Altgediente CSU'ler erinnern sich, wie der blutjunge Wolfgang Götzer, schon Jurist, aber noch ohne Doktortitel, völlig überraschend vor gut 30 Jahren dem renommierten Bundestagsabgeordneten Dr. Fritz Zimmermann die Kandidatur im Stimmkreis Landshut-Kelheim mit einer einzigen Rede bei einer Niominierungsversammung streitig machte. Götzer ist zuvor schon Franz Josef Strauß durch seine kämpferische, hochpolitische Abiturrede im Hans-Carossa-Gymnasium aufgefallen. Prompt ließ Strauß die Abi-Rede ganzseitig im "Bayenrkurier" abdrucken.
Und Strauß gratuleirte dem Landshuter Jungpolitiker auch noch per Telefon.
Jetzt, am Dienstag, 24. März, tritt übrraschend der 28-jährige JU-Vorsitzende Thomas Haslinger gegen seinen 20 Jahre älteren Parteifreund Helmut Radlmeier an. Es geht zwar "nur" um den Parteivorsitz der Landshuter CSU. Doch am Ende um einen generellen Richtungsstreit. Seit Wochen glühen deshalb die Telefondrähte. Die JU hat ca. 140 Mitglieder. Ein Großteil ist auch bei der CSU. Der harte Kern der Haslinger-Anhänger innerhalb der JU wird auf ca. 40 bis 60 geschätzt. Dazu kommen die zumeist stillen Vertreter des Reform-Flügels innerhalb der CSU, wo Haslinger ja immerhin einer der vier stellvertretenden Vorsitzenden ist. Freilich, Reform-Initiativen oder -Vorschläge sind von Haslinger jedoch bisher nicht bekannt. Seine eigene JU-Homepage ist z.B. auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Vieles, wenn nicht alles, wird von der Bewerbungsrede des Herausforderers am 24. März um 19.30 Uhr im Bernlochnersaal abhängen. Klar, Radlmeier wird von Oberbürgermeister Hans Rampf zur Wiederwahl vorgeschlagen. Haslinger muß wohl in erster Linie für sich selbst werben, erklären, warum zuletzt nicht alles optimal gelaufen ist. Warum sich ein Teil der CSU-Stadträte von der CSU-Fraktion losgelöst und den "Konkurrenz"-Verein Landshuter Mitte gegründet hat, nicht irgendwelche Hinterbänkler, sonder drei Stadträte aus der ersten Reihe. Dazu kam bei der Stadtratswahl mit Tilmann von Kuepach noch ein vierter LM-Stadtrat mit CSU-Parteibuch.
Thomas Haslinger agiert vom ersten Tag seiner Zugehörigkeit zum Stadtrat auf Kooperation mit dem sogenannten "bürgerlichen Lager", also mit Freien Wählern und Landshuter Mitte. Er sitzt als Fraktionschef der Jungen Liste/Bürger für Landshut mit den bürgerlichen Fraktionschefs Schulter an Schulter ganz vorm im Plenarsaal. MdL und Stadtrat Helmut Redlmeier sitzt dort am Rande, links von Fraktionschef Rudolf Schnur.
Also Haslinger kann auf ca. 80 Prozent seiner JU-Mitglieder (harter Kern), auf den Schnur-Flügel, auf jene CSU-Mitlgieder, die jetzt bei der Landshuter Mitte "geparkt" haben und auf die Reformer innerhalb der schweigenden 700 CSU-Mitlgieder zählen. Am Ende könnte er um die 100 Stimmen bekommen. Vor zwei Jahren waren nur 140 stimmberechtigte Mitglieder bei der Wahl des Parteivorstands anwesend. Also muß das Radlmeier-Lager schon eine intensive und breit angelegte Mobilisierung einer sicheren und auch nach außen überzeugenden Mehrheit starten.
Radlmeier selbst absolviert ja vor dem 24. März vier nicht öffentliche CSU-Stadtteil-Versammlungen. Er ist fast täglich in den Medien zu finden. OB Rampf lobt den Abgeordneten Radlmeier schon jetzt als wertvollen Türöffner zu wichtigen Ministerien.
Nicht auszudenken, wenn Helmut Radlmeier die Kampfabstimmung verlieren würde. Das wäre nicht zuletzt auch eine saftige Blamage für Oberbürgermeister Hans Rampf, 21 Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, schlimmer als die verlorenen Bürgerentscheide 2012 um die Westtangente und den Burgaufzug.
Kein Zweifel, Helmut Radlmeier ist jetzt mit Leib und Seele Abgeordneter. Wenn möglich, wird er am 24. März die Frage aller Fragen, OB-Kandidatur ja oder nein oder nur vielleicht nicht ansprechen. Zuletzt tat er dies bei seiner Rede Mitte Januar zum Neujahrsempfang. Da sprach er von mehreren möglichen Optionen. Bei einem politischen Stammtisch charaktierisierte er sogar seinen Wunsch-OB-Kandidaten ohne freilich einen Namen zu verraten. Das war wohl längere Zeit der smarte Stadtdirektor Andreas Bohmeyer, ein CSU-Mitgliied fürwahr, doch der wichtigste Mann im Rathaus-Management an der Seite von OB Rampf ist nicht mehr vordergründig im Gespräch.
Die OB-Kandidaten werden wohl noch heuer im Herbst von ihren Parteien und Vereinen nominiert. Zu erwarten sind mindestens drei Bewrber/innen (CSU, Grüne, LM), wenn nicht sogar bis zu fünf (also auch noch von SPD und FDP) um die Nachfolge von Hans Rampf, dessen Amtszeit am 31.12.2016 endet. Bayernpartei-Stadtrat Robert Neuhauser setzt immer noch auf eine parteienübergreifende Kandidatur von Stadtkämmerer Rupert Aigner, der freilich in Essenbach zu Hause ist.
Die LInken in Landshut, die auf Bundesebene immerhin mit bis zu 9 Prozent bei Umfragen gehandelt werden, sind in Landshut praktisch am totalen Nullpunkt angelangt, ohne Parteivorstand, nach dem Austritt des letzten Vorsitzenden Reiner Zisler, der mit einer Rückkehr zur SPD liebäugelt.
Die Freien Wähler hätten mit MdL Jutta Widmann (53) eine prädestinierte OB-Kandidatin, doch die unauffällige Stadträtin und wenig profilierte Listen-Abgeordnete (schon seit 2008) hat wohl Angst, als OB-Kandidatin mit einem Stimmenergebnis wie zuletzt Ihr "Partei"-Freund Robert Mader (nur 4,68 %) zu scheitern. Die "Freien", so pfeifen es die Spatzen von allen Landshuter Dächern, werden wohl - aus Dankbarkeit für die Wahl von Erwin Schneck zum 3. Bürgermeister - eine andere OB-Kandidatin aus dem bürgerlichen Lager unterstützen. Beim Starkbierfest der JU im Gasthaus Hahn war für jedermann die besondere Vertrautheit von MdL Widmann mit der designierten OB-Kandidatin der Landshuter Mitte, Prof. Dr. Goderbauer-Marchner (55), von Bußprediger Barnabas (Thomas Haslinger) auffallend wohlwollend gestreichelt, zu erkennen.
Also noch zehn wichtige Tage bis zur Count Down am 24. März. Eine Kraftprobe für die jeweiligen Teams. Vorteil Radlmeier: Er ist der "Titelverteidiger" und kann von einem gut eingespielten Parteibüro (in der Freyung) aus operieren. Dazu kommt sein persönlicher MdL-Mitarbeiter Rüdiger Abel als erfahrener Wahlkampfmacher. Thomas Haslinger hat zwar als Fraktionschef im Rathaus ein Büro mit Teilzeitsekretärin, doch das darf nicht für die Parteiarbeit mißbraucht werden. /hs