Eine außergewöhnliche Aktivistin im Kampf für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel hatte die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) nach Velden eingeladen. Die diplomierte Sozialpädagogin Christiane Lüst, die über die Missstände in der Pflege politisch wurde und gemeinsam mit dem bekannten Pflegekritiker Claus Fussek den Münchner Pflegestammtisch gründete, engagiert sich seit rund zehn Jahren gegen den Anbau von gentechnisch verändertem Saatgut.
Und das sehr erfolgreich. Den Protest, den sie auch auf die Straße trägt, oder in dem sie versucht mit den Bauern ins Gespräch zu kommen, hat sie auch zum Geschäft gemacht. Von der Hobbygärtnerin hat sie sich zur Betreiberin des Gautinger Öko- und Fair Umweltzentrums weiterentwickelt. Ein Zentrum für Umweltbildung, ökologisch erzeugte und fair gehandelte Lebensmittel, sowie einer gemütlichen Ecke für den Kaffee zwischendurch und natürlich das Zentrum für die „Aktion GEN-Klage".
Lüst, die bereits 2001 erfolgreich die deutsche Bundesregierung beim UN-Menschenrechtsausschuss angezeigt hat - die Bundesregierung wurde daraufhin aufgefordert, durch Sofortmaßnahmen die dramatische Situation Pflegebedürftiger in deutschen Heimen umgehend zu beheben - erarbeitet seit 2005 für Einzelpersonen, Umweltgruppen und Kleinbauern weltweit Klagen gegen Staaten um die Macht der Saatgut- und Spritzmittelmultis einzugrenzen.
In Velden berichtete sie von den Klagen, die sie mit den anerkannten Alternativen Nobelpreisträgern Vandana Shiva (Indien) und Percy Schmeisser (Kanada) erarbeitet hat. Zahlreichen Studien, die belegen, dass die Agro-Gentechnik nicht geeignet ist, den Hunger in der Welt zu beseitigen – es vielmehr darum gehen, die Renditen der Konzerne zu steigern, wurden vorgestellt. Und natürlich ging es um den politische Spagat, den die Bundesregierung regelmäßig hinlegt, wenn es um die Agro-Gentechnik geht.
Kommissionspräsident José Manuel Barroso will Gentech-Pflanzen zum Anbau zulassen, aber nicht die Prügel beziehen. Er schlug den Deal vor, über den nun im Juni der EU-Umweltministerrat befinden soll und der im EU-Sprachgebrauch "opt-out-Lösung" heißt. Danach stimmen die Staaten dem Anbau zu, damit sie ihn anschließend, jeder für sich, verbieten können. Das Kalkül der Kommission: Die Anbauzulassungen werden durchgewinkt, die Gentechnik-kritischen Staaten geben ihren Widerstand auf.
Ein fatales Signal in einer Zeit, in der die EU mit den USA über ein Freihandelsabkommen (TTIP) verhandelt. Die US-Konzerne warten nur darauf, freie Bahn für ihre hierzulande wenig begehrten "Errungenschaften" zu bekommen. Da ist die grüne Gentechnik ein fest gebuchter Posten. Aber es kommt dicker: Ein jetzt von der griechischen Ratspräsidentschaft vorgelegte Plan sieht vor, dass die Länder, wollen sie eine Pflanze verbannen, von den Konzernen ein "Okay" einholen müssen.
Dann müssen die Länder nachlegen und ihr Verbot rechtfertigen. Doch der Katalog, aus dem sie dabei argumentativ schöpfen dürfen, ist schwammig formuliert: Da steht etwas vom Erhalt bestimmter Natur- und Landschaftselemente oder Ökosysteme, nichts Konkretes also und zudem schwer rechtssicher durchzupauken, wenn die Europäische Lebensmittelbehörde zuvor das Gen-Konstrukt als sicher eingestuft hatte. Außerdem darf die Versagung "nicht diskriminierend" sein. Auch das ein Wort, das im Zusammenhang mit TTIP und dem darin angestrebten Investorenschutz wie ein Ausschlusskriterium eines Verbots klingt.
Für Christiane Lüst geht es bei der kommenden EU-Wahl um mehr als es inhaltslosen Großflächenplakate aussagen. Immer wieder sucht sie auch das Gespräch mit der derzeitigen Europaabgeordneten Dr. Angelika Niebler (CSU) und wie sollte es anders sein, erhält sie für ihre Argumente volle Zustimmung. Es geht bei der EU-Wahl um unsere Errungenschaften bei den Arbeitsrechten und Umweltstandards. Das geplante Freihandelsabkommen untergräbt die Freiheit der Menschen für Profite der Konzerne. Deshalb bewirbt sich Christiane Lüst für die ÖDP um einen Sitz im Europäischen Parlament.