Mathilde Haindl, Angelika Wimmer, Ruth Müller und Franz Maget im gemeinsamen Talk beim Frauenempfang in Rottenburg.
Rottenburg - pm(06.03.2020) Er ist schon fast zur Institution geworden: der Frauenempfang der Pfeffenhausener Landtagsabgeordneten Ruth Müller im Rottenburger Bürgersaal um den internationalen Frauentag. Auch dieses Mal hat sich die Frauenpolitikerin ein besonderes Thema einfallen lassen.
Wurde bereits im letzten Jahr mit einer Filmvorführung über den Kampf für das Frauenwahlrecht in der Schweiz der Rahmen bereits etwas weiter gezogen, wagte die Abgeordnete gemeinsam mit Gastredner Franz Maget den Blick über Europa hinaus. Dass es mit der Durchsetzung der Gleichstellung noch Verbesserungsbedarf gebe, machte Müller anhand der Kommunalwahl-Stimmzettel deutlich: "Seit 101 Jahren gibt es nun das Frauenwahlrecht in Bayern, aber auf den Stimmzetteln kann man immer noch keine "Landrätin" oder "Bürgermeisterin" wählen, selbst wenn Frauen antreten", so Müller.
Der bayerische Innenminister habe angekündigt, das bis zur nächsten Kommunalwahl im Jahr 2026 zu überprüfen. "Bis dahin sollten Sie sich aber nicht davon abhalten lassen, in Rottenburg eine Frau zur Bürgermeisterin zu wählen und im Landkreis Landshut zum ersten Mal eine Landrätin zu wählen", ermunterte Müller die Gäste des Abends. Im Anschluss wurden die zahlreichen Besucherinnen, unter ihnen auch einige Männer und Redner Franz Maget, der ehemalige Vizepräsident des Bayerischen Landtags von Stadträtin Angelika Wimmer und der zweiten Bürgermeisterin Mathilde Haindl herzlich begrüßt.
Im Rahmen einer lockeren Talk-Situation diskutierte Ruth Müller die aktuelle Situation von Frauenrechten und Gleichstellung in Europa und gab herausragende Beispiele an beiden Enden der Skala. So wird beispielsweise Finnland von einer 34-jährigen Frau regiert, während in den niederbayerischen Kommunalparlamenten der Frauenanteil gerade einmal bei sechzehn Prozent liegt. "Dass es auch innerhalb Europas einen eklatanten Unterschied in der Wahrnehmung von Frauen und deren Rollen gibt, wird hier klar ersichtlich" folgerte die Abgeordnete und bat Franz Maget um eine Beschreibung der Lage im arabischen Raum, seit dem Arabischen Frühling im Dezember 2010. Maget, der nach 23 Jahren im Bayerischen Landtag als Sozialreferent von 2016 bis 2018 in Tunesien und Ägypten tätig war, teilte seine Erfahrung bereitwillig mit dem Publikum. "Frauen stehen für Fortschritt", machte Franz Maget deutlich. Denn sie haben immer ein Interesse daran, die Familie zu erhalten und die Gesellschaft weiterzuentwickeln, damit Chancen für Alle entstehen.
Den Ausführungen war zu entnehmen, dass das System in arabischen Ländern grundsätzlich sehr patriarchalisch aufgebaut sei, die Frau in den meisten Ländern, insbesondere in den Vereinigten Arabischen Emiraten, deutlich weniger Rechte und Freiheiten genießt, als in Europa. Herausragende Ausnahme sei Tunesien: Als einziges Land im arabischen Kulturraum war es hier möglich, eine funktionierende Demokratie zu installieren, die rechtliche Gleichstellung der Frau erfolgte hier sogar früher als im einen oder anderen europäischen Land.
Die Hauptstadt Tunis liegt in der kompetenten Hand einer Bürgermeisterin und der Frauenanteil in den Parlamenten sei generell sehr hoch. Eine Entwicklung, die im arabischen Raum ihresgleichen sucht. So dürfen Frauen in Saudi-Arabien beispielweise offiziell seit 2011 zur Wahl gehen, jedoch nur mit einem gültigen Personalausweis, der jedoch wiederum der Zustimmung des Mannes bedarf.
Gefragt nach seinem Wunsch für Europa und den arabischen Raum betonte Franz Maget die Vorbildrolle, die Deutschland insbesondere in Tunesien habe. Hier müsse man mit beratenden Projekten im wirtschaftlichen und sozialen Bereich am Ball bleiben und vor allem der Gesellschaft auch bewusst machen, dass die aktuelle gute Situation in Deutschland bezüglich Wirtschaft, Freiheit und Frieden auch das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses waren und gerade im Hinblick auf Frauen in der Politik immer noch ist.