„Bayerns Bildungslandschaft in Bewegung" lautete der Titel einer Informations- und Diskussionsveranstaltung der Freien Wähler-Landtagsfraktion am Dienstagabend in den „Ergoldinger Stuben" vor den Toren Landshuts. Die Veranstalter hatten damit ganz offensichtlich den Nerv des Publikums getroffen, denn mehr als 80 Besucher sorgten für ein volles Haus und eine äußerst lebhafte Diskussion.
„Die Bildungspolitik ist in aller Munde", konnte Fraktionschef Hubert Aiwanger feststellen. Im Mittelpunkt des Abends stand das mögliche Volksbegehren der Freien Wähler zur Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium.
Neben Aiwanger als Gastgeber waren auch dessen Abgeordnetenkollegen Günther Felbinger und Markus Reichhart als bildungs- bzw. handwerkspolitischer Sprecher der Fraktion nach Ergolding gekommen. Felbinger skizzierte die bildungspolitischen Eckpunkte der FREIEN WÄHLER und wies auf das von ihnen initiierte Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren hin, mit dem sie sich als Motor der bayerischen Bildungspolitik profiliert hätten.
Diese Rolle nehmen sie auch in der aktuellen Debatte um die Zukunft der Gymnasien wahr. „Das G8 ist und bleibt ein Rohrkrepierer", betonte Felbinger. Die jetzt angekündigte Einführung des Flexibilisierungsjahres sei eine „hilflose Verzweiflungstat" der Staatsregierung. Felbinger: „Der Pfusch am G8 geht ab kommendem Schuljahr in die nächste Runde."
Die Freien Wähler wollen diesem Spuk ein Ende machen und treten für die Wahlmöglichkeit zwischen G8 und einem daraus neu zu entwickelnden G9 ein. Felbinger: „Das achtjährige Gymnasium hat zu einem Leistungsdruck geführt, dem einige Schüler nicht gewachsen sind. Die neunjährige Variante kann ihnen wieder Spaß und Freude am Lernen zurückgeben." Dem unterschiedlichen Lerntempo der Schüler könne am besten mit einer echten Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 begegnet werden. In Hessen und Baden-Württemberg werde das gerade bewiesen.
Ein weiteres zentrales Thema des Abends war die Zukunft der Mittelschulen. Hier ernteten die Freien Wähler viel Zuspruch für ihre Forderung, „flexible, pragmatische Lösungen" und „intelligente Kooperationen" vor Ort zuzulassen, wie sich Hubert Aiwanger mit Blick auf die Realschulen ausdrückte. Mehrere Diskussionsteilnehmer unterstützten diesen Ansatz. Konkret wurde angeregt, bestehende Schulverbünde, die nicht funktionieren, wieder aufzubrechen und neue, bessere Strukturen zu schaffen. Mehrfach geäußert wurde der Wunsch nach „mehr Selbständigkeit für die einzelnen Schulen".
Jürgen Böhm, der Bundesvorsitzende des Verbandes Deutscher Realschullehrer, mahnte eine „integrierte Lehrerreserve" an, konkret einen theoretischen Personalbestand von 110 Prozent, der in der schulischen Praxis eine 100prozentige Versorgung mit Lehrern garantieren könne. Fraktionschef Aiwanger pflichtete Böhm bei: „Das muss uns die Bildung wert sein."
Ähnlich argumentierte MdL Felbinger beim Thema kleinere Grundschulstandorte: „Grundschulen sind der Herzschlag einer Gemeinde. Die Freien Wähler plädieren dafür, alle Grundschulstandorte in Bayern aufrechtzuerhalten." Für diese dauerhafte Sicherung, so Felbinger, brauche man etwa 100 Lehrer. Die damit verbundenen Kosten von 5 Millionen Euro „sind es wahrlich wert, dass wir sie ausgeben".