Landshut (27.10.2017) In Berlin laufen derzeit die Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Auch wenn unklar ist, welches Bündnis zustande kommt, haben der Deutsche und der Bayerische Städtetag nun ihre Erwartungen an die künftige Regierung formuliert. Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) schließt sich diesen Forderungen an und setzt seine Prioritäten: Aus kommunaler Sicht geht es für ihn um eine bessere Finanzausstattung der Städte und Gemeinden und um mehr Engagement des Bundes in den Bereichen Bildung und Wohnungsbau. - Angesichts von Steuereinnahmen in Rekordhöhe sind sich die im neuen Bundestag vertretenen Parteien zumindest im Grundsatz alle einig: Speziell die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen sollen steuerlich spürbar entlastet werden.
„Dieses Ziel finde ich als Liberaler natürlich absolut richtig“, sagt Putz. Allerdings dürften die Einnahmen der Kommunen nicht unter einer Steuerreform leiden. Darauf müsse die künftige Bundesregierung unbedingt achten, denn: „Der Investitionsstau in Städten und Gemeinden ist schon jetzt enorm und beläuft sich deutschlandweit auf rund 126 Milliarden Euro.
Auch wir Landshuter wissen davon ein Lied zu singen“, so der Oberbürgermeister mit Blick auf die dringend nötigen, teils aber schon seit vielen Jahren aus finanziellen Gründen immer wieder vertagten Sanierungen von Schulen, des Stadttheaters und des Eisstadions. „Wie viele meiner Kollegen im Städtetag würde ich mir deswegen wünschen, dass die Einnahmesituation der Städte und Gemeinden langfristig und planbar verbessert wird. Dafür bietet sich die Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer an.“ Der Rathauschef verspricht sich davon einen größeren Handlungsspielraum – und damit die Möglichkeit, zumindest die dringendst nötigen Investitionen ohne weitere Verzögerungen anzupacken.
Veränderungen fordert Putz auch in der Bildungspolitik.
Ein Dorn im Auge ist ihm dabei das Kooperationsverbot: „Gute Bildung für alle ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die Bund, Länder und Kommunen zusammenwirken müssen“, sagt er. „Die Qualität der Schulbildung und die Ausstattung der Gebäude darf beispielsweise nicht von der Finanzkraft der jeweiligen Kommune abhängig sein.“ Der Bund müsse deswegen das Recht und die Pflicht haben, sich zum Beispiel bei der in den nächsten Jahren anstehenden weiteren Digitalisierung der Schulen und beim Ausbau und der Finanzierung der Ganztagsbetreuung finanziell (noch) mehr einzubringen. Gleichzeitig seien selbstverständlich auch die Länder in der Pflicht. So müsse sich der Freistaat schon wegen des in der Verfassung verankerten Konnexitätsprinzips (Grundsatz: „Wer anschafft, muss auch bezahlen“) an der Finanzierung des Aufbaus einer digitalen Infrastruktur an den bayerischen Schulen ebenso beteiligen wie an deren Folgekosten, sagte Putz. Der FDP-Politiker stellte sich damit nachdrücklich hinter entsprechende Forderungen des Bayerischen Städtetags-Chefs Kurt Gribl (CSU), der auch OB von Augsburg ist.
Mehr Unterstützung vom Bund erwartet Putz auch beim Wohnungsbau.
Wie der Städtetag insgesamt, setzt der Landshuter OB dabei auf mehrere Rezepte: „Ich bin dafür, die finanziellen Anreize für die Schaffung von selbstgenutztem Wohnraum zu erhöhen – sei es über Investitionszulagen, sei es über ein Baukindergeld“, sagt Putz. Gleichzeitig gelte es, den sozialen Wohnungsbau weiter anzukurbeln. „Diesen Bereich muss der Bund auch über 2019 hinaus, wenn die Entflechtungsmittel des Bundes für soziale Wohnraumförderung auslaufen, mitverantworten.“ Die Kommunen seien gerade in stark wachsenden Regionen wie Landshut nicht in der Lage, den stetig steigenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ohne tatkräftige Hilfe von Bund und Ländern zu decken.
Ein denkbarer Weg, um die Bau- und in der Folge auch die Wohnkosten zu senken, ist für Putz die Lockerung der aktuell sehr strengen Energie-Einsparverordnung (EnEV). „Die Vorschriften wurden in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft und haben einen erheblichen Anteil an den kontinuierlich steigenden Baukosten“, so Putz. „Der energetische Nutzen der Neuerungen steht dazu nach meiner Überzeugung in keinem vernünftigen Verhältnis mehr.“ Das sieht die Mehrheit der Landshuter Stadträte genauso. Deswegen wurden die Vertreter der Stadt im Bayerischen und Deutschen Städtetag jüngst per Plenarbeschluss gebeten, „auf eine Reduzierung der gesetzlichen Mindeststandards im Bauwesen zu drängen“. Eine Aufforderung, der Putz „gern und aus Überzeugung nachkommen“ wird.
Putz fordert vom Bund klare Linie in der Flüchtlingspolitik
FDP-OB: „Situation wie im Herbst 2015 darf sich nicht wiederholen“
Bei den Sondierungsgesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung zählt das Thema Asyl und Migration zu den umstrittensten Punkten zwischen den Parteien. Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) fordert in diesen Fragen eine klare Linie des Bundes, denn: „Die Integration der Menschen, die bei uns Asyl oder ein Bleiberecht genießen, wird die wohl schwierigste Aufgabe der kommenden Jahre für unser Land sein.“
Der Bund müsse daher ein bedarfsgerechtes Angebot an Integrationskursen vor Ort finanzieren, ohne zeitliche Begrenzung insbesondere für die Unterkunftskosten der Bleibeberechtigten aufkommen und noch mehr Anstrengungen unternehmen, „dass diese Menschen ihren Lebensunterhalt über Arbeit schnellstmöglich selbst verdienen können“, so Putz. Auf keinen Fall dürften die Kommunen auf den durch die Flüchtlingspolitik des Bundes verursachten Kosten sitzen bleiben.
Von höchster Bedeutung sei zudem, die Aufnahme- und Anerkennungsverfahren weiter zu verbessern, sagt der OB. „Wir müssen viel schneller als bisher wissen, wer überhaupt zu uns kommt, wer dann als Asylberechtigter oder Kriegsflüchtlinge ein Bleiberecht in Deutschland hat und wer nicht bei uns bleiben darf, zum Beispiel weil er allein aus wirtschaftlichen Gründen ins Land möchte.“ Putz teilt die Ansicht von FDP-Chef Christian Lindner, dass das Aufenthaltsrecht von anerkannten Flüchtlingen zeitlich begrenzt sei. „Sobald keine Fluchtgründe mehr vorliegen, muss die Rückkehr ins dann wieder sichere Herkunftsland der Regelfall sein.“ Wer sich illegal im Land aufhalte, habe dagegen entweder unverzüglich freiwillig auszureisen oder müsse in sein Heimatland abgeschoben werden, betont der Oberbürgermeister. „Da steht eine neue Bundesregierung in der Pflicht.“ Denn dieser zentrale Punkt sei bisher vernachlässigt worden. „Das verstehen viele Bürger ebenso wenig wie ich. Auch aus meiner Sicht wäre eine konsequente Rückführung von Ausreisepflichtigen, von denen es aktuell Hunderttausende in unserem Land gibt, sehr wichtig – schon deshalb, um die gesellschaftliche Bereitschaft, die wirklich Schutzbedürftigen weiter aufzunehmen und zu integrieren, nicht zu gefährden.“
Eine Politik der offenen Grenzen und des damit unkontrollierten Flüchtlingszustroms dürfe es keinesfalls mehr geben, mahnt Putz: „Eine Situation, wie wir sie im Herbst 2015 vor allem bei uns in Südostbayern erlebt haben, ist inakzeptabel und führt zwangsläufig bei weiten Teilen der Bürgerschaft zu einem Vertrauensverlust in die politischen Verantwortungsträger. Die nächste Bundesregierung muss daher alle nötigen Maßnahmen treffen, damit sich so etwas nicht wiederholt.“ Ein tragfähiges Konzept auszuarbeiten, das diese Erkenntnis mit dem geltenden Asylrecht und den Vereinbarungen der Genfer Flüchtlingskonvention in Einklang bringt, sei daher eine Kernaufgabe der neuen Regierung.
Vom Themenkomplex „Asyl und Flüchtlinge“ sauber zu unterscheiden ist laut Putz die – grundsätzlich durch den Staat steuerbare – Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten. „Die werden mehr denn je gebraucht. Deswegen ist es höchste Zeit, dass Deutschland endlich ein Zuwanderungsgesetz und damit feste Regeln bekommt, nach denen die legale Arbeitsmigration ablaufen soll.“