Landshut. "Ein verheerendes politisches Signal" bezeichnete Stadtrat Prof. Dr. Christoph Zeitler die geplanten Erhö- hungen der Gewerbesteuer (von jetzt 380 auf 420 Punkte) und der Grundsteuer B (auf 430 Punkte). Am Dienstagabend (4.12.) hatte er zusammen mit Stadtrat Lothar Reichwein zum Bürgerstammtisch in den noblen "Kaiserhof" eingeladen. Gekommen sind freilich außer den Stadträten Hermann Metzger, Rosmarie Schwenkert, Bernd Friedrich und Norbert Hoffmann nur einige wenige Besucher. Dabei legten Zeitler (FDP) und Reichwein (Freie Wähler) einen hoch interessanten Zahlen-Vergleich aus den bisherigen acht Amtsjahren von OB Hans Rampf (seit 2005) und den letzten acht Jahren (1997 bis 2004) von OB Josef Deimer vor. Der Grüne Stadtrat Metzger nannte Landshut schmunzelnd "sexy", ähnlich wie München. Das sei "wichtiger als die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes".
Die Zahlen belegen, Hans Rampf hatte im Schnitt Jahr für Jahr 60 Prozent mehr Einnahmen aus der Gewerbe- und Grundsteuer zur Verfügung als zuvor Josef Deimer in seinen letzten acht Amtsjahren. Deimer hatte im Durchschnitt nur 27 Mio. Euro Einnahmen aus diesen Steuerquellen pro Jahr, Rampf dagegen 44 Millionen Euro pro Jahr. Der direkte Vergleich für jeweils acht Jahre:
Gewerbesteuer- Einnahmen OB Deimer: 152 Mio. Euro (19 Mio. im Jahresschnitt)
Gewerbesteuer- Einnahmen OB Rampf: 276 Mio. Euro (34 Mio im Jahresschnitt)
Grundsteuer B - Einnahmen OB Deimer: 62 Mio. Euro (7,7 Mio. im Jahresschnitt)
Grundsteuer B - Einnahmen OB Rampf: 75 Mio. Euro (9,4 Mio. im Jahresschnitt)
Laut Prof. Dr. Cchristoph Zeitler (Foto) bedeutet dies gemäß seiner schriftlichen Vorlage: Hans Rampf kassierte in dieser Zeit 136 Millionen Euro höhere Einnahmen aus der Gewerbe- und Grundsteuer als Josef Deimer in seinen letzten acht 0B-Jahren. Daraus folgerte Zeitler wie schon mehrmals zuvor: "Landshut hat kein Einnahmen-Problem, sondern ein Ausgaben-Problem, wir leisten uns seit Jahren viel zu hohe Ausgaben!"
Prof. Zeitler brachte es auf den Punkt: "Erst mit niedrigeren Hebesätzen Betriebe anlocken, dann abzocken." Das verstoße gegen den Grundsatz von "Verläßlichkeit und Vertrauen". Zeitler listete dann die Gewerbesteuer-Hebesätze von elf vergleichbaren Städten auf: Straubing (400 Punkte), Passau (400), Rosenheim (400), Bamberg (390), Kempten (387), Aschaffenburg (385), Schweinfurt (370). Bayreuth plane sogar eine Senkung des Hebesatzes von jetzt 390 Punkten.
Bei den Umlandgemeinden sei die Situation folgende: Essenbach (320 Punkte), Vilsbiburg (325), Eching (330), Ergolding (340), Geisenhausen (350), Wörth (360) und Altdorf (380).
Landshut habe 2008 den Hebesatz für die Gewerbesteuer von 400 auf 380 Punkte gesenkt. Jetzt sei eine Anhebung über 400 hinaus auf 420 Punkte vorgesehen.
Bei der Grundsteuer B habe bis 2007 ein Hebesatz von 405 Punkten gegolten, von 2008 bis 2011 waren es dann 390, 2012 schließlich 410 und jetzt soll der Hebesatz auf 430 Punkte angehoben werden. Prof. Zeitler nannte die Höhe der Gewerbesteuer als einen der "wichtigsten Standort-Faktoren für potentiell ansiedlungswillige Firmen". Andererseits dürfe auch die Treue ansässiger Firmen nicht durch höhere Steuersätze bestraft werden, denn, so Zeitler, "die Konjunktur schwächelt". Also die Forderung der FDP-Stadtrats: Die Stadt müsse endlich sparen, die Ausgaben senken. Der Stadtrat dürfe sich nicht länger als "Wunschkonzert-Orchester" aufspielen. Auch die Aufsichtsbehörde, die Regierung von Niederbayern, mahne unüberhörbar die Beschränkung auf die Pflichtaufgaben an.
Für das IHK-Gremium sprach dann Vize-Präsident Hans Graf. Kein Unternehmen könne sich über Steuererhöhungen freuen. Aber es sei ihm vom Anlocken bzw. der Ansiedlung neuer Betrieb durch die Steuersenkung 2008 "nichts bekannt". Er könnte jedoch mehr Verständis für höhere Steuern aufbringen, "wenn die Stadt konsequenter sparen würde". Graf sprach da direkt das "Theater" um die südteure Thetersanierung an. Auch die kostspieligen Pläne für ein neues Stadtmuseum nannte er. Die Stadt müsse nicht nur bei der Kultur, sondern auch bei Sportvereinen oder bei der Feuerwehr sparen. In der späteren Diskussion meinte der IHK-Vertreter, dass die Wirtschaft wohl mit einem Kompromiß, einem Hebesatz von 400 Punkten (wie vor 2008) "leben könne". Bei den Ausgaben fragte Hans Graf: "Muß denn die Sanierung bzw. der Neubau der Berufsschule so teuer (96 Mio. Euro.) werden? Reichen da 60 Millionen nicht?"
Stadtrat Hermann Metzger (Foto) verteidigte dann für seine Fraktion der Grünen die Anhebung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B, denn diese Steuern seien laut einer Umfrage der IHK "keine wichtigen bzw. gar keine Kriterien für die Ansiedlung neuer Betriebe". Die Landshuter Umlandgemeinden würden freilich "teilweise mit unsittlich günstigen Angeboten" Firmen aus der Stadt weglocken. Doch mit diesen Gemeinden könne Landshut ebenso wenig konkurrieren wie die Landeshauptstadt München mit dem dortigen Umland. Doch München sei "sexy", so Metzger schmunzelnd und Landshut sei auch "ein wenig sexy" und das sei oft wichtiger als die Gewerbesteuerhebesätze.
Metzger sprach auch den Schuldenbeg aus der 34-jährigen Deimer-Ära an. Damals habe es im Stadtrat ein "Ausgabe-Wettrennen" gegeben. Seit dem Amtsantritt von OB Hans Rampf sei die Neuverschuldung nicht mehr gestiegen, im Gegenteil, der Schuldenberg konnte sogar etwas abgetragen werden. Metzger erinnerte an den riesigen Sanierungsbedarf bei Schulen und Kindergärten. Die notwendige Theatersanierung und der Bau eines Stadtmuseums seien nicht der entscheidende Grund für die Erhöhung der Steuern. Doch Metzger sprach auch die drastische Steigerung der städtischen Personalkosten an. Diese haben sich allein in den letzten fünf Jahren um 10 Millionen Euro erhöht. "Wir, die Stadträte der Grünen, werden den Steuererhöhungen zustimmen". so Metzger. Dabei werde sich die höhere Grundsteuer B nur "minimal" auf höhere Mieten auswirken. Die Grünen waren 2008 gegen die Steuersenkung.
Stadträtin Rosmarie Schwenkert von der Frakton der "Bürger für Landshut" nannte die angekündigten Steuerehöhungen "absolut kontraporduktiv". Am Ende müßten vor allem die einkomemnsschwächeren Mitbürger darunter leiden. Heuer seien ja auch bereits viele Gebühren und Abgaben für Busse, Parken, Schwimmen, Theater usw. erhöht worden. Auch eine über 14-prozentige Strompreiserhöhung stehe 2013 an. Weil z.B. noch ein Flügel des Franziskanerklosters für 900.000 Euro angekauft werde, habe die Stadt kein Geld mehr für die Sanierung des Hans-Carossa-Gymnasiums. Dann noch ein Seitenhieb der BfL-Stadträtin gegen die Metzger-Fraktion: "Die Grünen können sowieso nicht rechnen."
Stadtrat Norbert Hoffmann (FDP) verwies auf den Sozialausschuß des Stadtrats, wo ständig neue, zusätzliche Ausgabenanträge gestellt würden. Er widersprach auch Stadtrat Metzger. Die Höhe der Gewerbesteuer habe sehr wohl Einfluß auf die Entscheidung, ob man in eine Umlandgemeinde mit einem Hebeatz von nur 320 Punkten wie Essenbach gehe oder nach Landshut mit künftig 430 Punkten, denn, so Hoffman, für Handelspartner z.B. im nahen Osten sei Landshut ebenso wenig bekannt wie Essenbach.
Stadtrat Bernd Friedrich (Foto), Fraktionschef der "Bürger für Landshut" und 2004 einer der Wahlkampf-Organisatoren für OB-Kandidat Hans Rampf, zeichnete ein düsteres Bild der Konjunkturentwicklung 2013. Er kam etwas verspätet vom einer Konferenz am Flughafen. Er habe bei einem Hebesatz von 430 Punkten "echt Magenschmerzen". Friedrich kritisierte auch direkt CSU-Stadtrat Radlmeier, der wiederholt gegen ein Aufrechnen von verschiedenen Ausgabe-Wünschen gewettert hat. Leider, so der BfL-Stadtrat, beteilige sich der Landkreis - von der Berufsschule abgesehen - an keinerlei Baumaßnahmen in der Stadt, obwohl die Landkreisbürger alle Einrichtungen der Stadt ebenso nutzen würden. Auch die Kirchen hätten riesige Vermögen (142 Milliarden Euro), da sei es nicht notwendig, dass die Stadt bei deren Investitionen (z.B. Kirchenrenovierungen) auch noch Zuschüsse gewähre. Und Friedrich will es auch gar nicht gefallen, dass sich z.B. ein in Ergolding ansässiges Autohaus "Landshuter Porsche-Zentrum" nennen dürfe.
In der Diskussion sprach IHK-Vizepräsident Hans Graf die aus seiner Sicht zu kostspieligen (4 Mio. Euro Defizit pro Jahr), weil häufig zu wenig ausgelasteten Stadtbusse an. Auch die Eindämmung der ständig exorbitant steigenden Personalkosten müsse die Stadt anpacken. In der freien Wirtschaft könne man sich auch nicht mehr alles leisten. So würden viele Firmen keine Betriebsausflüge mehr anbieten. Prof. Dr. Zeitler ließ es sich am Ende nicht nehmen, noch auf den OB-Wahkampf 2010 zurückzukommen. Damals war er der einzige OB-Kandidat, der einen strikten Sparkurs vertrat. OB-Kandidat Rampf habe damals Steuerhöhungen für seine Amtszeit "total ausgeschlossen". Und jetzt?
Stadtrat Friedrich erinnerte daran, dass die Stadt in diesem Jahr die höchsten Steuereinnahmen überhaupt zu verzeichnen habe. Er zeigte sich jedoch letztendlich versöhnlich. Mit einer "moderaten" Anhebung des Steuersatzes auf nur 400 Punkte könne er leben.
Anmerkung der Redaktion: Am Freitag, 7. Dezember, kommt es ab 10 Uhr bei den Haushaltsberatungen in der öffentlichen Vollsitzung des Stadtrats zum Schwur. Noch ist eine Mehrheit der 44 Stadträte für eine Anhebung der Gewerbesteuer auf 420 Punkte und der Grundsteuer B auf 430 Punkte. Das bedeutet zusammen Mehreinnahmen pro Jahr von ca. 3,7 Millionen Euro. Vieles wird von der Haushaltsrede des Stadtkämmerers abhängen. Seine Rolle innerhalb der Rathausspitze wird immer wichtiger. Der in Essenbach wohnhafte Verwalter der Landshuter Finanzen wird mehr und mehr zum Taktgeber und Gestalter der Stadtpolitik. Womöglich setzt sich jedoch ein Kompromiß mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von "nur" 400 Punkten durch. Dann müßte schon 2012 entsprechend konsequenter gespart werden, aber wo und wie?