SPRINT-Klasse.“
Ein weiteres Augenmerk wurde beim Südbayerischen Realschultag auch auf den Bereich der beruflichen Bildung gelegt. Man sehe die Realschulen als Wegbereiter, damit die bayerische Wirtschaft auch in Zukunft auf qualifizierten Fachkräftenachwuchs bauen kann, sagt der Verbandsvorsitzende. Vorhandene Kooperationen und Projekte mit Betrieben und Schulen des Ausbildungsbereichs sollen ausgebaut und unterstützt werden, um den Jugendlichen die Chancen einer beruflichen Ausbildung und die vielfältigen Anschlussmöglichkeiten deutlich zu machen.
L a n d s h u t e r R e s o l u t i o n
des Bayerischen Realschullehrerverbands zu den pädagogischen Herausforderungen 2016
"Die Realschule zwischen Flüchtlingsthematik, Integration und Talentförderung"
Die pädagogischen Herausforderungen, die sich den Bayerischen Realschulen im Jahr 2016 stellen, sind enorm. Je zahlreicher und vielfältiger die Aufgaben werden, desto leistungsfähiger muss das System sein, in dem Schüler, Eltern und Lehrkräfte gemeinsam arbeiten. Daher erklärt der Bayerische Realschullehrerverband (brlv):
Die Realschulen müssen fit gemacht werden für die Zukunft. Pro staatlicher Realschule ist hierfür mindestens eine zusätzliche Lehrkraft nötig, das bedeutet 238 Stellen insgesamt. Gleiches gilt für die Realschulen in kommunaler und privater Trägerschaft. Diese sollen den Schulen als integrierte Lehrerreserven zur Verfügung stehen. Für die vielen hochqualifizierten jungen Lehrkräfte ergeben sich dadurch attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten, bevor diese dem Realschulsystem verloren gehen.
Durch das zusätzliche Personal können noch immer offene Handlungsfelder endlich behoben werden. Dazu zählen unter anderem der Abbau großer Klassen, die Förderung besonders talentierter Schüler durch Differenzierungsmaßnahmen, der Ausbau der digitalen Bildung oder die qualitative Ausweitung des bedarfsorientierten Ganztagsbetriebs.
Zusätzlich stellen sich die Bayerischen Realschulen der Aufgabe der Flüchtlingsintegration. Für eine durchdachte Eingliederung soll das Modellprojekt der SPRINT-Klassen stufenweise und je nach Bedarf in den Regionen ausgeweitet werden. Nötig zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung ist eine Ausstattung der SPRINT-Klassen mit je zwei Lehrkräften pro Klasse.
Die Bayerischen Realschulen sind die Quelle für qualifizierten Fachkräftenachwuchs in Bayern. Um den Schülerinnen und Schülern die Chancen einer beruflichen Bildung deutlich zu machen, sollen vorhandene Kooperationen und Projekte mit Betrieben und Schulen des Ausbildungsbereichs weiter ausgebaut und unterstützt werden.
Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können sich die Bayerischen Realschulen erfolgreich für die Zukunft aufstellen. Sie müssen weiterhin ein Granat für differenzierte, qualitative und zukunftsorientierte Bildung in Bayern sein!