Foto: Landrat Peter Dreier im Gespräch mit Jesper Thobo-Carlsen, dem Deutschland Korrespondenten der zweitgrößten dänischen Tageszeitung „Berlingske Tidende".
Europa blickt seit Jahren auf Deutschland – weil das Land die Finanzkrise besser weggesteckt hat als andere, aber auch wegen der Frage, wie es die Energie-Wende zu schaffen gedenkt: Landrat Peter Dreier fordert, das Augenmerk auf die Nutzung regionaler Potentiale zu legen, „so, wie es die Österreicher sehr gut machen", betonte er im Gespräch mit Jesper Thobo-Carlsen, dem Deutschland-Korrespondenten der „Berlingske Tidende", der zweitgrößten Zeitung Dänemarks.
Erneut machte Dreier dabei seine Ablehnung gegen einer Mega-Stromtrasse mit Endpunkt Ohu deutlich. Sie ist die zweitgrößte Zeitung des kleinen skandinavischen Landes und die mit der längsten ununterbrochenen Tradition: Die „Berlingske" (heutige Auflage: rund 100000) ist erstmals 1749 erschienen, ist politisch dem liberal-konservativen Spektrum zuzurechnen und somit in gewisser Weise so etwas wie die „Frankfurter Allgemeine" Dänemarks. Ihr Korrespondent Jesper Thobo-Carlsen trägt mit seinen Artikeln bei zu einer Serie von Korrespondenten-Berichten aus verschiedenen Staaten, mit denen die Zeitung die Zukunft der Energie-Versorgung in Europa ausleuchtet. In Berlin und Bayern hat der Redakteur dazu mit Vertretern von Energie-Versorgungsunternehmen, von Bürgerinitiativen und Verbänden sowie mit Politikern wie Landrat Dreier gesprochen:
Auf den Landrat ist er durch dessen klare Stellungnahme gegen eine Mega-Stromtrasse quer durch den nördlichen Landkreis in Richtung Ohu aufmerksam geworden.
Großer Beitrag der Region zur Energie-Versorgung
Dreier unterstrich gegenüber Thobo-Carlsen seine Position, dass die Region Landshut seit über einem halben Jahrhundert weit überdurchschnittliche Leistungen für die Energie-Versorgung Bayerns und Deutschlands erbracht habe. Im Landkreis seien drei Atommeiler gebaut worden, der heute noch laufende Reaktor Isar 2 habe stets weltweit zur Spitzengruppe unter den AKW gehört. Man habe hier in der Region nie nach dem Sankt-Floriansprinzip gehandelt und Lasten dankend an andere weitergereicht.
Auf der anderen Seite könne es dann aber auch nicht so sein, dass die Region mehr Lasten als andere tragen müsse, vor allem, wenn sich anderswo Widerstand gegen Bauvorhaben oder Pläne für große Stromtrassen rege, betonte der Landrat. Auf die Frage des Korrespondenten, ob es eine Protestbewegung von Bürgern im Raum Landshut geben werde, wenn eine Mega-Stromtrasse vom Norden auf Ohu zu gebaut werden sollte, erklärte Dreier, dass man davon mit Sicherheit ausgehen dürfe. Er äußerte sich auch überzeugt davon, dass der Kreistag „wenn nicht einstimmig, dann sicher mit breiter Mehrheit" gegen eine solche Überland-Trasse aussprechen würde.
Zwischenlager darf kein De-facto-Endlager werden
Er begrüße die Energie-Wende grundsätzlich, erklärte der Landrat, denn die Atomenergie sei, das habe sich von Tschernobyl bis Fukuschima immer wieder gezeigt, letztlich immer mit unkalkulierbaren Risiken behaftet. Schließlich sei vor allem auch das Problem der Lagerung von Atommüll über viele Jahrtausende hinweg bis heute nicht ansatzweise gelöst. Das zeige auch das Atommüll-Zwischenlager am AKW-Standort Isar, bei dem die Gefahr bestehe, dass daraus ein De-facto-Endlager werde. Das werde in der Region niemand akzeptieren: Der Atommüll müsse so bald wie möglich in ein sicheres Endlager verfrachtet werden, betonte der Landrat.
Gleichwohl kritisierte Dreier, dass manche Entscheidungen beim Ausstieg aus der Atomenergie überstürzt getroffen worden seien. Mehr Planung hätte auch Ruhe in die Umstellung gebracht, bemerkte der Landrat: So sei es nur schwer nachvollziehbar, warum man hierzulande Reaktoren auf hohem Sicherheitsniveau im Handumdrehen abgeschaltet habe, während gleichzeitig in Tschechien ein Mängel-Reaktor wie Temelin kräftig aufgerüstet wurde.
Windkraft: Deutliche Kritik an Zehn-H-Regelung
Die Zukunft gehöre auf jeden Fall den erneuerbaren Energien: Je mehr man davon vor Ort erzeugen könne, desto besser sei es für eine Region und für das ganze Land. In Österreich gebe es auf diesem Gebiet viele nachahmenswerte Initiativen, die zeigten, wie man regionale Energie-Potentiale sichern und nutzen könne. Eine führende Industrie-Nation wie Deutschland werde selbstverständlich auch künftig nicht auf Großtechnologien bei der Energie-Erzeugung verzichten können. Aber jede Kilowattstunde, die regional erzeugt werden könne, vermindere die Abhängigkeit von Importen, diene den Verbrauchern und der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Deshalb sollte nach den Worten von Landrat Dreier auch darauf geachtet werden, dass nicht, wie im Herbst 2013 geschehen, aus wahltaktischen oder aus anderen Gründen regenerativen Energien schon im Kleinen der Wind aus den Segeln genommen werde.
Dreier unterstrich dabei gegenüber dem dänischen Deutschland-Korrespondenten seine Kritik an der sogenannten Zehn-H-Regelung, die Ministerpräsident Horst Seehofer letztes Jahr in die Welt gesetzt habe. Die bayerische Regelung, nach der Windkraftanlagen nur in einem Abstand des Zehnfachen ihrer eigenen Höhe zur nächsten Wohnbebauung zulässig sein sollen, mache es in einem so dicht besiedelten Land nun wirklich nicht leichter, der Energie-Wende auf dem flachen Land Rückenwind zu verleihen.