Im Bild CBS-Geschäftsführer Klaus Lehner
Landshut (15.11.2016) Pünktlich zum St. Martinsfest hat das Christliche Bildungswerk Landshut (CBW) zu einem Vortrag über die Entstehungsgeschichte der Glocke im Allgemeinen und den Glocken von St. Martin eingeladen. Als Referent konnte dafür Diözesanmusikdirektor Gerald Fischer gewonnen werden, der sich nicht nur in der Historie auskennt, sondern auch die Glocken von St. Martin selber inspiziert und sich mit deren Geschichte beschäftigt hat. Die Jubiläumsveranstaltung (250 Jahre Hauptglocken von St. Martin und 1700. Geburtstag des Heiligen Martin) mit dem historischen Vortrag im Pfarrheim St. Martin wurde ergänzt von Ausführungen des Historischen Vereins Landshut.
Und auch ein jugendlicher Zuhörer und anscheinend großer Glockenfan, wusste sich mit guten Einwürfen einzubringen. Im Anschluss daran ließ Edith Mayrhofer-Hildmann die Glocken von St. Martin in einem Glockenkonzert erklingen. CBW-Geschäftsführer Klaus Lehner freute sich über das große Interesse an der Veranstaltung und begrüßte die Zuhörer im gut belegten Pfarrsaal von St. Martin.
Der Referent, Musikdirektor Klaus Fischer, nahm die Zuhörer auf einen interessanten Ausflug in die über 5000 Jahre alte Geschichte der Glocke mit. Mit ihren Ursprüngen in China, gehört die Glocke damit zu den ältesten uns bekannten Musikinstrumenten. Der Name leitet sich ab vom irischen „cloch“ über das lateinische „clocca“, was vom vernehmbarem Geräusch der ersten tragbaren Glocken, nämlich „Klock Klock“, herrührt. Der Glockenklang der seit dem 13. Jahrhundert dominierenden gotischen Dreiklang-Gussglocke ist aus mehreren Einzeltönen zusammengesetzt. Diese Töne haben ihren Ursprung in den Eigengesetzlichkeiten des Glockenklangaufbaus. Beim Anschlag des Glockenklöppels ist neben den vielen Teiltönen ein Ton besonders stark zu hören, nach welchem auch die Tonhöhe der Glocke bestimmt wird. Die Kirche hat sich anfangs schwer getan mit der Verwendung von Glocken. Obwohl schon im 3./4. Jahrhundert die Eremiten mit Glocken gerufen wurden. Erst das Erkennen der Symbolik des „Rufens der Gläubigen“ in Verbindung mit einem deutlich sichtbaren Glockenturm hat den Durchbruch der Glocken in das Gotteshaus begünstigt.
Die damals noch geschmiedeten Glocken, beispielsweise der irisch/schottischen Wanderprediger (St. Patrick), erinnern eher an heutige Kuhglocken. Seit dem 8. Jahrhundert gibt es gegossene Glocken. Dabei spielte Landshut früher als Glockengießer-Stadt eine bedeutende Rolle, denn hier waren nicht weniger als 17 Glockengießer ansässig. Diözesanmusikdirektor Gerald Fischer wusste auch eine interessante Anekdote über Napoleon zu erzählen, der von Glocken begeistert war. Wenn er vor Einzug in die Stadt eine Glocke läuten hörte (meist die Sturmglocke wegen des bevorstehenden Angriffs), ließ er seine Soldaten anhalten um dem Geläut zu lauschen. Was ihn aber nicht davon abhielt, die Glocken nach Eroberung der Stadt abbauen zu lassen, um das eingeschmolzene Material für den Kanonenbau zu verwenden. Das Geläut der Martinskirche in Landshut besteht aus 6 Glocken, deren Entstehungszeit von 1370 bis 1767 reicht. Damit ist dies der älteste und größte Glockenbestand Süddeutschlands.
Neben der kleinsten Glocke, der „Bayerin“ beherbergt der Glockenstuhl eine der ältesten Glocken des Erzbistums München und Freising, die „Ave - oder Sperrglocke“. Der frühere Name „Sperrglocke“ leitete sich davon ab, dass sie beim Versperren der Stadttore geläutet wurde. Heute erklingt diese 1000 Kilogramm schwere Glocke einzeln täglich dreimal zum Angelus. Nach der „Salveglocke“ des Münchner Liebfrauendoms, erklingt im Martinsturm mit der „Probstglocke“ die zweitgrößte Glocke des Erzbistums München und Freising. Sie stammt aus dem Jahre 1767, wiegt 7000 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 2,10 Meter. Sie wird einzeln beim Tod eines Papstes, Bischofs oder Probstes geläutet. Die insgesamt elf Glocken und die beiden neuen Glocken der Frauenkapelle von St. Martin stellen einen einzigartigen Querschnitt durch die Glockengeschichte von der frühen Gotik bis zum Spätbarock dar.
Die Kirchenmusikerin von St. Martin, Edith Mayrhofer-Hildmann, spielte im Anschluss an den Vortrag ein nicht alltägliches Glockenkonzert und ließ alle so an der erleb- und erhörbaren Geschichte der Glocken von St. Martin teilhaben.