Landshut. „Warum gerade in der Vor-Weihnachtszeit?“ Diese Frage stellte sich den Organisatoren bei der Planung der Veranstaltung „Mütter unter Druck“. Gemeinsam mit dem Ergoldinger Verein „Menschenkinder e.V.“ hat das Christliche Bildungswerk dieses Thema bewusst in eine Zeit gestellt, die seit je her von einem friedlichen und romantischen Familienbild geprägt ist.
Dass die Rolle der heutigen Mütter aber einen gesellschaftlichen Wandel erfahren hat und sich damit auch das Bild der Familie verändert, zeigte Prof. Dr. Barbara Thiessen von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, am Donnerstag in St. Nikola auf. Die Referentin ist Professorin für Gendersensible Soziale Arbeit. Sie schlug einen weiten Bogen von den Zeiten der früheren Bauernfamilie bis hin zur heutigen Zweiverdiener- und Ein-Elternfamilie und zeigte auf, wie diese sozio-ökonomischen Veränderungen auch die Anforderungen an die Frauen in ihrer Mutterrolle verändert haben.
Anhand neuester Studien stellte sie dazu Trends im Familienleben vor, die von einer späteren Familiengründung bis zur immer anspruchsvoller werdenden Erziehung reichen. Laut Prof. Dr. Barbara Thiessen leben in Deutschland circa 8 Millionen Mütter mit minderjährigen Kindern. 78 % dieser Mütter sind erwerbstätig und drei Viertel der in Partnerschaft lebenden Mütter sind alleinzuständig für Haus- und Familienarbeit, selbst wenn sie Vollzeit arbeiten. Somit steigen die spezifischen Anforderungen für Mütter auch im Hinblick auf deren Gesundheit. Bei Frauen spricht man dann von einem „mütterspezifischem Belastungssyndrom“, während Männer „Burn-Out“ haben. Und auch wenn das Väterleitbild sich im Laufe der Zeit mit verändert hat und es immer mehr Männer gibt, die zum Beispiel ihre eigene Karriere zu Gunsten der Familie zurückstellen, stellt sich, so die Referentin, unverändert die Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit.
„Ideal und Realität der häuslichen Arbeitsteilung gehen auseinander, denn Männer nehmen ihre Beteiligung an Hausarbeit und Erziehung deutlich intensiver war, als dies die Frauen ihnen zugestehen“. Wenn Mütter heute gleichzeitig Erzieherinnen und Haushaltszuständige, dazu noch erfolgreich erwerbstätig und eine attraktive Partnerin sein sollen, dann steht die Gesellschaft vor neuen Herausforderungen, um dafür verbesserte Rahmenbedingungen zu schaffen. Und auf dem langen Weg dahin, hilft den Müttern vielleicht, eine „ausreichend gute Mutter“ zu sein, um nicht zwischen den Mühlsteinen zermahlen zu werden.
Im Bild: Die Referentin Prof. Dr. Barbara Thiessen, Professorin für Gendersendible Soziale Arbeit