Mit einem barrierefreien, glatten Pflaster in der Altstadt wäre vielen Bürgern geholfen. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (14.03.2019) In die zweite Runde ging im Stadtrat die Diskussion, ob das Pflaster in der Altstadt ausgewechselt werden soll, oder nicht oder nur teilweise. Denn eines ist allen klar: Die jetzt verlegten Steine sind nicht optimal, weder für Menschen mit Handycap, für Radfahrer oder Damen mit Stöckelschuhen. Was für diese Maßnahme die Theaterstraße und das Rathaus bedeuten, bekam dabei das Prädikat: „Spruch des Tages“.
In seiner Vorbemerkung erläuterte Baudirektor Johannes Doll, dass eine Optimierung der Verfugung nicht ausreicht, um die Situation zu verbessern. Auch das bestehende Pflaster auszubauen, zu schneiden und wieder neu einzubauen, wäre nicht gerade die wirtschaftlichste Variante.
Er warb viel eher für eine Komplettlösug mit einem neuen Belag sukzessive umzusetzen. Also nach und nach ein neues Granitpflaster zu verlegen. Einzelne Übergänge mit glatten Steinen, beispielsweise beim Rathaus oder der Schirmgasse würde für Menschen mit Handycap oder Rollatorfahrer künftig unliebsame Umwege bedeuten, wären aber ein Kompromiss.
Im großen und ganzen herrscht Einigkeit zwischen den Stadträten, OB Alexander Putz (Mitte), Baudirektor Johannes Doll (rechts) und Rechtsdirektor Harald Hohn (links) für ein völlig neues Pflaster. Doch wo, wann und wieviel wurde ausgiebig diskutiert.
Im Haushalt 2019 seien 100.000 Euro für Gestaltung und Planungen vorgesehen. Die Gesamtmaßnahme bezifferte der Baudirektor auf 5 bis 7 Millionen Euro. Am liebsten würde er heuer im Bereich der Heilig-Geist-Kirche mit einem ersten 160.000 Euro teuren Abschnitt beginnen. Quasi als Versuchsfläche für Farbe, Belagart und Lärmminderung.
Später soll es im Bereich der Theaterstraße und des Rathauses weitergehen und große Abschnitte von der Martinskirche bis zum Dreifaltigkeitsplatz, von der Martinskirche bis zum Rathaus und vom Rathaus bis zur Heilig-Geist-Kirche sollen das Gesamtwerk vollenden.
Dass der Wunsch nach einem neuen Pflaster ein alter Hut sei, bekräftigte Rudolf Schnur (CSU). „Dass etwas getan werden muss, ist mir seit 30 Jahren bekannt“ und verwies auf einen entsprechenden Antrag aus der Ära von Jakob Entholzner. Zugleich äußerte er den Wunsch, auch die Theaterstraße in die Planungen mit einzubeziehen. Dass noch nicht geschehen ist, liegt vermutlich an der noch nicht verlegten Fernwärme, so Schnur.
War mit dem bisherigen Pflaster nie so ganz zufrieden: Rudolf Schnur.
Armin Bardelle erklärte für die Stadtwerke, dass es für die nächsten vier Jahre keine Planungen gibt, Fernwärme in der Altstadt zu verlegen. Dies sei wegen der Breite des Straßenzugs technisch nicht ganz einfach. Sollte die Fernwärme in die Altstadt kommen, so sei das Pflaster kein Problem.
Auch die Freien Wähler haben diesbezüglich schon 2008 einen Antrag gestellt, erinnerte Erwin Schneck (FW). „Ich habe noch nie ein so schlechtes Pflaster gesehen, wie in Landshut, aber unser Problem ist das Finanzielle.“ Ähnlich wie Baudirektor Johannes Doll wünscht er eine schnelle, kostengünstige Lösung an drei Punkten.
Oberbürgermeister Alexander Putz brachte die Gehwegstreifen entlang der Geschäfte ins Gespräch: „Hier haben wir einige Stellen, an denen die roten Klinkerflächen durch grobes Pflaster unterbrochen werden“.
Einen SPD-Antrag aus dem Jahr 2018 brachte Gerd Steinberger ins Spiel und forderte eine pragmatische Lösung für eine zeitnahe Abhilfe des Problems mit drei Übergängen bei der Theaterstraße, dem Rathaus und der Heilig-Geist-Kirche. „Das wäre auch für den Behindertenbeirat eine schnelle Lösung“. Das gesamte Pflaster zu wechseln nannte Steinberger ein „Wolkenkuckucksei, das der Bevölkerung nicht zu vermitteln und viel zu teuer sei.“
Kein Gegner eines neuen Pflasters aber ein Skeptiker wegen der Dimension und der Kosten: Gerd Steinberger
OB Alexander Putz möchte bei dem neuen Pflaster in die Zukunft sehen: „Wenn wir über drei Übergänge reden, dann sollten wir nachdenken, ob wir das Pflaster auch für die Gesamtverlegung verwenden können.“
„Was uns verbindet ist, dass wir am gleichen Thema arbeiten“, sprach Jutta Widmann (FW). Doch 100.000 Euro reichen nur für eine Maßnahme nicht komplett. Anstatt an der Heilig-Geist-Kirche zu beginnen, schlug sie vor, zuerst die Übergänge im Bereich des Rathauses und der Theaterstraße in Angriff zu nehmen.
2009 hatte die Agenda 21 die Stadträte eingeladen, selbst mit Rollstühlen durch die Altstadt zu fahren, erinnerte Prof. Dr. Frank Palme (Grüne) und seitdem ist die flächige Lösung im Gespräch und ergänzte: „Barrierefreiheit bedeutet, dass der öffentliche Raum für alle Menschen erlebbar ist.“ Daher kann man Rollatorfahrer, Radfahrer und Stöckelschuhträgerinnen nicht auf einzelne Übergänge reduzieren.“ Sein Credo lautet: „Lasst uns Nägel mit Köpfen machen!“
Verfechter der großflächigen Barrierefreiheit: Prof. Dr. Frank Palme
Als Maria Fick (LM) vor 40 Jahren nach Landshut kam, war die Altstadt komplett geteert. Daher stellte sie die noch nicht gestellte Frage: „Kann man das nicht wieder teeren?“ Das wäre eine einfache Lösung. Darauf OB Alexander Putz: „Es ist mutig, dass Sie das zur Debatte stellen, aber bei allem Respekt, das ist heute nicht mehr üblich.“
„Ich plädiere dafür, dass wir in der Fußgängerzone endlich etwas machen, nachdem schon so viele Anträge gestellt wurden, meldete sich Willy Hess (CSU) zu Wort. Und bevor das alles über viele Jahre dauert, soll im Bereich Schirmgasse, Theaterstraße und Rathaus begonnen werden.
„Es bedeutet nicht, dass wir das in einem 'Big Ben' machen müssen, stellte Stefan Tutsch als Vorsitzender des Behindertenbeirats klar und untermauerte den Antrag des Behindertenbeirats: „Wir fordern weiterhin eine gesamtheitliche Barrierefreiheit“, die Zug um Zug erstellt werden soll und begrüßte daher eine einheitliche Planung. „Das alles über fünf Abschnitte ab der Heilig-Geist-Kirche zu beginnen, gefällt mir sehr gut.“ Daher wäre aus seiner Sicht ratsam, im Beschluss des Stadtrats eine zeitliche Schiene einzubringen.
„Wir stehen zwischen zwei Stühlen“, gab Elke März-Granda zu bedenken. „Anfangen oder planen? Wenn wir planen, merken wir, dass das die Stadtkasse nicht hergibt.“ Zudem wollte sie wissen, ob der rote Klinker vor den Geschäften bleibt. Das bejahte Baudirektor Johannes Doll. „In Landshut haben wir immer das Vorgelege, wodurch keine durchgehend sterile Fläche entsteht.
Sieht eine gewisse Diskrepanz zwischen Pflasterwünschen und Finanzierbarkeit: Elke März-Granda
Dass an die Gesamtmaßnahme derzeit finanziell gedacht werden kann, bezweifelte Lothar Reichwein (CSU) der sich ebenfalls für drei Übergänge aussprach. Wobei der bei der Heilig-Geist-Kirche nicht so pressiert.
Die Maßnahme für Planung und Bebauung im Bereich der Theaterstraße bezifferte Baudirektor Johannes Doll auf rund 200.000 Euro: Das soll dann aber so gemacht werden, dass es auch als „Blaupause“ auf andere Bereiche der Altstadt angewendet werden kann. Denn es gilt auch die Entwässerung und die Neigungsverhältnisse in der Altstadt zu berücksichtigen.
„Wir reden von einer der schönsten Innenstädte in Bayern“, und daher sollte das alles in langfristige Planungshände gegeben werden. Das veranlasste Stefan Gruber (Grüne) den Antrag für einen Planungswettbewerb zu stellen. Darin sollte auch eine verkehrliche Betrachtung einfließen, die untere Altstadt autofrei zu bekommen.
Wünscht zu einer großflächigen Pflasterlösung auch eine großflächige Planung: Stefan Gruber
Darauf erwiderte OB Alexander Putz, dass in der Neustadt und in den Verbindungsgassen sehr gute Lösungen ohne Planungswettbewerb realisiert wurden. Grubers Antrag wurde später auch abgelehnt.
Auf bauliche Details ging Gerhard Anger, Leiter des Tiefbauamts, ein. Die Mittelrinne zur Entwässerung der Altstadt werde bleiben. Aber man habe es mit unterschiedlichen Höhenprofilen zu tun. Die Theaterstraße bilde den Hochpunkt, das Rathaus den Tiefpunkt in der Stadt. Anger meinte das natürlich rein geographisch. Der Stadtrat nahm es heiter als humoristische Einlage auf. Für diesen Kalauer verlieh Oberbürgermeister Alexander Putz das „Zitat des Tages.“
Sein ehemaliges Büro hatte die Gestaltung der Neustadt geplant: Oberbürgermeister Alexander Putz
Was den finanziellen Aspekt anbelangt, befand Prof. Dr. Frank Palme, „dass Landshut hier nicht Kreisliga sondern Champions League spielen soll: "Es ist immer Geld da, es ist nur die Frage, für was es ausgegeben wird.“ Was die Idee nach einem Planungswettbewerb anbelangt, konnte Gerd Steinberger nur den Kopf schütteln. „Ich traue unserem Bauamt die Planung zu, wir bauen ja keinen Wolkenkratzer.“
Zum Ende der Debatte fand sich am Donnerstagnachmittag (13.03.) eine große Mehrheit aus dem gemeinsam tagenden Bau- und Verkehrssenat, eine abschnittsweise Herstellung der Barrierefreiheit in der Altstadt zu konzipieren und noch heuer damit zu beginnen.