Im großen Sitzungssaal des Rathauses - Foto vom 9. Okt. - kann man heute wieder den Eingang der Wahlergebnisse ab 18 Uhr verfogen. Auch die beiden Kandidaten, viele Journalisten, TV-Leute und viel Prominenz wird dabei sein. - Foto Hermann Schnall
Landshut (23.10.2016) Ideales Wetter für einen Wahlsonntag. Viele Leute sitzen noch vor den Cafes in der Altstadt. Die neue gastronomische Top-Adresse seit Freitag, "Tante Frieda" Unter den Bögen, zu "Michelangelo" (Pächter Werner Maier) gehörig, ist schon wieder bestens besucht, aber auch das "Lavazza" nebenan. - Nun, die Meinungen über den heutigen Stichwahl-Ausgang gehen immer noch weit auseinander. Wird erstmals ein FDP-Mann, der gebürtige Österreicher Alexander Putz (53), der erst seit drei Jahren die Deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und noch nie einen Tag in Landshut wohnhaft war, sondern seit 2011 in Bruckberg im dort selbst gebauten Wohnhaus mit Swimmingpool lebt, neuer Oberbürgermeister der mittlerweile über 70.000 Einwohner großen Bezirkshauptstadt Landshut?
330 Österreicher leben offiziell in Landshut. OB-Kandidat Putz stammt aus Klosterneuburg (27.000 Einwohner) bei Wien. Sein Vater war ein aktiver Sozi (SPÖ).
Viele Medienvertreter sind schon in der Stadt, auch TV-Anstalten. Sie interessieren sich brennend für diese Stichwahl. Favorit ist ja nach dem ersten Wahlgang am 9. Oktober immer noch CSU-Kandidat Helmut Radlmeier (50), Stadtrat seit 2002, CSU-Kreisvorsitzender seit 2009 in der Nachfolge von Dr. Wolfgang Götzer und seit 2013 Landtagsabgeordneter. Eine klassische Karriere des Bankers, die stark an Josef Deimer erinnert, der ja 1966 auch erst Abgeordneter wurde und drei Jahre später (1969) erstmals zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Deimer hatte im übrigen bei all seinen Wahlen immer bessere Ergebnisse als seine Partei (CSU) bei den Stadtratswahlen. So war es auch noch 1998. Deimer bekam 58.24 %, bei der Stadtratswahl zwei Jahre zuvor (1996) erhielt die CSU nur mehr 45,5 %. Mit Werner Zwing (Freie Wähler) wurde erstmas ein Nicht-CSU'ler 3. Bürgermeister.
Machen wir uns nichts vor. Erst der unerwartete Tod von OB-Kandidatin Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner Anfang Juni hat die Wahlchancen der vier Kandidaten extrem deutlich verändert. Nein, die Vorstandschaft der Landshuter Mitte mit Prof. Dr. Thomas Küffner an der Spitze wollte Alexander Putz danach nicht offiziell unterstützen. Seine Siegchancen wurden äußerst gering eingeschätzt ("den kennt ja niemand"). Erst vor ca. vier Wochen erklärten einige Sprecher der Landshuter Mitte (z.B. Weimar, Dr. Aichinger) in Anzeigen ihre Unterstützung für Alexander Putz. Fast gleichzeitig sprach sich auch der Verein "Bürger für Landshut" für die Wahl von Putz aus. Plötzlich bekam der Wahlkampf eine neue Richtung. Die Mitbewerber der SPD (Patricia Steinberger) und der Grünen (Stefan Gruber) ließen es zu, dass FDP-Kandidus Putz Zug um Zug Boden gut machen konnte, vor allem bei den zehn Podiumsdiskussionen. Er wurde so gut wie nie attackiert.
Im Stichwahlkampf kam es dann zum finalen Duell am letzten Montagabend in der brechend vollen Sopie's-Alm (Alter Schlachthof). Bei der Briefwahl nehmen nur ca. 200 Wählerinnen und Wähler mehr als am 9. Oktober teil. Das deutet daraufhin, dass die Wahlbeteiligung generell nicht sprunghaft ansteigen wird. Zuletzt waren es ja nur 46,34 Prozent. Nur 25.000 der 54.500 Wahlberechtigten gingen wählen. Die Ursachenforschung hat längst begonnen: Generelle Wahlmüdigkeit, Uninteressiertheit, zu blasser Wahlkampf, kein Streit, kaum Kampf, fast nie gingen Anhänger der Kandidaten zu Wahlversammungen von Mitbewerbern. Häufig wurden in den Versammlungen keinerlei Fragen gestellt. Geht es den Landshutern zu gut? Gibt es keine diskussionswürdigen Probleme oder nur Problemchen? So wurde beim großen Duell lin Sophie's Alm die immer noch extrem hohe Verschuldung der Stadt und wie man diesen Schuldenberg abbauen kann, überhaupt nicht diskutiert, auch nicht vom Moderatoren-Duo in Frage gestellt.
Nein, mit bisher unbekannten Ideen und Vorschlägen konnte auch der Newcomer Alexander Putz nicht glänzen. Sein Wahlprogramm ist dem des CSU-Kandidaten zu ähnlich. Einiges hat er wohl auch von der LM angekupfert. Zuletzt schlug er gar eine Tiefgarage für die Grieserwiese vor. Das war mal eine Idee der Landshuter Mitte bzw. von OB-Kandidatin Goderbauer-Marchner. Sie wollte ja auch die Neustadt für Parkplätze unterkellern.
Ja, Landshut hat seit dem 5. Oktober 1974 mit Ried (11.700 Einwohner) im österreichischen Innviertel eine Partnerstadt im 8,7 Mio. Einwohner großen Nachbarland. Eine große Sportstadt. Der SV Ried spielt seit Jahren erfolgreich in der 1. Bundesliga mit. Aber auch die Leichtathletik ist bestens aufgestellt. Seit 2010 hat die Partnerstadt mit dem 1. Rieder Eiskhockeyverein sogar eine neue Sportart im Programm.
Kulturell ist Ried vor allem mit "Kunst im Keller" (KiK) profiliert. Dort wird Kleinkunst, Rock und Jazz ebenso angeboten wie auch Kabarett, Satire und Literatur oder Theater. Das wird vor allem dem Literaturfreund Alexander Putz gefallen.
Am Wahlsonntag 9. Oktober, im Sitzungssaal des Rathauses: Betretene Mienen bei den CSU-Stadträtinnen Anke Humpeneder-Graf (li.) und Getraud Rößl sowie bei Sabine Radlmeier (re.). Im Hintergrund Stadträtin Margit Napf und Helmut Radlmeier. - Foto Moosbühler
Beim Montag-Duell vor den Fernsehkameras von Isar tv wurde Kandidat Radlmeier von Moderator Socker-Jukic gefragt, ob er bei einem Oberbürgermeister Alexander Putz sein Landtagsmandat wie bisher in Sinne der Stadt ausüben wolle. Das konnte Radlmeier natürlich nur bejahen. Alexander Putz genoss diese Fragestellung und nickte beifällig seinem Konkurrenten zu. Warum hat der Moderator die Frage nicht andersrum gestellt? Was tun sie, Herr Putz, wenn Radlmeier OB wird? Putz ist in Landshut stadtpolitisch noch kaum in Erscheinung getreten. 2014 kandidierte er zwar auf der FDP-Liste zum Stadtrat, hat es aber nicht geschafft. Nur der junge Norbert Hoffman sitzt für die FDP im Stadtrat (44 Sitze).
Mit Prof.Dr. Goderbauer-Machner wären es fünf OB-Kandidaten gewesen. Sie hätte den Wahlkampf schnell auf ein Duell mit Helmut Rdlmeier zugespitzt. Dafür gab es schon deutliche Anzeichen in ersten Versammlungen und auch in Stadtratssitzungen. So war die Wahl am 9. Oktober wohl in erster Linie eine Goderbauer-Memory-Wahl. Putz bekam die Stellvertreter-Stimmen (knapp 28 %). Das wird jetzt bei der Stichwahl in diesem Ausmaß nicht mehr der Fall sein, kalkulieren Wahlbeobachter und Wahlkampfmanager. Schier grenzenloser Optimismus herrscht jedoch im Lager von A. Putz. Er lädt ab 18 Uhr zur Wahlparty ins "Tiger Lilly" ein und morgen um 10 Uhr will er schon eine Pressekonferenz um 13 Uhr bei "Paolo" geben, falls er heute zum neuen OB gewählt wird.
Der CSU-Kandidat Helmut Raldmeier hält die Wahlparty ab 18 Uhr in der Schönbrunner Tafernwirtschaft. Er, wie auch Putz wird aber zunächst um 18 Uhr die Erbegnisse im großen Sitzungssaal des Rathauses abwarten. Dort kann auch jeder sonstige interessierte Landshuter den Eingang der Wahlergebnisse aus den 60 Wahllokalen mitverfolgen. Schon nach 10 bis 15 Minuten wird man erste Teilergenisse haben.
Der neue OB tritt sein Amt jedoch erst zum 1. Januar 2017 an. Ein Sonntag zwar, doch an diesem Neujahrstag gibt traditionell die Stadtkapelle vom Rathausbalkon aus ein Konzert. Da wird auch schon der neue Oberbürgermeister mit dabei sein.
Der neue OB ist ja auch offizieller Gastgeber der Stadt für Promis aus aller Welt bei der Landshuter Hochzeit 2017. Angeblich hat sich bereits der erst 30-jährige smarte Österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. In der Geburtsstadt von Putz, Klosterneuburg, ist die dortige FPÖ (vergleichbar der FDP) mit 4 Sitzen im Stadtrat. Die Volkskpartei (ÖVP) hat 20 Sitze, die Grünen 6, die SPD nur 5, eine PUK 3 die NEOS 2 und ein Hofbauer einen Sitz. /hs