Von links: Regissieur Marcus H. Rosenmüller, Jürger Baron von den Stadtwerken, Christiane Vogel und Michael (Poldi) Polierer vom Filmzentrum e. V. und Oberbürgermeister Alexander Putz bei der Preisverleihung. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (12.11.2019) Kinoptikumgänger und Schwarzer-Hahn-Besucher kennen die Szene noch aus früheren Jahren: Die Tür zum Hahn öffnet sich und eine Stimme ruft: „Da Film geht weidaa“ Das war damals noch, als im Projektor die Filmspule gewechselt werden musste. Die Unterbrechung diente praktischer Weise zur Getränkeversorgung und Zigarettenpause. Gestern wurde die Landshuter Kino-Institution im Rathausprunksaal mit dem Kulturpreis der Stadt ausgezeichnet.
„Kinoptikum“: Dieses Wort lässt sich in „Kino“ und „Optik“ zerlegen oder in „Kino“ und „Panoptikum“. Panoptikum, so Oberbürgermeister Alexander Putz in seiner Begrüßung, lässt sich aus dem griechischen mit „Wunderkammer“ übersetzen. So handelt es sich beim Kinoptikum um eine „Wunderkammer“ für Filmenthusiasten.
In den 70er Jahren war das Kinoptikum als Wanderkino in verschiedensten Landshuter Wirtshäusern unterwegs. 1977 bot Kelly Baumann an, in das Bierlager seines Schwarzen Hahns einzuziehen. Hier wurde es zur Institution. Weniger bequem, dafür reich an besonderen Filmangeboten außerhalb des üblichen Mainstreems und mit eben jener Pause, die mit „Der Film geht weidaa“ endete.
Die cineastische "Wunderkammer" am Nahensteig gleich neben dem Schwarzen Hahn: Das Kinoptikum von innen
„Der Film geht weidaa“ wird heute nicht mehr gerufen, da das Kinopikum auf einen Projektor hochrüstete, der die Rolle eines kompletten Films aufnehmen kann. Geblieben ist die außergewöhnliche Atmosphäre in dem Raum mit seinen 55 Sitzplätzen. Im Schnitt nehmen zwischen 8.000 und 10.000 Besucher im Jahr auf den Bänken Platz.
Nicht „Schulmädchenreport“ oder „Der Supercup“ liefen dort über die Leinwand, sondern Filme, die nicht ins Programm der großen Häuser passen. Ausgewähltes Kino eben. Die Filmauswahl traf die Vorstandschaft des Vereins „Filmzentrum e. V.“. Gezeigt wurde an zwei Tagen in der Woche das, was sie selbst sehen wollten. Heute sind es wöchentlich zehn bis 14 Vorstellungen auch mit einem ausgewählten Kinderprogramm. Dazu kommen Filmgespräche, open-air-Kino und Stummfilme mit Musikbegleitung.
Heuer feiert die Landshuter Kulturinstitution sein 40-jähriges Jubiläum und hat sich seit 1970 auch bayern- und deutschlandweit einen Namen gemacht. Alexander Putz ließ es in seiner Rede nicht unerwähnt, dass das Kinoptikum im Oktober in Hannover durch Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit dem Kinoprogramm- und Verleiher-Preis der Bundesregierung ausgezeichnet wurde.
Streaming-Diensten aller Netflix können mit dem Kinoptikum nicht konkurrieren. „Für das Landshuter Filmpublikum entsteht dadurch ein anspruchsvolles Programmangebot, das zusammen mit dem gemeinsamen Filmerlebnis in den Räumen des Kinoptikums eine ernstzunehmende Alternative zum Filmabend auf dem Netflix-Sofa ist“, so Putz.
Pointiert sorgte Regisseur Marcus Heinrich Rosenmüller bei seiner Laudatio für Unterhaltung.
„Hier kann man Kino riechen“, eröffnete Regisseur Marcus Heinrich Rosenmüller seine Laudatio und er freute sich, dass drei seiner Filme bereits im Kinoptikum zu sehen waren. Marcus Rosenmüller, zu dessen bekanntesten Werken „Wer früher stirbt, ist länger Tot“ oder Trautmann“ zählen, sprach aus dem Nähkästchen. „Wenn man mit Leuten aus der Filmszene redet, ob sie Landshut kennen, heißt es: Ja, den Schwarzen Hahn.“ Er selbst stolperte quasi wie von selbst während eines Landshuter Kurzfilmfestival in den Schwarzen Hahn hinein.
Dem Verein „Filmzentrum e. V.“ zollte Rosenmüller seinen Respekt: „Wenn man sich für außergewöhnliche Filme interessiert, dann bleibt nichts anderes übrig, als es selbst anzupacken.“ So war es 1970 mit der Gründung des Kinoptikums. “Hier geht es um die Sache und nicht um die Dividende“. Und weil viele nur der Dividende nachlaufen, ist genügend Schmarrn entstanden, fügte Rosenmüller an.
In seiner Laudatio erinnerte auch Rosenmüller an die Anfänge des Kinoptikums, für das die Mitglieder des Vereins Filmzentrum e. V. das Bierlager des Schwarzen Hahns 1977 in Eigenregie umbauten. Als erster Film wurde das Melodram des Regisseurs italienischen Regisseurs Federico Fellini gezeigt. 100 bis 150 Leute waren damals laut Schwarzer-Hahn-Wirt Kelly Baumann an den Filmen interessiert.
Die Kinoptikum-Familie auf der großen Bühne im Prunksaal des Rathauses.
Rosenmüller bekannte: „Wenn ich im Kinoptikum nicht gezeigt werde, dann weiß ich, dass ich an recht'an Schmarrn gedreht habe“. „Ich freue mich, dass ihr erkannt worden seid und bleibt so lässig, wie ihr seid“, schloss Rosenmüller seine Laudatio.
Die Nominierung des Kinoptikum für den Landshuter Kulturpreis ist der Initiative von Uta Spies, der Kulturbeauftragte der Stadt Landshut zu verdanken. Unter fünf Mitbewerbern war sich die Jury in geheimer Abstimmung im Juli einig, dass der Preis für 2019 an das Kinoptikum vergeben wird. Der Preis wird durch die Stadtwerke Landshut mit 3.000 Euro dotiert.
„Unserwegen waren noch nie so viele Leute in einem Raum“, bedankten sich die Vorstandsmitglieder Christiane Vogel und Michael (Poldi) Polierer des Filmzentrum e. V. im selten so voll besetzten Rathausprunksaal für die Auszeichnung. Ihr besonderer Dank galt allen Stammgästen und deren Vertrauen in die Programmauswahl.
Abrutschsicher Dank eines Gurkenglas: Hinter der Theke des Schwarzen Hahns fand sich spontan ein temporärer Platz für die Urkunde.
Unter den Gästen waren unter anderem Altoberbürgermeister Josef Deimer, die Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger, Ruth Müller und Helmut Radlmeier, Regierungsvizepräsident Dr. Helmut Graf, die stellvertretende Landrätin Christl Engelhard, Bezirksrat Markus Scheuermann, Bürgermeister Dr. Thomas Keyßner, zahlreiche Stadträte, Stiftsprobst Monsignore Dr. Franz Baur und Dekan Siegfried Stelzner sowie zahlreiche Vertreter aus den Landshuter Kulturvereinen.
Musikalisch wurde die Feier durch das Ensemble „Doc Golighly“ begleitet, die - wie sollte es anders sein - bekannte Werke der Filmmusik zu Gehör gaben.
Nach der Festakt im Rathausprunksaal wurde leger im Schwarzen Hahn gefeiert.