Die bisher schon sehr lebhafte und kontroverse Debatte rund um die Sanierung des Stadttheaters bekam eine neue Wende. Die sogenannte Interimslösung für eine Spielstätte während der Zeit der Sanieurng des Haupttheaters im Bernlochnerkomplex soll jetzt in einem Zelt auf dem Messegelände realisiert werden. Über diese völlig neue Variante berichtete Oberbürgermeister Hans Rampf nicht in der öffentlichen Sitzung des Stadtrats am Freitag, 14 Uhr, sondern erst danach als die Besucher auf der Zuhörertribühne und die Journalisten den Sitzungssaal verlassen hatten.
Gegen 17 Uhr begann die nichtöffentliche Plenarsitzung. Vergeblich hatte Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, früher selbst Journalistin, beantragt, über das Theater zumindest zum Teil öffentlich zu beraten. Wie dem auch sei, jetzt ist die neue Variante für die angeblich sparsamste Lösung aus dem Sack.
Neue ist auch, dass die Stadt wohl keinen neuen Antrag für eine Verlängerung der Spielgenehmigung im jetzigen Theater stellt. Rampf will dafür die Verantwortung ebenso wenig übernehmen wie Baudirektor Doll. Auch das eine Kehrtwendung um 180 Grad. Will heißen, es steht extrem schlecht um den sicherheitstechnischen Zustand des alten Theaters.
Vertrag ungültig: Paukenschlag aus der Regierung
Am Freitag, 15. März, findet eine Sondersitzung des Stadtrats zum Gesamtkomplex Theater statt: also alles rund um den Vetrag mit der Erbengemeinschaft, die Dringlichkeit der Sanierung, die Sanierungsdauer, die Kosten dafür und die Fördermöglichkeiten, die Interimslösung für eine Spielstätte während der Sanierung des Haupttheaters und es geht wohl auch um Schuld und Sühne bzw. eine notwendige Kompromiß-Lösung für den 1991 unter OB Deimer geschlossenen Vertrag mit der Erbengemeinschaft, der von der Regierung von Niederbayern nicht abgesegnet wurde, damit "schwebend ungültig" ist und den auch der Regierungspräsident angeblich nicht nachträglich gutheißen will, weil er zu nachteilig für die Stadt sein soll. Dazu hat ja auch die Fraktion der Grünen einen Dringlichkeitsantrag bei der Stadt schon zur Sitzung am 22. Februar eingereicht. 279.000 Euro zahlt derzeit die Stadt an die Erbengemeinschaft und dieser angeblich "nicht gültige Vertrag" soll noch 50 weitere Jahre gelten bis 2062, natürlich mit einer Gleitklausel der Pachtkosten nach oben.
Ein Fall für die Notare und Anwälte. Womöglich fühlt sich auch Alt-OB Josef Deimer (76) aufgefordert, sich als Vermittler anzubieten. Nur fünf der 44 Stadträte haben 1991 gegen den Vertrag mit der Erbengemeinschaft gestimmt. Dem damaligen Stadtrat gehörten schon die heutigen Mitglieder Manfred Hölzlein, MdB Dr. Wolfgang Götzer, Ludwig Zellner oder Dr. Anna Maria Moratscheck (alle CSU) an, aber auch der damalige MdL Dietmar Franzle (SPD), Erwin Schneck (Freie Wähler) und Rosmarie Schwenkert (damals CSU, seit 2008 jetzt BfL).
OB Rampf preist Messe-Zelt-Lösung als Thaterspielspätte an
Zurück zum neuen OB-Vorschlag für ein Theaterzelt auf dem riesigen Messegelände. München habe vor kurzem schon eine ähnliche Lösung praktiziert und gute Erfahrungen gemacht. Die Zelt-Lösung sei sogar billiger als eine Spielstätte in der ehemaligen Wäscherei des Klinikums, heißt es, ein Vorschlag der Stadträte Schnur, Friedrich und Reichwein. Die Theaterleute und die Mehrheit des Stadtrats befürworteten ja bisher eine Interimsspielstätte direkt hinter dem bestehenden Theater, auf der Freifläche zwischen Theater und Karstadt, links vom Eingang zum Bernlochnersaal.
Der Antrag für eine Interimslösung in der Wächerei hat zumindest zu dieser neuen Theater-Zelt-Variante auf dem Messegelände geführt. Dort sind die bestehenden Einrichtungen der beiden Messe-Hallen mitzunutzen, von den Toiletten bis zur Gastronomie und entspechende Lagerkapazitäten. Dazu kommen viele kostenfreie Parkplätze. Im Herbst ist Niederbayernschau. Auch das soll kein Problem sein. Das Theaterzelt könne mit eingeplant werden. Also tagsüber Messe-Besuch und abends dann ins Theaterzelt. Hat sicherlich einen besonderen Charme.
Vom Tisch ist damit wohl auch ein Vorschlag, ein Angebot der "Förderer" zur Benutzung des großen Saales im Zeughaus, sofort nach dem Ende der Landshuter Hochzeit, also ab 21. Juli 2013. Das Theaterzelt sei wiederum auch auf der Ringlstecherwiese vorstellbar, so Kenner der Theaterszene. Doch die Sanierung des Haupttheaters könnte ja länger als vier Jahre dauern und dann wird ja das Zeughaus samt Ringlstecherwiese wieder für die nächste Landshuter Hochzeit benötigt. Diese zeitlichen Zwänge will man anscheinend nicht riskieren.
Vertragsaufläsung. Theater-Neubau auf eigenem Grund?
Und womöglich kommt es jetzt zum totalen Ausstieg aus dem viel gescholtenen (Deimer-)Vertrag mit der Erbengemeinschaft. Die Stadt hätte dann freie Hand füreinen Theater-Neubau auf einem eigenen Grund. Womöglich formiert sich dafür eine neue Bürgerinitiative. Ein Landshuter Immobilien-Fachmann und ausgewiesene Theaterfreund hat ja ein Konzept für einen kompletten Theater-Neubau auf dem JVA-Gelände entwickelt, inclusive Tiefgarage. Im österreichischen Erl wurde kurz vor Weihnachten ein neues Festspielhaus eröffnet, das nur ca. 25 Millionen Euro gekostet hat. Ja, alles ist denkbar und realisierbar.
Die Besucherzahlen in der neuesten Ausgabe des statischtischen Jahrbuchs der Stadt verraten, dass 2011 die 201 Veanstaltungen im Theater im Durchschnitt gerade mal von knapp 200 Personen pro Veranstaltung besucht wurden. 200 hätten auch im Zeughaus-Saal Platz. Nein, Landshut ist nicht die Stadt, wo die Fans massenweise in die Theater-Vorführungen strömen. Landshut ist eher eine Kino- und Sport-Stadt, zumal wohl die Hälfte der Theaterbesucher aus dem Landkreis kommt, jener Landkreis, der für kulturelle Einrichtungen in Landshut keinen Cent mitbezahlt, nicht für das Theater, nicht für die Museen und auch nicht für die Stadtbücherei. Vom Stadtbad oder den großen Sportvereinen (EVL, TGL oder ETSV) ganz zu schweigen. Der wirtschaftlich udn finanziell kraftstrotzende Landkreis mit dem selbstbewußten Landrat Eppeneder an der Spitze ist mit seinen 150.000 Einwohnern ein absolut kostenfreier Mitbenutzer und Trittbrettfahrer. Man kann das auch noch weitaus despektierlicher ausdrücken.
"Notfalls gehen wir zelten ..."
Die Mitarbeiter des Theaterbetriebs hatten am Montag (25.02.) Betriebsversammlung. Dort wurde die Sicherheit der Arbeitsplätze ebenso kritisch hinterfragt wie die Aussichten auf eine rasche Sanierung des Haupttheaters im Bernlochnerkomplex. "Notfalls gehen wir also zelten", so ein Sprecher des Theaters. Zelten auf dem Messegelände. Ein sicherlich praktischer, wenn auch im Umfeld sehr nüchternen Spielort. Den Part des Thaterrestaurants kann dann die Tafernwirtshaft des Hotels in Schönbrunn übernehmen. Und eine Pizzeria gibt es ja auch bei der benachbarten Aral-Tankstelle. Ein Theaterzelt auf dem Messegelände ist wohl ebenfalls vorteilhaft für die Bewohner in den umliegenden Studentenheimen.
Doch noch ist nichts in trockenen Tüchern. Das öffentlich tagende Sonderplenum am 15. März (ab 14 Uhr) im neuen Sitzungsraum des Stadttheaters bringt wohl erst die definitive Entcheidung und vielleicht danach einen neuen Bürgerentscheid.
Not macht erfinderlich
Vielleicht raffen sich bis dahin die 200 Theaterleute um Intendant Stefan Tilch (Foto) und Mitglieder des Fördervereins "Zugabe" (sammelten schon 37.000 Euro) auf und laden zu einer öffentlichen Info-Veranstaltung ein. Es gibt ja noch jede Menge offene Fragen. Zum Beispiel die nach der Dauer der Sanierungsarbeiten im Haupttheater: Warum ist derlei nicht in 16 bis 20 Monaten - ähnlich wie in Passau - zu schaffen? Im übrigen wäre Landshut auch ohne Stadttheater nicht ohne Theaterbetrieb. Da gibt es noch das von der Stadt ebenfalls mit knapp 470.000 Euro bezuschußte "kleine theater" und das Nikola-Theater oder das Theater am Hofberg. Sogar im Salzstadel sind kleinere Aufführungen möglich. Auch im Ergodlinger Bürgersaal könnte die reiche Nachbargemeinde in dieser Zeit Thateraufführungen anbieten. Gleiches gilt für den Prunksaal des Rathauses. Phantasie und Improvisationskunst sind gefragt in der extrem hoch verschuldeten Stadt Landshut. Not macht ja bekanntlich erfinderisch. /hs