(25.10.2017) Sie hatten reichlich Holz, Tonerde und vor allem im Winterhalbjahr viel Zeit. Mit Kunstfertigkeit und Fleiß machten sie daraus hervorragendes Geschirr – ihre auch künstlerisch ansprechende Irdenware, die jahrhundertelang ein Verkaufsschlager war zwischen Nürnberg und Bozen, Augsburg und Wien: die Kröninger Hafner. Für den Landshuter Konzeptkünstler Richard Hillinger ist dieses Kunst- und Kulturschaffen der Bauern und Töpfer im Hügelland östlich von Landshut so wertvoll, dass es seiner Ansicht nach in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden sollte.
Derzeit ist er auf Tour, um Verbündete dafür zu finden, auch bei Landrat Peter Dreier ist er vorstellig geworden.
Bei MdL Hubert Aiwanger (Freie Wähler) war er schon, auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger hat er mit einer künstlerisch sehr ansprechenden Kröninger Schale in der Hand abgelichtet, etliche Bürgermeister, darunter Helmut Haider (Vilsbiburg), Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz und selbstverständlich auch das Kröninger Gemeinde-Oberhaupt Konrad Hartshauser, Kunstschaffende wie den österreichischen Aktionskünstler Hermann Nitsch und viele andere illustre Leute. Landrat Peter Dreier hat er in seinem Amtszimmer mit einem Zeugnis des Kunsthandwerks fotografiert.
Hillinger ist aber nicht dabei, einen Bildband von Prominenten zusammenstellen, er dokumentiert damit vielmehr seine Suche nach Verbündeten bei einem jedenfalls nicht alltäglichen Vorhaben: Hillinger möchte, dass die Kröninger Hafner-Ware in die Unesco-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wird. Mit dem Galeristen Georg Forster (Produzentengalerie Landshut) trug er nun dem Landrat seine Argumente für dieses Unterfangen vor.
Der umtriebige Konzeptkünstler Hillinger, der vor Jahren Friedensnobelpreisträger Lech Walesa nach Landshut brachte und auf internationale Kontakte in der Kunstszene verweist, stellt das Kunsthandwerk des Kröning in größere geschichtliche und vor allem auch kunsthistorische Zusammenhänge: Mit ihrer Spritztechnik, auf deren Grundlage sie ihre Hafner-Ware ansprechend verzierten, haben die Kröninger nach den Worten Hillingers schon vor langer Zeit künstlerische Ausdrucksmittel gefunden, mit denen weltweit renommierte Künstler des 20. Jahrhunderts Furore gemacht hätten.
Mit der sogenannten Dripping-Technik – „Farbspritzer ergeben Strukturen, Rhythmen und Muster“ – habe sich Jackson Pollock (1912-1956), einer der bedeutendsten Künstler der Moderne, so Hillinger, in die Kunstgeschichte eingeschrieben: Bringe man Kröninger Hafner-Ware aus der Zeit um 1800/1830 und Kunstwerke Jackson Pollocks zusammen, so fielen auch dem Kunst-Laien frappierende Parallelen auf.
Lange vor Pollock, einem der großen Protagonisten des Abstrakten Expressionismus, hätten die Kröninger Hafner „ein erstaunliches Empfinden für die Abstraktion entwickelt und umgesetzt“, sagt Hillinger.
Auch mit dem berühmten zeitgenössischen Künstler und Bildhauer Georg Baselitz (79) hat Hillinger nach seiner Schilderung ausführlich über diese Parallelen diskutiert und Zustimmung erhalten. Das alles hat ihn sichtlich bestärkt, das Unterfangen „Kröninger Ware auf die Unesco-Liste des Kulturerbes“ anzupacken. Peter Barteit, den Kreisheimatpfleger für den südlichen Landkreis Landshut, und langjährigen Vorsitzenden des Vilsbiburger Heimatvereins freut der Vorstoß natürlich.
Er könne diese Initiative „nur lebhaft befürworten“, stellt Barteit in einem Schreiben an den Konzeptkünstler fest. Auch Landrat Peter Dreier begrüßt dieses Engagement und wünschte Richard Hillinger und dem Galeristen Georg Forster bei ihrem Besuch im Landratsamt ganz viel Erfolg. Hillinger wird, wie er ankündigte, alsbald das mehrstufige Bewerbungsverfahren auf den Weg bringen.
Die Unesco, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, unterstützt seit 2003explizit den „Schutz, die Dokumentation und den Erhalt von Kulturformen, die von Generation weitergegeben werden“: Mehr als 400 Bräuche, Darstellungskünste, Handwerkstechniken, kulturelle Ausdrucksformen und Naturwissen aus aller Welt wurden bisher aufgenommen in die vor gut einem Jahrzehnt ins Leben gerufene Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Auf der Liste finden sich so unterschiedliche Sachverhalte wie die französische Reittradition, der Geigenbau in Cremona (Norditalien) oder die traditionelle chinesische Medizin. Deutschland ist bislang mit zwei Beiträgen vertreten: mit der Genossenschaftsidee und der Falknerei.
Im Bild oben: Der Konzeptkünstler Richard Hillinger (rechts) und der Galerist Georg Forster (links) überbrachten Landrat Peter Dreier eine nachgemachte Schale mit typischem Dekor der Kröninger Hafnerware und warben für ihre Forderung, die Tradition der Kröninger in die Unesco-Liste der immateriellen Kulturgüter aufzunehmen.