Der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments hat heute grundsätzlich dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zugestimmt, für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen europaweit einheitliche Vergaberegelungen zu schaffen. Trotz des Engagements deutscher Abgeordneter konnten nur punktuelle Verbesserungen für die kommunal- wirtschaftlichen Strukturen in Deutschland entschieden werden, meldet der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU). Im Klartext bedeutet das: Die in Deutschland überwiegend kommunale Wasserwirt- schaft könnte damit für Konzerne geöffnet werden. - „Die Wasserversorgung funktioniert bei uns in Bayern bestens. Wir brauchen keine neuen Regelungen aus Brüssel", stellt Oberbürgermeister Hans Rampf klar.
Das bestätigte im vergangenen Herbst auch eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa: 82 Prozent der Befragten sind gegen neue Vorschriften der Europäischen Kommission für die Organisation der Wasserversorgung in Städten und Gemeinden.
Jetzt: "Gesundes Wasser zu fairen Preisen"
„Die kommunale Wasserversorgung hat sich in Deutschland bestens bewährt. Wir haben dauerhaft überdurchschnittliche Trinkwasserqualitäten. Wenn der Wassermarkt liberalisiert und Großkonzernen ein lukratives Geschäft wittern, ist davon auszugehen, dass die Kosten für Trinkwasser steigen und die Qualität langfristig darunter leiden werden", befürchtet Stadtwerke-Leiter Armin Bardelle. „Die Stadtwerke liefern gesundes Wasser zu fairen Preisen." Als kommunaler Eigenbetrieb stehe bei den Stadtwerken die Kostendeckung im Vordergrund und nicht die Gewinnmaximierung. Ein Vergleich: Die Landshuter zahlen für 1.000 Liter Wasser derzeit 1,44 Euro. In Berlin, versorgt durch die teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe, kosten 1.000 Liter Wasser 2,17 Euro.
Noch ist in Brüssel nichts entschieden. Zunächst müssen Europäischer Rat und Europäisches Parlament Verhandlungen aufnehmen, um sich auf einen einheitlichen Richtlinientext zu verständigen. Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens sei bis Juli 2013 möglich, schätzt der VKU.
OB Rampf. "Setzen alles daran, dass unser Wasser in Stadtwerke-Hand bleibt"
„Wir werden in jedem Fall alle Möglichkeiten ausschöpfen, dass die Wasserversorgung in Landshut in Stadtwerke-Hand bleibt", kündigt OB Hans Rampf an. „Wasser ist schließlich keine Handelsware, sondern Lebenselixier für alle Menschen."
Vertreter von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben in inzwischen eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) ins Leben gerufen. Sie fordern die Europäische Kommission zur Vorlage eines Gesetzesvorschlags auf, die das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen durchsetzt und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung für alle Menschen fördert.
Diese EU-Rechtsvorschriften sollten die Regierungen dazu verpflichten, für alle Bürger eine ausreichende Versorgung mit sauberem Trinkwasser sowie eine sanitäre Grundversorgung sicherzustellen. Explizit soll die Wasserwirtschaft von der Liberalisierungsagenda ausgeschlossen werden. Auf der Homepage www.water2right.de kann sich jeder in die Online-Unterschriftenliste eintragen. Insgesamt müssen 1.000.000 Menschen aus sieben Nationen unterschreiben, damit das Thema auf die europäische politische Agenda gesetzt wird. Auf www.water2right.eu sind derzeit knappe 600.000 Unterstützer angegeben. Bis September muss die 1 Mio.-Marke erreicht sein.
Hintergrund zur Konzessionsrichtlinie:
Nach Veröffentlichung eines Grünbuchs über die Modernisierung des EU-Vergaberechts hat am 20. Dezember 2011 die Europäische Kommission die Richtlinien-Entwürfe zur Modernisierung der Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe sowie eine Richtlinie zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen vorgelegt.
Die EU-Kommission plant, Dienstleistungskonzessionen dem Vergaberecht zu unterwerfen. Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen ist bisher nicht durch spezielle Vorschriften geregelt. Mit der Dienstleistungskonzession erhält der Konzessionär statt einer Vergütung als Gegenleistung für die Erbringung der Dienste das Recht zur kommerziellen Nutzung oder Verwertung. Dabei trägt der Konzessionär das wirtschaftliche Risiko. Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen war bislang den Grundsätzen für den EU-Binnenmarkt (Gleichbehandlung, Diskriminierungsfreiheit, Transparenz, Wettbewerb) unterworfen. Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europaparlaments hat am 24.1. dem Richtlinienvorschlag grundsätzlich zugestimmt.
Zum Bild oben: 82 Prozent der Deutschen, wollen laut einer forsa-Umfrage keine neue Vorschriften der Europäischen Kommission für die Organisation der Wasserversorgung in Städten und Gemeinden. (Bildquelle: vku)