Fotos (W. Götz): Cem Özdemir hat türkische Wurzeln, spricht astreines Schwäbisch und steht für technischen Fortschritt.
Landshut – gw (04.09.18) Am Sonntag gab es hohen Besuch im Landshuter Europagarten. Der Grüne Spitzenpolitiker Cem Özdemir gab sich auf Einladung von MdL Rosi Steinberger die Ehre und sprach zusammen mit dem Spitzenkandidaten zur Landtagswahl, Ludwig Hartmann, über Landwirtschaft, Bahn- und Glasfaserausbau, Klimawandel und Demokratie: „Sendet bei der Landtagswahl ein Zeichen, dass Populismus im Freistaat keine Chance hat.“
Knapp 200 Zuhörer kamen, trotz des launigen Wetters, am Sonntag um 16 Uhr in den Europagarten (gleich hinter dem Prantlgarten), um Cem Özdemir sowie Ludwig Hartmann live zu erleben. MdL Rosi Steinberger war sichtlich glücklich, dass es ihr und ihrem Mann Frank Steinberger gelang, Cem Özdemir der auf der Anreise zum politischen Gillamoos Montag war, zu einer Stippvisite nach Landshut einzuladen.
Ludwig Hartmann kritisierte zu Beginn seiner Rede die Rhetorik von Innenminister Horst Seehofer in der Zuwanderungsdebatte: „Europa ist immer nur so gut, wie seine Menschen sind und die Politiker, die sie regieren.“
Der Grüne Spitzenkandidat Ludwig Hartmann will den Flächenfraß in Bayern eindämmen. Am Freitag, 7. September, kommt er wieder nach Landshut und spricht um 17.30 Uhr am Ländtor.
Dann sprach er über das Grüne Lieblingsthema, das Bürgerbegehren gegen den Flächenfraß. „Denn es darf nicht kommen, dass Bayern zu einem Gewerbegebiet mit Autobahnanschluss verkommt.“ Leider wurde das Bürgerbegehren durch das Verwaltungsgericht abgewiesen, so Hartmann weiter, aber wer will, dass der Flächenverbrauch in Bayern pro Tag von zehn auf fünf Hektar verringert wird, muss am 14. Oktober die Grünen wählen. „Bayern ist ein starkes Land“, so Hartmann. Daher benötigt es eine starke Regierung mit den Grünen. „Das ist gut für die Demokratie.“
„Der Geist der AfD darf in Bayern nicht mehrheitsfähig werden“, warnte Cem Özdemir, der selbst in Chemnitz war und die Lage vor Ort beobachten konnte, bei der die AfD zusammen mit Rechten Gruppierungen durch die Stadt zog. „Denn alles, was die AfD kann, ist die Würde des Menschen mit Füßen zu treten.“
Mächtig stinkt Özdemir die Landschaftspflege alla CSU, mit der am Tag 18 Fußballfelder in Bayern zubetoniert werden. „Geht man so mit seiner Heimat um?“ fragte er, „mit Betonwahn und mit Glyphosat?“ Heimat bedeutet für ihn, dass es am Land noch einen Bäcker und einen Metzger gibt und auch einen Schlachthaus, um den Tieren nicht durch halb Europa zu karren.
Will das Land und die Regionen mit besserem ÖPNV und schnellen Datenleitungen versorgen und fördern.
Bauer benötigen auch faire Preise und ein gerechtes Einkommen. In den letzten 15 Jahren starben die Hälfte der Höfe aus. „Milch darf nicht billiger als Wasser sein“, mahnte Özdemir und versprach mit „Grün“ die Lobby der Großbetriebe und von Monsantos aus dem Maximilianeum zu treiben.
Kein gutes Haar ließ Cem Özdemir am ehemaligen Deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der vier Jahre lang sein Ministerium mit der Maut lahmlegte. Stattdessen wünscht er sich eine bessere Verkehrspolitik auf der Schiene und Glasfaseranschlüsse.
Während die Schweizer Bahn einen Elektrifizierungsgrad von 100 % hat, kommt Deutschland nur auf 60 % und Bayern gerade mal auf 51 %. „Da wird man ja auf der Diesellok von der Kuh überholt“, witzelte Cem Özdemir, um gleich darauf der CSU Technikfeindlichkeit vorzuwerfen.
Ebenso klärte er die CSU auf: „Auch das Glasfaserkabel wurde schon erfunden und ist im Freistaat legal“ und empfahl den Schwarzen, „nicht die Telekom zu mästen, sondern dafür zu sorgen, dass jede Kommune – auch auf dem Land – Glasfaser bekommt.“ Und weiter: Wer Glasfaser will, wählt Grün, wer Kupfer will, findet bei der CSU das bessere Angebot.“ „Während es bei Edmund Stoiber noch hieß 'Laptop und Lederhosen' würde die CSU würde am liebsten Fax oder Schreibmaschine in ihr Parteilogo mit aufnehmen.“ Für Özdemir ist klar: „Auch das Land hat ein Recht auf schnelles Internet.“
Es blieb auch Zeit für das direkte Gespräch zwischen Bürgern und Cem Özdemir.
Weiter forderte Özdemir „ein Ende der Kumpanei zwischen Politik und Autokonzernen.“ „Wir müssen uns fragen“, so Özdemir, ob es uns gelingt, das Auto der Zukunft zu erfinden – ein emissionsfreies, dem Umweltschutz und Technik sind keine Feinde.“ Was den Dieselskandal anbelangt, muss die Autoindustrie in vollem Umfang die Kosten für Nachrüstungen übernehmen und darf sie nicht an ihre Kunden abwälzen.
Heimat heißt für Cem Özdemir, auch die Heimat des Nachbarn zu schützen, nämlich die Heimat auf unserem Planeten. Wenn durch den Klimawandel der Permafrost auftaut und das darin gespeicherte Methan freigesetzt wird, werden weite Teile Afrikas landwirtschaftlich überhaupt nicht mehr nutzbar. Özdemir prophezeite, dass die Zahl der Klimaflüchtlinge die der Kriegsflüchtlinge bei weitem überschreiten kann und wiederholte die Grüne Forderung: „Kohlekraftwerke abschalten!“
Es ist sehr bemerkenswert mit wem sich Söder und die CSU so abgibt. Damit meinte Özdemir die Einladungen an den ungarischen Regenten Victor Orban nach Wildbad Kreuth oder ins Kloster Seeon. „Wenn ich Orban sehe, würde ich mit ihm keine Pläne aushecken, wie man Europa kaputt macht und noch mehr Populismus durchsetzt. Ich würde ihm die Leviten lesen.“ Es kann nicht sein, so Özdemir, dass Orban Geld aus Brüssel will, das Verfassungsgericht abschafft sowie die Opposition und die Presse mundtot macht. Das gleiche gilt auch für den türkischen Präsidenten Erdogan, der zuerst seine Wirtschaft kaputt macht und jetzt nach Deutschland kommt, weil er Geld braucht. „Dem würde ich sagen, dass er zunächst Oppositionelle aus den Gefängnissen frei lässt.“
Warb für eine offene Gesellschaft als Grundlage für ein gesundes Europa: MdL Rosi Steinberger. Im Bild vorne links die Grüne Landesvorsitzende Sigi Hagl.
MdL Rosi Steinberger konnte jede Menge Grüne Prominenz im Europagarten begrüßen. Darunter die Landesvorsitzende Sigi Hagl, Bezirksrat Markus Scheuermann, Bürgermeister Dr. Thomas Keyßner, Marlene Schönberger von der Grünen Jugend, Fraktionschef Stefan Gruber sowie die Stadträte Hedwig Borgmann und Prof. Dr. Frank Palme.