Landshut. Mittwoch, 12.12.,16 Uhr. Wir besuchen die Jugendherberge hoch oben über den Dächern der Stadt: Wunderschön gelegen. Freier Blick auf die Burg und freier Blick über die Landshuter Dachlandschaft. Auf der breiten, weitläufigen Terrasse zwei Tisch- tennisplatten. Der riesige Parkplatz (ehemals Biergarten) vor dem Jugend-"Hotel" gut geräumt, aber ohne ein einziges Auto. Nein, Pause macht das Haus erst vom 23. Dezember bis 7. Januar. Modern sieht anders aus ...
Der Blick über die Dächer der Stadt bleibt wohl den meisten Gäs- ten der Jugenherberge unvergessen.
Die Eingangstür ist offen. An der Rezeption steht, dass erst wieder ab 17 bis 20 Uhr das Büro besetzt sei. Am Infoständer kein Flyer, kein Prospekt von der Jugendherberge. Eine junge Dame wartet als Gast bereits auf der Treppe sitzend.
100 Betten hat das mehrfach als "Kulturstudienplatz" vom Jugendherbergsverband ausgezeichnete Haus. Bei der Ehrung waren zuletzt am 24. Januar auch viele Stadträte zu Gast. Damals war noch kein Wort von den drohenden Finanznöten der Herberge zu hören. Doch später stellte sich bei einer Ausschußsitzung heraus, dass durch den Wegfall der Zivildienstleistenden ("Zivis") die Jugendherberge plötzlich an die 200.000 Euro Verlust macht, obwohl in der Herberge und im besser ausgestatteten Jugendgästehaus pro Jahr ca. 17.000 Übernachtungen gezählt werden. Die Stadträte der "Bürger für Landshut" (allen voran Bernd Friedrich) haben schon im letzten Jahr warnend auf die Folgen durch den Wegfall der "Zivi"-Planstellen hingewiesen.
Oberbürgermeister Hans Rampf sprach jetzt bei den Haushaltsberatungen am Freitag (7.12.) erstmals davon, dass sich die Stadt diese stadteigene Jugendherberge - in der Tat eine klassische freiwillige Leistung - künftig womöglich nicht mehr leisten könne. Das 1839 von Johann Baptist Bernlochner - im gleichen Jahr wie der Bernlochnerkompletz an der Isar - erbaute "Balsschlösschen" auf dem Gelände der ehemaligen herzöglichen Gießhütte, benannt nach einem bekannten Braumeister, war ehemals Brauerei mit Biergarten, später ab 1882 Internat für Realschüler, während der Nazi-Zeit sodann Landshuter Parteizentrale der NSDAP, danach noch Lazarett und schließlich Jugendherberge.
Von der Veranda der Jugendher- berge aus: Blick über den großen, leeren Parkplatz zur Burg hinauf.
Konstengünstige tüchtige "Zivis" sorgten unter der Leitung von Peter Weger dafür, dass die Jugendherberge bzw. das Jugendgästehaus über viele Jahre hinweg fast immer kostendeckend wirtschaften konnten. Es gibt zwar auch einen Förderverein, aber die Finanznot der Stadt ist so groß, dass die Stadträte einem Verkauf der unter Denkmalschutz stehenden Im- mobilie, auch als "Ottanianum" bekannt, zustimmen könnten.
Die Übernachtung kostet zwischen 13.90 Euro in der Herberge (Mehrbettzimmer) bis zu 18 Euro im besser ausgestatteten Gästehaus. Für das Frühstück werden pro Tag 3.50 Euro extra berechnet. Für die Landshuter Hochzeit 2013 (Juni/Juli) sind sogar noch Betten/Zimmer frei. Es könnte die letzte "Hochzeit" für die Herberge hoch über der Stadt werden, wenn nicht noch ein kleines Wunder passiert. Zumindest steht die Jugendherberge auf der Liste der potentiellen Objekte unter dem Titel "Sparmaßnahmen 2014". Das wäre ein Rückschlag für die ambitionierte Tourismus-Stadt Landshut, denn die 17.000 Besucher aus aller Welt, darunter auffallend viele Asiaten, vor allem Japaner, kommen in der Regel später wieder als gut verdienende, umsatzbringende Erwachsene. /hs