Dramatische Situation bei Zugangszahlen von unbegleiteten Minderjährigen und Asylbewerbern – auch Zwangszuweisungen möglich - Die Situation bei den Zugangszahlen von unbegleiteten Minderjährigen (uM) ist dramatisch. Deswegen traf sich Regierungspräsident Heinz Grunwald (Foto) heute mit den Oberbürgermeistern und Landräten Niederbayerns zu einer Krisensitzung.
Der anhaltende Zustrom von unbegleiteten Minderjährigen stellt die Jugendämter und alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Derzeit sind in Niederbayern ca. 489 uM's (Oktober 2014 waren es 221). Es müssen dringend fortlaufend und mit großer Intensität weitere Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden. Die vom Bayerischen Sozialministerium für jeden Landkreis festgelegten Quoten werden auch dann erfüllt werden müssen, wenn keine freien Plätze gemeldet sind.
Aufgrund der hohen Zugänge und der prognostizierten Zahlen für 2015 können uM's vielfach nur in einem „Notunterbringungsverfahren" betreut werden, bis ein bundesweites Verteilsystem, das für 2016 erwartet wird, Entlastung für Bayern bringen soll. Das heißt, dass etwa im Einzelfall überprüft werden muss, ob niedrigschwelligere Betreuungsformen in Betracht kommen. Außerdem sollen die Jugendämter verstärkt überprüfen, ob uM's, die mittlerweile volljährig sind, noch weiter spezifischen Betreuungsbedarf der Jugendhilfe haben.
Derzeit 8300 Asylbewerber in Niederbayern
Auch die Zugangszahlen von erwachsenen Asylbewerbern in Niederbayern sind dramatisch. Derzeit sind ca. 8300 Asylbewerber in Niederbayern unterzubringen (ca. 2030 Personen in staatlichen Gemeinschaftsunterkünften, ca. 3770 Asylbewerber in Unterkünften der Landratsämter bzw. kreisfreien Städten, ca. 1650 Asylbewerber in der Erstaufnahmeeinrichtung in Deggendorf, hinzu kommen rund 200 Personen, die Unterkünften zugewiesen wurden, aber noch nicht eingezogen sind, rund 600 Personen, die noch auf Unterkünfte verteilt werden). Es wird bei den Zugängen eine weitere Zuspitzung erwartet. Daher sind alle Landratsämter bzw. kreisfreien Städte dazu aufgerufen, weitere Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen.
Die Regierung von Niederbayern hat seit 02.01.15 die Erstaufnahmeeinrichtung (AE) in Deggendorf offiziell in Betrieb genommen. Dort werden die Asylbewerber aufgenommen, die über Niederbayern nach Deutschland kommen oder von anderen Aufnahmeeinrichtungen nach Niederbayern verteilt werden. Aufgrund der hohen Zugangszahlen reichen die Kapazitäten in der Erstaufnahmeeinrichtung (501 Plätze) bei weitem nicht aus. Deswegen gibt es mittlerweile neben der offiziellen Dependance in Freyung acht Notunterkünfte verteilt auf ganz Niederbayern, die im Rahmen des Winternotfallplans – der jetzt ein ständiger Notfallplan ist – aktiviert worden sind.
Weitere Gemeinschaftsunterkünfte dringend gesucht
Nach Durchlaufen der Verfahrensschritte in der AE werden die Asylbewerber, sofern sie Niederbayern zugewiesen sind, im Regelfall in von der Regierung betriebenen staatlichen Gemeinschaftsunterkünften (derzeit 23) oder mittels Direktzuweisung an die Kreisverwaltungsbehörden untergebracht. Daher sucht die Regierung dringend weiterhin nach Objekten, die sich als Gemeinschaftsunterkunft eignen.
Ein weiteres Problem sind die sogenannten Fehlbeleger (mehr als zehn Prozent) – Asylbewerber, die auszugsverpflichtet sind und aus der Gemeinschaftsunterkunft aber nicht ausziehen können, weil keine geeigneten Wohnungen zur Verfügung stehen. Auch hierfür werden dringend Objekte gesucht.
Hintergrundinfos
Unbegleitete Minderjährige (uM)
Bayernweites Verteilsystem von unbegleiteten Minderjährigen (uM)
Seit Ende 2014 werden uM bayernweit verteilt. Auch Niederbayern ist in der bayernweiten Verteilung mit eingeschlossen. Bisher hat Niederbayern allerdings an dieser Verteilung nicht in vollem Umfang teilgenommen, da in der Stadt Passau und im Landkreis Passau sehr viele uM angekommen sind und noch ankommen, die niederbayernweit verteilt werden. Die bayernweite Verteilung der uM erfolgt nach vorgegebenen Quoten ähnlich der Verteilung von Asylbewerbern.
Aufnahme, Unterbringung und weitere Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen (uM)
Die Aufnahme, Unterbringung und weitere Betreuung von uM ist originäre Aufgabe der öffentlichen Jugendhilfe, also der bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelten Jugendämter. Die Regierung von Niederbayern kümmert sich als Heimaufsicht darum, dass die Jugendämter zusammen mit den Einrichtungsträgern der freien Jugendhilfe neue Plätze für uM schaffen und für diese Einrichtungen dann die Betriebserlaubnis erteilt. Außerdem ist sie für die Verteilung der uM innerhalb des Regierungsbezirks Niederbayern verantwortlich.
Die Jugendlichen werden nach der Ankunft vom Jugendamt des Ortes in Obhut genommen, an dem sie angetroffen bzw. von der Bundespolizei aufgegriffen werden. Die Jugendämter werden entsprechend von der Bundespolizei informiert. Danach werden die Jugendlichen in einer Inobhutnahmeeinrichtung (kann gegebenenfalls auch notfallmäßige Einrichtung sein) untergebracht, in der ein sog. Clearingverfahren (ca. 1-2 Monate) zur Feststellung des konkreten Jugendhilfebedarfs durchgeführt wird. Zugleich muss das Jugendamt beim Familiengericht die Bestellung eines Vormundes für den uM beantragen. Nach Abschluss des Clearingverfahrens werden die uM in geeigneten Nachsorgeeinrichtungen mit Therapieangebot in der Regel in Wohnheimen, Wohngruppen - vereinzelt auch in Pflegefamilien untergebracht.
Das Asylaufnahmeverfahren bzw. die Verteilung der uM auf die Landkreise und kreisfreien Städte kommt erst zum Tragen, wenn das Clearingverfahren abgeschlossen ist und der Vormund einen Asylantrag gestellt hat. Die Zuweisung der uM mit Bescheid an die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte erfolgt dann durch Regierungen.